Berlin. Beim Grillen mit Holzkohle sollte man zum Schutz der Tropen auf Siegel achten – oder auf überraschende nachhaltige Alternativen setzen.

  • Grillen am Wochenende – eine echte Erholung
  • In Deutschland setzen die Menschen dabei meist auf Holzkohle
  • Wer dabei umweltfreundlich sein will, sollte ein paar Hinweise beachten

Ob klassisch mit Würstchen oder ausgefallen mit Zucchiniröllchen: Grillen ist eine gute Gelegenheit, sich mit Freunden oder Familie zu verabreden. Dabei setzt die Mehrheit der Menschen in Deutschland auf Holzkohle. Das ergab jüngst eine Umfrage von Yougov.

Doch der Holzkohle selbst ist nicht anzusehen, ob Bäume aus ökologisch wertvollen Wäldern für das Grillvergnügen geschlagen wurden. Umweltexperten raten, sich an Produktsiegeln zu orientieren – oder zu Alternativen zu greifen.

Über die Hälfte der Grillkohle auf dem EU-Markt stammt aus Tropenwäldern, die zum Klimaschutz dringend erhalten werden müssten, sagt der Umweltverband WWF. Doch die wenigsten Verbraucherinnen und Verbraucher wissen davon.

So waren nur auf 2 von 23 Produkten in Deutschland, die das Thünen-Institut für Holzforschung 2020 für den WWF untersuchte, die Herkunft des Holzes und die Holzart korrekt angegeben. In sechs der Grillkohle-Packungen wies das Thünen-Labor Tropenholz nach. Die Falschdeklarationen sind laut WWF „ein deutlicher Hinweis darauf, dass Hölzer illegal geschlagen wurden“.

Laut der Umweltschutzorganisation WWF stammt über die Hälfte der Grillkohle auf dem EU-Markt aus Tropenwäldern.
Laut der Umweltschutzorganisation WWF stammt über die Hälfte der Grillkohle auf dem EU-Markt aus Tropenwäldern. © IStock

Nicht alle Siegel gleich gut – auch Fälschungen ein Problem

Aus EU-Ländern importierte Grillkohle schneidet nicht unbedingt besser ab. So besteht Ware aus Polen laut Thünen-Institut häufig aus einer Mischung von Holz afrikanischer oder südamerikanischer Wälder. Und auch in Europa selbst sieht der WWF-Verband „die letzten Urwälder“ bedroht: durch Holzkohle aus der Ukraine.

„Es geht nicht nur um den Schutz der Regenwälder, in der Ukraine, Rumänien oder Polen gibt es ebenfalls unberührte Waldgebiete, die für das Klima und die Artenvielfalt wichtig sind“, sagt Philip Heldt, Referent für Ressourcenschutz der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Das Umweltbundesamt (Uba) empfiehlt daher, unbedingt auf vertrauenswürdige Siegel beim Kauf von Grillkohle zu achten. Dass das Holz aus einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung stammt, können drei Siegel laut der Behörde am besten gewährleisten: das des FSC (Forest Stewardship Council) sowie das Naturland- und das grüne EU-Bio-Siegel.

Weniger anspruchsvolle Kriterien erfüllten Produkte mit dem Siegel „PEFC“. „Wir haben es aus der Liste der empfohlenen Siegel herausgenommen“, sagt Uba-Fachmann Christian Liesegang.

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    „Wald-Tüv“ geprüfte Wälder auch in Deutschland

    Das englische Kürzel „PEFC“ steht übersetzt für „Programm für die Anerkennung von Forst-Zertifizierungssystemen“. Der Verein PEFC sieht sich als „weltweiter Wald-Tüv“ mit mehr als acht Millionen Hektar PEFC-zertifizierten Wäldern allein in Deutschland – das entspreche rund zwei Dritteln des heimischen Bestands.

    Allerdings beruhen nur 15 Prozent der in Deutschland gekauften Grillkohle auf Inlandshölzern. Hauptlieferanten der EU sind die Ukraine, Nigeria, Kuba und Namibia.

    „Bei zertifizierter Grillkohle aus deutschem Buchenholz habe ich den Vorteil kurzer Transportwege und kann ein besseres Gewissen haben als bei Produkten, von denen ich überhaupt nicht weiß, woher das Holz kommt“, sagt Verbraucherschützer Heldt.

