Berlin. Mit einem Klebeband über dem Mund sollen Schlaf und die Gesundheit generell stark gefördert werden. Was ist von diesem Trend zu halten?

  • Im Schlaf mit einem Pflaster den Mund zukleben? Was brutal klingt, ist unter anderem für einige Models ein Rezept für Schönheit
  • Generell hat die Nasenatmung für Menschen viele gesundheitliche Vorteile
  • Aber deshalb gleich den Mund zukleben? Das sagen Experten

Durch die sozialen Medien geistert der Trend des "Mouth-Taping" schon länger. Spätestens mit der Empfehlung von Fußball-Wunderstürmer Erling Haaland im Podcast "Impaulsive" hat es der neue Gesundheits-Hack auch ins Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit geschafft.

Haaland ist überzeugt, dass forcierte Nasenatmung beim Schlafen das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit befördern. Auch Models schwören auf das Zupflastern und werben dafür als Schönheits-Booster. Doch was sagen Mediziner zu der Atmungssteuerung bei Nacht?

Die Vorzüge der Nasenatmung sind schon lange medizinisch untersucht und durch Studien hinlänglich beschreiben. Dem "ZDF" erklärte Dr. Martin Konermann die zahlreichen Vorteile: "Bei der Nasenatmung wird die Luft gereinigt. Außerdem wir sie durch die Nasenschleimhäute angewärmt und angefeuchtet. Dementsprechend trocknet der Rachen nicht so aus." Die Schleimhäute bildeten dabei auch eine Barriere für Erreger, sie filtere Staub und Allergene und sorge so für eine störungsfreie Atmung, führt der Schlafmediziner aus.

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Bessere Haut, stärkere Durchblutung, mehr Energie: Was bringt das Mundpflaster?

Der Chefarzt des Schlafzentrums am Marienkrankenhaus in Kassel nennt einen weiteren Vorteile für Allergiker: Immunzellen, die in den Nasenschleimhäuten mit Pollen in Kontakt kommen, könnten "Antikörper bilden, und das ist gut für das Immunsystem". Im Gegensatz dazu gilt der Rachen als Einfallstor für Infektionen. Ungefilterte, kalte Luft kann nicht nur für einen trockenen, gereizten Rachen sorgen, sondern Erreger ohne zusätzliche Immunbarriere direkt in die Lunge tragen.

Der New York Times nannte Dr. Raj Dasgupta, Lungenfachmann von der University of South Carolina, einen weiteren Nutzen für die Schlafqualität. Stimulierte Nasenschleimhäute produzieren demnach Stickoxide in geringen Dosen. Diese sorgen dafür, dass sich die Gefäße weiten und der Körper dadurch besser mit Blut und Sauerstoff versorgt wird.

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Mundatmung erzwingen? Experte empfiehlt HNO-Untersuchung

Bei fachgerechtem "Mouth-Taping" wird die Atmung gezielt über die Nase gelenkt, um alle Vorteile nasaler Atmung zu forcieren. Um kleine Verletzungen oder Hautirritationen zu vermeiden, bieten Online-Shops und Apotheken mittlerweile hautschonende Pflaster an, die extra für diesen Zweck produziert werden.

Handfeste Fakten wurden aber noch nicht durch medizinische Studien zum neuen Trend gesammelt. Lediglich drei kleinere Untersuchungen zeigten Verringerungen des Schnarchens bei Patienten mit Schlaf-Apnoe. Andere Vorteile, die laut Tiktok-Influencer angepriesen wurden, wie weniger Zähneknirschen, ein besseres Hautbild oder ein vermindertes Kariesrisiko, erhärteten sich dagegen bisher nicht.

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Alle genannten Gesundheitsvorteile werden mit einer gesunden Nasenatmung in Verbindung gebracht. Wer dafür aber die Nutzung eines Mundpflasters in Erwägung zieht, sollte zunächst einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt aufsuchen, findet Konermann. Denn "der Klassiker für das Öffnen des Mundes ist eine Behinderung der Nasenatmung." Zunächst sei die Frage zu klären: "Warum öffnet jemand den Mund?" Dafür könnten beispielsweise Polypen oder eine verkrümmte Nasenscheidenwand verantwortlich sein. Die Mundatmung zu unterbinden, während über die Nase nicht genügend Sauerstoff aufgenommen werden kann, sei aber kein emfehlenswertes Vorgehen.