Berlin. Um Clubhouse ist ein Hype entstanden. Wer die App nutzt, gibt die Daten Dritter preis. Auch ein bekanntes Fake-Opfer gibt es schon.

Bei Deutschlands Eliten ist Clubhouse das Thema Nummer eins: In nicht einmal zwei Wochen hat das soziale Netzwerk die Szene der Kommunikationsprofis, Unternehmer und Politiker im Sturm erobert. Fast 300.000 Mitglieder zählt die App bereits. Doch der Boom hat eine Schattenseite – nirgends scheint der Nutzer so gläsern wie im Clubhouse. Datenschützer warnen vor Missbrauch. Und auch ein falsches Konto gibt es schon, Leidtragender ist CDU-Chef und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet.

Die App ist eine Mischung aus Radio-Talkshow, Podcast und Konferenz. Alle Veranstaltungen sind live und dürfen nicht aufgezeichnet werden. Die Nutzung ist vorläufig nur mit einem iPhone von Hersteller Apple und auf Einladung eines Mitglieds möglich.

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Die gezielte Verknappung der Zugänge hat den Zustrom noch befeuert. In der Liste der Mitglieder stehen viele bekannte Namen: Altkanzler Gerhard Schröder etwa, Showstar Thomas Gottschalk, Fußballnationalspieler Toni Kroos, Schauspieler Elyas M’Barek, Unternehmer Carsten Maschmeyer oder die Staatsministerin Dorothee Bär.

Wer nicht zustimmt, darf keine Freunde einladen

Die Bundesbeauftragte für Digitales gehörte nicht nur zu den Ersten, die Mitte Januar im deutschen Clubhouse auftauchten, sondern auch zu den besonders aktiven Nutzern. Für den heutigen Mittwoch um 12 Uhr hat sie gemeinsam mit Kanzleramtschef Helge Braun die „Liebe Community“ zu einer Diskussionsveranstaltung eingeladen. Thema: „Daten als Chance – die Datenstrategie der Bundesregierung“. Ein anderes Thema wäre eigentlich naheliegender – der Umgang der App mit ihren eigenen Daten und denen ihrer Zuhörer.

Denn die App erweist sich als Langfinger, der den Gästen schon auf dem Weg ins Clubhouse in die Taschen greift. Bei der Registrierung verlangt das vor einem Jahr gegründete Start-up aus dem US-Bundesstaat Utah den Zugriff auf alle im Handy der Nutzer eingespeicherten Telefonnummern sowie die dazugehörigen Namen und Angaben. Wer nicht einwilligt, wird sanktioniert und darf keine Freunde oder Bekannte ins Clubhouse einladen.

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Für die Vorsitzende der Datenschutzkonferenz von Bund und Ländern, Monika Grethel, ein Unding. Die saarländische Datenschutzbeauftragte warnt vor Missbrauch. „Die Möglichkeit der Nutzer, dem Dienst Zugriff auf ihre Kontakte zu gewähren und diesem somit Kontaktinformationen von Personen, die selbst nicht Teilnehmer sind, zur Verfügung zu stellen, ist grundsätzlich kritisch zu sehen“, sagt sie unserer Redaktion.

Datenschützer wurden vom Run wohl überrascht

Aufgrund des immensen Zulaufs zahlreicher Funktionsträger und Firmenchefs dürfte das Unternehmen Alpha Exploration Co. bereits über einen Datenschatz aus den „goldenen“ Adressbüchern von Entscheidern verfügen, die Clubhouse auf ihre Smartphones heruntergeladen haben.

Vom Run auf die App wurden die Datenschützer wohl überrascht. So räumt Grethel ein, dass eine „detaillierte Befassung mit dem Social-Media-Dienst“ bislang „nicht stattgefunden“ habe. Und sie verweist auf ein weiteres Problem, wenn sich User zusätzlich zur Handynummer noch mit einem Twitter- oder Ins­tagram-Account bei Clubhouse anmelden: „Auch hier behält sich laut Privacy Policy der hinter dem Dienst stehende Anbieter einen Zugriff auf Follower-Listen vor“, sagt Grethel. „In welcher Form und für welche Zwecke die in diesem Zusammenhang erhobenen Kontakt- und Account-Informationen Dritter in den USA verarbeitet werden, bleibt hierbei intransparent.“ Gre­thel rät Nutzern deshalb dringend, die Kontaktdaten anderer Personen für Clubhouse zu sperren.

Doch auch die Nutzung der App hat Tücken. Die Kommunikation in den sogenannten Räumen erfolgt über Audio, die Sprecher werden als Fotos angezeigt. Mitschnitte der Unterhaltungen sind laut Community-Regeln verboten, genauso das Mitschreiben von Zitaten. Die App-Macher aber zeichnen alle Gespräche auf, „aus rechtlichen Gründen“. Ob diese Dateien nach Ende der Veranstaltungen gelöscht werden, wie das Unternehmen beteuert, lässt sich nicht nachweisen.

Konto von Armin Laschet ist eine Fälschung

Schon in der ersten Woche wurde der Clubhouse-Knigge ad absurdum geführt. Eine Sonntagszeitung machte flapsige Äußerungen von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow in angeblich geschützter Atmosphäre zum Aufreger. Und beim Kurznachrichtendienst Twitter macht derzeit eine Clubhouse-Gesangseinlage von CDU-Nachwuchshoffnung Philipp Amthor unter hämischen Kommentaren die Runde. Sein „Pommernlied“ war von einem Nutzer heimlich mitgeschnitten worden.

Ein Problem mit der erfolgreichen Audio-App können indes sogar diejenigen bekommen, die sie gar nicht nutzen. Der neue CDU-Vorsitzende und nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet ist das erste prominente Opfer eines Fake-Accounts. Unter seinem Namen hat ein Unbekannter ein Konto angelegt, mit einem Laschet-Profilfoto vor den Flaggen von Europa, Deutschland und Nordrhein-Westfalen. Schon 498 Mitglieder folgen dem falschen Laschet, darunter der echte Gesundheitsminister und CDU-Vize Jens Spahn.

Der falsche CDU-Chef grüßt auf der Profilseite

„Es handelt sich um eine Fälschung“, sagte eine Sprecherin der nordrhein-westfälischen CDU unserer Redaktion, „Armin Laschet ist definitiv nicht bei Clubhouse.“ Man sei bemüht, den Account entfernen zu lassen, doch das scheint angesichts fehlender Präsenz des App-Unternehmens in Deutschland nicht so einfach zu sein. Am Dienstag, mehrere Tage nach den ersten Hinweisen, grüßte der falsche Laschet immer noch auf den Profilseiten des Netzwerks.

Man braucht nicht viel Fantasie, um sich auszumalen, welche Verwirrung begabte Stimmenimitatoren mit gefälschten Accounts künftig in Clubhouse-Diskussionsrunden stiften können. Und die wäre mangels Tonprotokollen kaum aufzuklären.