Berlin. Knick-Senk-, Spreizfuß oder Hallux valgus: Eine Fuß-Fehlstellung kann schmerzhaft sein. Oft hakt es schon an der richtigen Schuhwahl.

Sie tragen uns Menschen durchs Leben, sind dabei großen Belastungen ausgesetzt und doch beachten wir sie häufig erst, wenn sie sich durch Schmerzen oder Fehlhaltungen bemerkbar machen. Unsere Füße dienen uns als Stütze, sind für Gleichgewicht und Beweglichkeit unerlässlich – und sollten deshalb möglichst bis ins hohe Alter gesund und allen voran beweglich bleiben.

Füße sind ein wahres Meisterwerk der Natur: Sie bestehen aus beinahe 26 Knochen und 33 Gelenken, 20 Muskeln, 114 Bändern und mehr als 200 Sehnen. Wobei die Einzelteile dieser komplexen Gebilde anatomisch so perfekt aufeinander abgestimmt sind, dass andauernde Belastung oder aber ein Mangel an Aktivität die filigranen Stütz- und Bewegungsapparate langanhaltend schädigen können.

Fuß-Fehlstellung: Schmerzen häufig vom falschen Schuhwerk

Und so beginnen viele Fußprobleme häufig schon mit der falschen Wahl der Schuhe, schreiben Mellany Galla, Spezialistin für Fuß- und Sprunggelenkchirurgie, und Arndt Fengler, Osteopath und Physiotherapeut, in ihrem kürzlich veröffentlichten Buch „Füße in Bestform“. Obwohl es weder die eine richtige Fußform noch den einen richtigen Schuh gebe, so gebe es doch Kriterien, die Menschen beim Schuhkauf beachten sollten, um Beschwerden vorzubeugen und zu vermeiden.

„Zunächst einmal gilt, dass ein Schuh sinnvollerweise ausreichend Platz für den Fuß und insbesondere die Zehen bieten sollte“, sagt Mellany Galla unserer Redaktion. Zu enge oder zu kleine Schuhe machen sich oft zwar schon kurzfristig bemerkbar. „Wir neigen aufgrund modischer Trends aber ein wenig dazu, nichtsdestotrotz Schuhe zu kaufen, die nicht zu unserer Fußform passen.“

Neben unangenehmen Druckstellen kann das zu Hühneraugen an den Zehen führen, also rundlichen, warzenähnlichen Verhornungen, deren Mitte besonders schmerzempfindlich sein kann.

Darauf ist beim Schuhkauf zu achten

Ein neuer Schuh sollte deshalb sowohl breit als auch lang genug sein, rät Tanja Kostuj, Chefärztin für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie am St.-Marien-Hospital in Hamm. Während die Zehen ausreichend Platz benötigen, sollte der Schuh an der Ferse nicht zu viel Spielraum bieten. Darauf, dass sich das Material dehnt und weitet, sollten sich Käuferinnen und Käufer indes nicht verlassen.

Ein weiterer Tipp der Experten Galla und Fengler lautet, neue Schuhe abends oder aber nach einem kleinen Spaziergang anzuprobieren. Denn Füße verändern ihre Form im Laufe des Tages – schwellen an und wieder ab. Wer sie vor der Anprobe bewegt, veranlasst, dass sie ausreichend durchblutet und infolgedessen leicht angeschwollen sind, sodass der neue Schuh später nicht zu eng sitzt.

Nie nur ein Paar Schuhe im Alltag tragen

Weil Größe und Form beider Füße bei den wenigsten Menschen identisch sind, sollte zudem nie nur ein Schuh, sondern immer das Paar anprobiert werden. Und: „Die Schuhe im Stehen testen. Das spiegelt die tatsächliche Form der Füße unter Belastung wider“, so Galla.

Wer sicherstellen möchte, dass seine Füße möglichst lange gesund bleiben, sollte „regelmäßig Schuhe wechseln, die Füße benutzen und gern auch mal barfuß laufen“, rät Chefärztin Kostuj. Tatsächlich sind hierzulande etliche Menschen von Fehlstellungen wie Knick-Senkfuß, Spreizfuß oder Hallux valgus betroffen. Während manche Fehlhaltungen angeboren sind, entstehen andere erst im Laufe der Zeit – oft durch fehlende Rücksicht auf die Gesundheit unserer Füße.

Was genau ist ein „Hallux valgus“?

