Berlin. Wissenschaftler untersuchen seit Jahren die Wirkung auf Körper und Geist. Die Studienlage ist nicht eindeutig, aber vielversprechend.

Dass Lachen gesund ist, sagt schon der Volksmund. Aber was ist wirklich dran an dieser Weisheit? Kann man sich gesund lachen oder durchs Lachen zumindest gesund bleiben? Das versuchen Gelotologen herauszufinden – Wissenschaftler, die sich mit den körperlichen und psychischen Auswirkungen des Lachens beschäftigen.

Verschiedene Studien haben die Auswirkungen von Lachen auf beispielsweise Stress, den allgemeinen Gesundheitszustand und die Immunfunktionen untersucht und durchaus positive Effekte nachweisen können. Michael Titze, Psychoanalytiker, Psychotherapeut und Gründungsvorsitzender von HumorCare Deutschland-Österreich, beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit der Lachforschung: „Die Forschungslage zeigt, dass Lachen im Allgemeinen und speziell das Yoga-Lachen auch aus wissenschaftlicher Sicht ernst genommen werden.“

Wellenwirkung auf die Muskulatur

So konnte etwa Paul McGhee, einer der Vorreiter der Lachforschung, zeigen, dass Lachende unempfindlicher auf Schmerzen reagieren. Der Neuro-Immunologe Lee Berk fand in einer Diabetiker-Studie heraus, dass Lachen den Stoffwechsel positiv beeinflusst. Und er zeigte, dass beispielsweise eine halbe Stunde Lachen die Stresshormone im Blut deutlich reduziert.

Forscher William Fry, Begründer der Gelotologie, prägte nicht ohne Grund den Satz: „Lachen ist Joggen im Sitzen.“ Er wies bereits in den 90er-Jahren nach, dass 20 Sekunden Lachen dem menschlichen Körper eine vergleichbare Leistung abverlangen wie drei Minuten Joggen oder Rudern.

18 Gesichtsmuskeln spannen sich beim Lachen an

„Heftiges und ausgiebiges Lachen ist richtig körperliche Arbeit“, erklärt Titze. „Es wirkt sich wellenförmig auf die gesamte Körpermuskulatur aus, sodass wir uns ‚vor Lachen schütteln‘.“ Viele Muskeln werden dabei aktiviert. Allein 18 Gesichtsmuskeln spannen sich laut Titze ebenso an wie die Muskulatur im Brust- und Bauchraum. Zudem beginnt das Zwerchfell – ein wichtiger Atemmuskel – zu hüpfen. „Dadurch werden innere Organe wie Leber, Galle und Milz, regelrecht massiert, wodurch unter anderem der Cholesterinspiegel gesenkt wird“, so Titze.

„Da auch der Magen-Darm-Bereich kräftig durchgeknetet wird, kann die Verdauung gefördert werden.“ Weil die Muskulatur besser durchblutet werde, entspannten sich zudem allmählich die Arterien, wodurch der Blutdruck gesenkt und der Herzschlag zunehmend verlangsamt werde. Und ein ebenfalls wichtiger Lach-Effekt: Nach einem ausgiebigen Lachen setzt laut Titze eine tiefe Entspannung ein. „Vor allem lockert sich die Skelettmuskulatur weitgehend.“

Lach-Yoga wird in 100 Ländern praktiziert

Nicht nur Titze setzt daher auf die gesundheitsfördernden Auswirkungen des Lachens – speziell des Yoga-Lachens, das in Lach-Clubs praktiziert wird. Seit seinem Beginn im Jahr 1995 verbreitete sich das Lach-Yoga in 100 Ländern mit Tausenden von freien Lach-Clubs. Über 40 sind es mittlerweile in Deutschland.

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    Seinen Ursprung hat das sogenannte Hasya-Yoga in Indien und wurde dort von Madan Katari entwickelt. Das grundlose Lachen steht hier im Vordergrund. Die Teilnehmer sollen über die motorische Ebene zum Lachen kommen, ein anfangs künstliches Lachen soll in echtes Lachen übergehen. Katari will nach eigener Aussage dazu beitragen, dass mehr Lachen und Freude in das Leben der Menschen kommt.