    Naturland und FSC haben seiner Einschätzung nach die strengsten Prüfkriterien und auch eine gute Überwachung – obwohl auch diese Siegel gefälscht sein können. So entdeckte Stiftung Warentest 2019 ein Produkt mit FSC-Kennzeichnung, das statt wie angegeben aus heimischem Holz, komplett aus Tropenholz bestand.

    DIN-Zeichen deckt lediglich Gesundheitsstandards ab

    Auf vielen Grillkohlen ist auch das DIN-Zeichen EN 1860-2, aber über die Nachhaltigkeit der Waldbewirtschaftung sagt das nichts aus. Es stellt bestimmte Gesundheitsstandards sicher – etwa dass keine Holzschutzmittel, Pech, Schlacken oder Bitumen enthalten sind.

    Das Problem bei Importen aus Nicht-EU-Ländern ist, dass die EU-Holzhandelsverordnung nicht greift, anders als etwa bei Möbelholz. Deshalb kontrollieren die Behörden die Einfuhren nicht. „Sobald Grillkohle auf dem deutschen Markt landet, kann sie legal verkauft werden, selbst wenn das Holz illegal geschlagen wurde“, stellte die Stiftung Warentest fest.

    Als pauschal „illegal“ oder als „Raubbau“ sollten aber auch Produkte aus subtropischen oder tropischen Regionen nicht abgestempelt werden, warnt das Thünen-Institut. So verwendeten viele der Länder Durchforstungs- und Resthölzer der Sägeindustrie für die Holzkohle-Gewinnung. Namibia verarbeite Hölzer, um eine problematische Verbuschung von Landschaften zu stoppen. Auch diese Produkte können mit einem Nachhaltigkeitssiegel gekennzeichnet sein.

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      Immer mehr Ersatzprodukte für den Kohlegrill im Angebot

      Wer sich auf Siegel nicht verlassen will, kann Alternativen zur Grillkohle aus Holz ausprobieren. So haben mehr und mehr Geschäfte Briketts aus Olivenkernen im Sortiment, einem Abfallprodukt aus der Olivenöl-Pressung. „Sie brennen länger als handelsübliche Holzkohle und werden gut heiß“, urteilt die Zeitschrift „Ökotest“.

      Ebenfalls gut verkohlen lassen sich Kokosnussschalen, die bei der Herstellung von Kokosmilch und Kokosöl übrig bleiben. Ihr Nachteil ist der lange Transportweg – „aber den hat Holzkohle aus fernen Ländern auch“, sagt Verbraucherschützer Heldt.

      Als neueste heimische Variante gibt es Maisspindel-Produkte, bestehend aus dem harten Kern von Maiskolben. Laut „Ökotest“ brennen die Spindeln schnell durch „und bieten sich so auch für kurzentschlossene Griller an“. Sogar alte Weinstöcke und -reben werden in Form von Briketts als Grillkohle-Ersatz verkauft.

      Aus Sicht der Verbraucherzentrale sind die verschiedenen Alternativen „generell als gut zu bewerten, da Abfallprodukte aus der Lebensmittelherstellung eingesetzt werden“. Verbraucherschützer Heldt rät zu Olivenkern-Produkten, wenn es um eine lange Brenndauer an einem Grillabend in größerer Runde geht, während mit Maisspindeln, die getrocknet oder verkohlt in den Handel kommen, „auch zwischendurch mal schnell ein Paar Würstchen gegrillt werden können“. Aber: Meist sind diese Ersatzprodukte etwas teurer als die Standard-Holzkohle.

      Auch Transportwege bedenken

      Wegen schädlicher Inhaltsstoffe, die Holzkohle-Ersatz unter Umständen enthalten kann, äußert sich das Umweltbundesamt (Uba) dazu zurückhaltend. „Es liegen uns keine Studien über die ökologischen Vorteile der Produkte vor“, sagt Uba-Experte Christian Liesegang.

      Auf jeden Fall kritisch zu hinterfragen seien der Einsatz von Pestiziden und chemischen Düngemitteln aus dem Anbau von Monokulturen sowie der Verbleib von Pestiziden in diesen Alternativprodukten. „Die Frage ist auch, woher die Produkte stammen. Mais aus Ungarn muss ökologisch nicht unbedingt besser abschneiden als Holz aus dem Schwarzwald“, so Liesegang.