In der neuen Folge von “Ich frage für einen Freund“ will Hajo Schumacher wissen, wie Harmonie zum Erotikkiller werden kann.

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Um das Thema der Folge gebührend anzuteasern, beginnt Moderator Hajo Schumacher mit einem Kompliment an seine Podcast-Partnerin, die Hamburger Sexualtherapeutin Katrin Hinrichs: „Du siehst heute aber toll aus!“ Damit ist der Boden für eine harmonische halbe Stunde eigentlich schon bereitet, doch lassen beide die Hörer schnell wissen, dass der Podcast diesmal via Internet und nur als Audioformat aufgenommen wird.

„Nett gemeint, aber du siehst mich ja gar nicht“, antwortet Hinrichs folgerichtig auf die erste Bemerkung, um dann sogleich konkret zu werden und ein paar Aussagen zu zitieren: „Wir waren in unserer Ehe nicht einen Tag getrennt, und das seit 20 Jahren.“ „Ich freue mich immer, wenn meine Frau etwas besser weiß als ich.“ „Mir ist eigentlich immer wohl, nur wenn dir nicht wohl ist, ist mir auch nicht wohl.“ „Wir sind zwei heitere Menschen und freuen uns immer gemeinsam.“ Ob ihm die Sätze bekannt vorkämen, fragt Hinrichs.

Schumacher überlegt und verortet die Aussagen „auf dem Höhepunkt der deutschen Romantik“. Doch weit gefehlt: „Das ist von Loriot“, sagt Hinrichs, „die Szene aus dem Zug.“ Und die passe hervorragend, um ein harmoniesüchtiges – oder auch symbiotisches – Paar zu skizzieren. „Was macht diese Paare aus? Da fehlt jegliche Reibung, es wird über alles hinweggeschwiegen. Auch über Probleme. Die wollen keinen Streit und keine Unruhe ins System bringen.“

"Sex ist Reibung" – und nicht nur Harmonie

Schumacher fragt: „Angst vor Konflikten ist auch eine Angst vor Unordnung. Muss man dazu geboren sein oder kann man das lernen?“

„Wir reden hier ja nicht nur so rum, sondern wir reden über Sex. In der Praxis erlebe ich oft Menschen, die sagen: Wir haben überhaupt keinen Sex, uns geht es aber gut und wir sind uns immer einig“, sagt Hinrichs. Warum das wohl so sei, will die Expertin wissen. „Na ja, Sex ist Reibung“, sagt Schumacher. Insofern sei diese nach außen getragene Nähe vielleicht auch eher eine Form der Nähevermeidung. „Blitzbirne!“, lobt Hinrichs, der „liebe Hajo“ habe es erfasst.

Vielen Nicht-Streitern geht es nur um die Angst vor dem Rauswurf

Wie aber wolle man Sex haben, wenn weder der eine noch der andere bereit und in der Lage sei, mal in die Bubble des Partners hineinzupiken, quasi wie bei einem Nichtangriffspakt? „Das ist wahnsinnig langweilig. Du zeigst ja nie“, sagt Hinrichs, „was du wirklich denkst. Und dann heißt es: lieber wieder nicht, als widerlich.“ Die Folge sei ein emotionales Ausbluten der Beziehung – und oft die Flucht in eine Affäre, jedenfalls dann, wenn die Harmonie vielleicht bei einem der beiden eher etwas aufgesetzt ist.

Allerdings stellt die Expertin auch klar, dass es keineswegs immer so kommen müsse: „Nicht alle symbiotischen Paare haben Affären!“ Es gebe auch echte freundschaftliche Beziehungen, die wirklich funktionieren. Am Ende gehe es vielen Nicht-Streitern jedoch fast immer nur um die Angst vor dem Rauswurf. „Viele Harmoniesüchtige leben dieses Muster schon seit ihrer Kindheit“, so Hinrichs. Es sei nämlich auch eine Urangst vorhanden, nach einem Streit alleine dazustehen. Doch wenn man immer seine wahren Bedürfnisse verschweige, könne es kompliziert werden. „Ich rate Klienten deshalb, dass sie klar artikulieren sollen, wenn sie den Partner mal als Zuhörer brauchen, als Tröster oder zum ganz konkreten Kuscheln.“ Ob das nicht fast schon übergriffig für harmoniesüchtige Paare ist, fragt Schumacher. „Ja, deshalb muss man das in kleinen Schritten üben“, rät Hinrichs.