    Zum Lachen braucht es einen Anreiz

    Für Rainer Stollmann, Kulturwissenschaftler und Lachforscher aus Bremen, ist das Lachen in Lach-Clubs jedoch „Abklatsch einer wirklichen Form von Lachyoga, die es im Buddhismus gibt“. Dabei gehe es um mehr: eine komplette Änderung der inneren Geisteshaltung hin zu einem entspannten, fröhlichen Grundzustand, weil man etwas begriffen, verstanden hat, in sich ruht. Ein von außen aufgezwungenes, ansteckendes Lachen sei damit nicht vergleichbar.

    „Ich will nicht bestreiten, dass Leuten Yoga-Lachen gut tun kann“, so Stollmann, „nur für mich hat es etwas Künstliches, weil dafür nur eine sehr schwache Form der Lachkultur genutzt wird: das ansteckende Lachen.“ Ansteckung sei ein schwacher Lachreiz. „In Wirklichkeit müssen Sie immer gekitzelt werden, etwa einen Witz hören“, erklärt Stollmann. „Es muss jemand von außen stimulieren.“ Richtiges, herzliches Gelächter entstehe daraus, dass eine Runde in Stimmung komme.

    Erscheinung unserer Therapiegesellschaft

    In seinem Buch „Angst ist ein gutes Mittel gegen Verstopfung“ schreibt Stollmann: Wer Lachen für gesund erkläre, versuche es unter die Fittiche der Vernunft zu bringen. Niemand lache, weil es gesund sei, vielmehr mache man mit dieser Vorstellung „einen Kollateralnutzen zur Hauptsache“. Schädlich sei das jedoch nicht. „Warum sollen die Menschen sich beim Lachyoga nicht treffen und lachen“, sagt der Lachforscher.

    Immerhin sei es besser, angesteckt zu lachen als gar nicht. Stollmann sieht die Lachyoga-Bewegung daher als harmlose Erscheinung unserer Therapie-Gesellschaft. „Ich erinnere mich, vor 30 Jahren gab es so etwas wie den Urschrei, dann gab’s das Kuscheln, jetzt das Lachen“, sagt Stollmann. „Diese Therapietrends bewegen sich immer ein bisschen am Rande von Psychologie und sozialer Nähe.“

    Prophylaktischer Aspekt des Lachens

    Das Lachen ist mittlerweile aber auch in der Medizin angekommen. Die gelotologischen Erkenntnisse werden in sogenannten Humor- oder Lachtherapien genutzt. Von therapeutischer Relevanz darf man laut Michael Titze von HumorCare jedoch noch nicht sprechen: „Es gibt in Deutschland nach meiner Schätzung an die 2000 enthusiastische Menschen, die Lachyoga anbieten, aber nicht viele davon sind Ärzte, Therapeuten oder Sozialarbeiter mit einer Zusatzausbildung und das ist das Pro­blem.“

    Bedeutend ist aus Titzes Sicht aber bereits der prophylaktische Aspekt des Lachens: „Wenn man seine Selbstheilungskräfte verbessern will, sollte man regelmäßig lachen, um das eigene körperliche und psychische Befinden zu stärken“, so Titze, „genauso wie man Sport macht oder Entspannungstechniken einübt.“ Seien Menschen bereits erkrankt, könne mit Lachen die eigene Lebensfreude gestärkt und das persönliche Wohlbefinden verbessert werden.

    „Es gibt sogar Spekulationen, dass sich das auf den Heilungsprozess selbst bei schweren chronischen Erkrankungen positiv auswirkt“, erklärt Titze. Hundertprozentig nachgewiesen sei das jedoch nicht. „Aber im psychologischen Sinne bringt es sehr viel, dass schwerkranke Menschen durch Lachen beispielsweise ihren Lebensmut nicht völlig verlieren, sondern sich selber über das Lachen stimulieren, um das Leben von seiner heiteren Seite zu sehen und dann wieder Hoffnung zu bekommen.“