Hamburg. In der neuen Folge von „Ich frage für einen Freund“ geht Hajo Schumacher der Frage nach, wie Beziehungen für Partner zur Hölle werden.

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Der Journalist Hajo Schumacher und die Hamburger Sexualtherapeutin Katrin Hinrichs unterhalten sich in „Ich frage für einen Freund“, dem Abendblatt- Podcast für Erwachsene, alle zwei Wochen über Lust, Liebe und Sexualität – und auch über das, was im Bett oder sonst wo vielleicht stören könnte.

Das Thema der neuen Folge: toxische Beziehungen. Schumacher beginnt das Gespräch mit der Bemerkung: „Toxisch ist ja irgendwie gerade alles. Der Sex, die Männlichkeit, die Beziehung, das Wetter … Sind wir nicht etwas übertoxisiert, liebe Katrin?“ Hinrichs antwortet: „Ja, finde ich auch. Zwischendurch waren wir alle mal Virologen. Jetzt fällt mir auf, wenn ich so in die Gazetten gucke, jeder schreit gleich ,das ist toxisch‘, wenn es mal eine Kommunikationspro­blematik gibt oder den normalen ehelichen Sadismus. Aber es gibt in der Tat solche Beziehungen.“ Das könnte dann an der Frau liegen, sie habe aber einen Fall in der Praxis gehabt, da sei der Mann das Problem gewesen. Die Frage, die sie dabei mit ihrer Klientin habe klären müssen: Wie verhält man sich in so einer Beziehung richtig – oder kommt eben wieder da raus?

"Stalking ist der Inbegriff einer toxischen Beziehung"

„Ich kann sogar etwas zu diesem Thema beitragen“, sagt Schumacher und erzählt von seiner Frau Susanne, die das erste Buch auf Deutsch zum Thema Stalking geschrieben hat. Stalking sei für ihn „der Inbegriff einer toxischen Beziehung, wenn einer den anderen nicht loslassen kann und dann dem ehemaligen Partner das Leben zur Hölle macht“. Wobei es sich hier um das giftige Ende einer Liebesgeschichte handele. „Wie aber“, fragt er nun die Expertin, „merke ich schon am Anfang, wohin das alles führt? Wie definiert man so was?“

„Es geht um Verbindungen, die mehr Kraft kosten, als sie geben, und um Fälle, bei denen Kränkungen, Abwertungen und Kontrollsucht so weit führen, dass die Leute wirklich verzweifelt sind und der Körper irgendwann reagiert. Man muss unterscheiden zwischen ,mal blöd sein‘ und echter Boshaftigkeit. Am Ende muss eine Grundfreundlichkeit da sein, nicht ein dauerhaft destruktiver Partner.“ Zu ihrem Fallbeispiel: Eine Frau kommt in die Praxis, ist Ende 30, hat einen guten Job – und erzählt von ihrem Mann. Den habe sie kennen- und lieben gelernt, er habe sie zunächst überhäuft mit Geschenken und Komplimenten, es habe „einmalig guten Sex gegeben“, sie habe alles genossen im ersten Dreivierteljahr. Und dann seien beide zusammengezogen. „Das ging ein paar Wochen gut. Doch dann kam er häufiger mal spät nach Hause oder blieb gleich die halbe Nacht weg. Wenn sie eingeladen waren, hat er immer mit anderen geflirtet, das hat sie wahnsinnig gestört. Irgendwann hat sie das angesprochen, und sofort hieß es von ihm: ,Du bist paranoid. Und eine Klette! So war ich immer, das lasse ich mir auch von dir nicht nehmen.‘“

Der Mann macht die Frau klein

Der Mann habe oft unverhältnismäßig reagiert, sie dann klein gemacht, tagelang nicht mehr mit ihr geredet. „Das hat sie sehr getroffen, sie hat sich nicht mehr getraut, dagegen etwas zu sagen. Nachdem wir darüber gesprochen haben, haben wir festgelegt, uns Stück für Stück da reinzuarbeiten. Sie wollte zunächst akzeptieren, dass er etwas anders ist, dann hat sie sich wieder mehr mit ihren Freundinnen getroffen und sogar einen neuen Job gesucht. Doch was höre ich nach ein paar Wochen? Er hat sie nun noch mehr auflaufen lassen und weiter abgewertet. Dann habe ich vorgeschlagen, dass der Mann vielleicht mal mitkommt, doch das hat er brüsk von sich gewiesen. Paartherapie? Never ever ...“ Stattdessen gingen die Erniedrigungen weiter, aber immer nur, wenn niemand sonst dabei war. Was also sollte diese Frau machen? „Sie ist gegangen. Und er hat das natürlich nicht verstanden und entsprechend heftig reagiert.“

„Jetzt komme ich mal mit meiner Hausmann-Psychologie“, wirft Schumacher ein. „Frauen neigen ja manchmal dazu, Männer retten zu wollen, sie möchten trotz aller Probleme noch den guten Kern unter der harten Schale finden und freilegen. Dieses Retterinnensyndrom führt dazu, dass selbst ein Granatenarschloch zum ,ganz Netten‘ umgedeutet wird. Spielt das eine bei toxischen Beziehungen auch eine Rolle?“

Sozialisierung im Elternhaus spielt große Rolle

„Gute Frage“, sagt Hinrichs, „es gibt mehrere Ideen, wo so ein Verhalten herkommt. Oft hängt es von der Sozialisierung im Elternhaus ab, manchmal ist man aber auch einfach schockverliebt. Und das lässt dann irgendwann nach.“

„Gibt es das nur bei Frauen, oder auch bei Männern?“, fragt Schumacher. „Das gibt es auch andersrum“, sagt Hinrichs, „Frauen können zum Beispiel verletzende Bemerkungen über den eher mittelmäßigen Sex machen oder versuchen, totale Kontrolle über den Mann auszuüben. Und tagelang schweigen können sie auch. Am Ende stellt man einfach fest, dass man überhaupt nicht mehr kompatibel ist.“

Zusammenfassend hält Schumacher fest: „Ich erkenne eine toxische Beziehung also daran, dass sich nichts verändert, obwohl ich die Probleme anspreche und alles versuche – und der andere nie darauf eingeht und alles nur noch schlimmer wird.“ Und was rät Hinrichs dann? „Sieh zu, dass du Land gewinnst!“