Berlin. Ein Charité-Report zeigt: Pfleger in Heimen waren während der Pandemie besonders belastet. Viele litten unter Depressions-Symptomen.
Das Pflegeheim ist neben der Intensivstation wohl der Ort, an dem das Ausmaß der Pandemie im vergangenen Jahr am deutlichsten wurde. Viele hochbetagte Menschen erkrankten an Covid-19 und starben. Oder sie wurden zu ihrem Schutz von der Außenwelt isoliert.
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Und mittendrin die Beschäftigten der Heime. Wie haben sie die Belastungen erlebt? Darauf gibt ein Report des Instituts für Medizinische Soziologie an der Berliner Charité erste Antworten.
Für den Report sammelten die Forscherinnen und Forscher im Rahmen des Projekts „Covid-Heim“ von November 2020 bis Februar 2021 über eine Online-Befragung Daten von 811 Pflegekräften in Alten- und Pflegeheimen.
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Pflegekräfte: Stark gestiegene Arbeitsanforderung
Fast alle Beschäftigten berichteten über gestiegene Arbeitsanforderungen, von großen Sorgen um die Gesundheit von Heimbewohnerinnen und -bewohnern. Mehr als ein Drittel zeigte in der Folge bedenkliche Stresssymptome.
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„Bei aller Kenntnis, die wir bereits aus Einzelberichten Pflegender hatten, erschreckte uns das Ergebnis, demzufolge 94 Prozent der Befragten von einer gestiegenen – 58 Prozent sogar von einer stark gestiegenen – Arbeitsanforderung während der Corona-Pandemie berichteten“, sagt Professorin Adelheid Kuhlmey, Studien- und Institutsleiterin.
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Angst um die Heimbewohner und die Familie
Als besonders belastend empfanden die Pflegekräfte laut dem Report die hohe Erwartungshaltung der Angehörigen an sie. Aber auch die Sorge vor einer Infektion der Bewohnerinnen und Bewohner und der Kolleginnen und Kollegen wurde von vielen als stark belastend empfunden.
Eine der größten Ängste unter den Beschäftigten galt der eigenen Familie. Sie fürchteten die gesundheitlichen Konsequenzen für Angehörige für den Fall, dass sie sich selbst ansteckten.
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Viele zeigten Depressions- und Angstsymptome
Die höhere Belastung, die Sorgen – das alles ist nicht spurlos an den befragten Pflegekräften vorbeigegangen. So wiesen 38 Prozent Stresssymptome auf, „die in einen bedenklichen Bereich fallen“, wie es heißt. Außerdem seien bei knapp 41 Prozent des Personals Depressions-Symptome, bei mehr als 36 Prozent Angstsymptome festgestellt worden.
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Schon vor der Pandemie habe man gewusst, dass das Zusammenleben so vieler hochbetagter Menschen „mit der dünnen Personaldecke in der Pflege, einer der Krankheitslage nicht adäquaten Qualifikation des Personals, fehlenden Hygiene- und Patientensicherheitskonzepten sowie der ärztlichen Unterversorgung nicht mehr lange gut gehen könne“, so Kuhlmey.
Die Corona-Krise lege diese Schwächen des Systems nun schonungslos dar.
In mehreren Reports wollen sich die Forscher weiteren Themen rund um die Heimsituation während der Pandemie widmen.