Unter einem Hallux valgus verstehen Mediziner Schmerzen, die durch einen Schiefstand des großen Zehs entstehen. Diese können häufig bereits durch geeignetes Schuhwerk gelindert werden. Dabei helfen weit geschnittene Modelle, die flexibel und aus weichem Material gefertigt sind, den Druck auf den Großzehballen zu mindern, erklären die Fußspezialisten Mellany Galla und Arndt Fengler. Auch Schaumstoffpflaster oder -ringe könnten das druckempfindliche „Überbein“ polstern.

Ein Knick-Senkfuß, umgangssprachlich auch Plattfuß genannt, beispielsweise, erklärt Expertin Galla, bemerken Betroffene zwar seltener durch Schmerzen. Dafür würden sie Veränderungen an bereits getragenen Schuhen erkennen: so zum Beispiel, dass Fersen und Hacken nicht zentral, sondern verstärkt auf den Innenseiten abgelaufen sind.

Plattfuß erkennen und behandeln

Wer seine Füße im Spiegel betrachtet, könne die Fehlstellung ebenfalls erkennen. „Auf Höhe des Innenknöchels macht der Fuß dann einen Knicks nach innen, ähnlich einem X“, erklärt die Expertin. Ursachen dafür können mannigfaltig sein.

Neben Übergewicht kann auch häufiges, schweres Tragen und Stehen oder eine Bindegewebsschwäche die Fehlstellung begünstigen. Ein erworbener Knick-Senkfuß mache sich meist zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr bemerkbar, wobei Frauen dreimal häufiger betroffen seien als Männer.

Besteht der Knick-Senkfuß über längere Zeit oder ist er besonders stark ausgeprägt, kann das im schlimmsten Fall zu einer Arthrose, also einem Verschleiß der betroffenen Gelenke führen, so Galla. Zuerst seien die Gelenke oft noch beweglich, später würden sie steifer, bis die Knick-Senkposition schließlich vollends fixiert sei.

Was tun bei Arthrose?

Menschen, die den Verdacht hegen, betroffen zu sein, sollten deshalb frühestmöglich eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen. Denn die Behandlungsmöglichkeiten hängen auch vom Stadium der Erkrankung ab: In der Anfangsphase können laut Kostuj mitunter noch spezielle Schuheinlagen helfen, während im fortgeschrittenen Stadium eine Operation nötig werden kann.

Auch beim sogenannten Spreizfuß handelt es sich um eine verbreitete Fuß-Fehlstellung. Die Mittelfußknochen Betroffener weichen auseinander, der Vorderfuß wird breiter, wodurch sich die Druckverteilung auf den Fuß verändern kann. Für eine Diagnose reicht meist schon ein Blick von Spezialisten.

Das hilft bei Spreizfüßen

Auch hier gilt, dass sich die Fehlhaltung zunächst kaum durch Schmerzen äußert. Je breiter der Fuß jedoch wird, desto größer die Probleme für die Betroffenen, die sich vor allem beim Tragen von Schuhen bemerkbar machen. Diese passen dann häufig nicht mehr, Druckstellen am großen wie kleinen Zehenballen können entstehen. „Außerdem macht sich ein Spreizfuß irgendwann auch durch ein unangenehmes Gefühl beim Abrollen des Vorfußes bemerkbar“, sagt Galla.

Deshalb und weil die Wahrscheinlichkeit für weitere Verformungen steigt, rät die Expertin Betroffenen unbedingt dazu, eine Spezialistin oder einen Spezialisten zu kontaktieren. Auch beim Spreizfuß können Einlagen helfen, Schmerzen zu lindern, ebenso wie Mobilisation und manuelle Therapie. Eine Operation wird meist erst dann nötig, wenn konservative Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind.

Unter dieser Fehlstellung leiden zehn Millionen Deutsche

Um eine regelrechte Volkskrankheit handelt es sich hingegen beim sogenannten Hallux valgus, also einem Schief­stand des großen Zehs. Allein in Deutschland sind davon rund zehn Millionen Menschen betroffen. Ob ein Hallux valgus entsteht oder nicht, hängt vor allem vom Bindegewebe ab, schreiben Galla und Fengler.

Faktoren, die es schwächen, darunter hormonelle Veränderungen während der Schwangerschaft oder Wechseljahre, begünstigen die Fehlstellung. „Wer dazu noch ungeeignetes Schuhwerk trägt, bei dem steigt die Wahrscheinlichkeit eines Hallux valgus“, so Galla. Dazu zählen übrigens auch schmale, hochhackige Pumps, durch die allerhand Gewicht auf dem Vorfuß lastet. Aber auch häufiges und langes Stehen in Pumps, starkes Übergewicht und Rheuma erhöhen das Risiko.

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