Berlin. Anbieter von Telefon, Internet oder TV wollten bei geringen Preisanpassungen das Kündigungsrecht ausschließen. Das ist nun vom Tisch.

Die Verbraucherzentralen haben zwei Siege im Kampf gegen Preiserhöhungen ohne Widerspruchs- und Sonderkündigungsrechte erzielt. Zum einen machte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in einem noch nicht rechtskräftigen Urteil deutlich: Mobilfunkanbieter müssen ihren Kunden bei Preiserhöhungen in laufenden Verträgen prinzipiell ein Widerspruchsrecht einräumen (Az.1U46/19). Zum anderen akzeptierte die Tele Columbus-Gruppe, ein Anbieter von Telefon-, Internet- und TV-Leistungen, einen Vergleich im Rechtsstreit mit der Verbraucherzentrale Brandenburg.

Hintergrund des Streits zwischen Tele Columbus und den Verbraucherschützern ist das Recht auf eine bis zu fünfprozentige Preiserhöhung ohne Sonderkündigungsrecht. Das hatte sich der Anbieter, der unter der Dachmarke Pÿur agiert, in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) geschrieben und auch durchgesetzt.

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Das Unternehmen hatte im Jahr 2019 bei Bestandskunden die Preise um etwa 4,8 Prozent erhöht und dies mit gestiegenen Bau- und Personalkosten begründet. Mit Verweis auf die AGB schloss es Sonderkündigungen aus.

Verweis auf eine geltende EU-Regelung

Nach Auffassung der Verbraucherschützer ist ein solcher Passus unzulässig. „Gemäß einer EU-Regelung müssen Anbieter von Kommunikationsdiensten Verbrauchern auch bei geringen Änderungen der Vertragsbedingungen die Möglichkeit einräumen, den Vertrag ohne Zahlung von Vertragsstrafen zu widerrufen“, erklärte Rechtsreferentin Michèle Scherer. Als Tele Columbus eine Unterlassungserklärung nicht unterschrieb, reichte die Verbraucherzentrale Klage ein. Lesen Sie auch: Lahme Internetverbindung – So können sich Kunden wehren

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Der nun geschlossene Vergleich bedeutet, dass der Anbieter die AGB-Klausel nicht mehr verwenden darf, bestätigt Scherer auf Anfrage dieser Redaktion. Im Telekommunikationsbereich dürfte diese Praxis damit beendet sein. Darüber hinaus räumt Tele Columbus betroffenen Kunden nachträglich ein sechswöchiges Sonderkündigungsrecht ein. Diese werden nun schriftlich darüber informiert.

Auch das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt dürfte dabei eine Rolle gespielt haben. Es stammt von April. Das Gericht hatte sich mit einer ähnlichen Fünf-Prozent-Klausel in den AGB eines Mobilfunkanbieters auseinanderzusetzen. Und entschied: Die Klausel verstößt gegen eine EU-Richtlinie, die besagt, dass ein Kunde sich von einem Vertrag lösen darf, wenn der Anbieter diesen einseitig verändert.