Berlin. Parkinson ist nicht heilbar, die Zahl der Betroffenen steigt weltweit stetig. Nun haben Forscher einen neuen Therapieansatz entwickelt.

Liefert die Wissenschaft neue Ansätze für die Behandlung von Parkinson, eine Krankheit, die weltweit auf dem Vormarsch ist? In Deutschland sind nach Schätzungen 250.000 Menschen von der neurodegenerativen Erkrankung betroffen, 12.500 erkranken jedes Jahr neu. Die Krankheit ist bis heute nicht heilbar, aber ein neuer Therapieansatz, bei dem Licht eingesetzt wird, macht Hoffnung. Die Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Welt-Parkinson-Tag (11. April).

Was ist Parkinson?

Im Gehirn übertragen Nervenzellen Informationen über elektrische Impulse und Botenstoffe, einer davon ist Dopamin. Bei Menschen mit Parkinson sterben im Mittelhirn Nervenzellen ab, die diesen Botenstoff bilden. Mit dem langsamen Sterben der Zellen, die vorwiegend in der sogenannten schwarzen Substanz (Substantia nigra) liegen, mangelt es im Gehirn zunehmend an diesem Botenstoff. Die Folge ist, dass die Reizleitung im Gehirn, die die Motorik steuert, gestört ist. Im Verlauf der Krankheit bricht die Kommunikation zwischen Gehirn und Bewegungsapparat zusammen. Der Körper tut nicht, was der Kopf möchte.

Wie macht sich die Krankheit bemerkbar?

Da Parkinson eine langsam fortschreitende Erkrankung ist, treten die Beschwerden nach und nach auf und nehmen dann immer weiter zu. „Im frühen Stadium ist die Diagnose der Krankheit oft schwierig“, sagt Professor Christian Gerloff. „Abnehmender Geruchssinn, einseitige Muskel- und Rückenschmerzen, unruhiger Schlaf, Stimmungsschwankungen oder häufige Stürze können Hinweise auf einen beginnenden Parkinson sein“, sagt der Direktor der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE).

Denn erst wenn mehr als 60 Prozent der Nervenzellen inaktiv sind, treten die typischen Symptome auf: Die Arme und Beine zittern, wenn der Erkrankte sich ruhig verhält, die Muskeln werden steif und starr – Schreiben, Gehen, Anziehen fällt immer schwerer.

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    „Die Diagnose der Parkinson-Krankheit erfolgt ganz überwiegend durch Anamnese und klinische Untersuchung“, so Gerloff. Zusätzlich sollte immer auch eine Bildgebung des Hirns durchgeführt werden, eine Computertomografie oder eine Kernspintomografie, um seltene Ursachen eines Parkinson-Syndroms auszuschließen.

    Was ist heute die Standardtherapie?

    Behandelt wird Parkinson seit den 1960er-Jahren mit Medikamenten, die das fehlende Dopamin ersetzen. Entweder mit einer Vorstufe des Botenstoffs, dem L-Dopa, oder mit einem Dopamin-Ersatzstoff. Zusätzlich erhalten die Patienten andere Substanzgruppen, denn das Gehirn funktioniert wie eine Waage: Fehlt ein Botenstoff, sind andere im Übergewicht. Außerdem werden die durch Parkinson verursachten Leiden wie Depressionen, Psychosen, Schlaf- und Kreislaufstörungen behandelt.

    Bei manchen Patienten bietet sich die Implantation eines Hirnschrittmachers an, der das Zittern und die Bewegungsstörungen verbessern kann. Seit 1987 französische Neurologen erstmals einem Patienten eine Elektrode ins Gehirn implantierten, wurden mehr als 100.000 Menschen mit der sogenannten tiefen Hirnstimulation behandelt. „Mit dem Strom der Elektroden, die wir während einer Operation an bestimmten Orten im Gehirn platzieren, unterbrechen wir die gestörte Kommunikation der Nervenzellen so, dass das Muskelzittern aufhört und die Beweglichkeit besser wird“, erklärt der Neurologe Gerloff vom UKE.

    Nach einer Operation können viele besser laufen, und sogar die Feinmotorik kann zurückkehren – eine intensive Komplextherapie vorausgesetzt. „Galt dieser Eingriff vor zehn Jahren als letzte Möglichkeit, so operieren wir heute deutlich früher, damit gar nicht erst so viele Defizite im alltäglichen Leben auftreten. Damit vermeiden wir auch soziale und psychische Probleme und verbessern die Lebensqualität der Patienten deutlich“, betont Gerloff.

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      Gibt es neue Therapieansätze?

      Anfang Februar beschrieben Forscher im Fachjournal „Science“, dass sie mit Licht die Aktivität von Nervenzellen im Gehirn einer genetisch veränderten Maus an- und abschalten konnten. „Das könnte der Weg sein, um ohne einen operativen Eingriff das Gehirn in der Tiefe so zu stimulieren, dass die Nervenzellen wieder richtig feuern und die Folgen der Parkinson-Erkrankung gemildert werden“, sagt der Hamburger Wissenschaftler Professor Wolfgang Parak, der am Institut für Nanostruktur- und Festkörperphysik der Universität Hamburg arbeitet.

      Die Autoren der Studie möchten den Effekt der tiefen Hirnstimulation ohne operativen Eingriff erreichen. Im Mausmodell konnten sie zeigen, dass das mit Licht möglich ist. „Sie verknüpften dazu Methoden aus der Optogenetik und der Nanowissenschaft“, erklärt Parak. Die Optogenetik ist eine sehr junge Technik im Werkzeugkasten der Wissenschaft. Sie kombiniert optische und genetische Methoden.

      Seit etwa zehn Jahren können Forscher nun mit extremer Präzision die Aktivität von lebenden Zellen nicht nur im Labor, sondern auch im Tier mit Licht an- oder abschalten. „Die Optogenetik hat vor allem die experimentelle Untersuchung neuronaler Schaltkreise revolutioniert und verspricht zukünftig auch für die Behandlung von neurologischen Störungen zur Verfügung zu stehen “, so Parak.

      Wie realistisch ist der neue Ansatz?

      Es gibt mindestens zwei (technische) Hürden, die überwunden werden müssen. Zunächst einmal müssen die Nervenzellen genetisch so ausgerüstet werden, dass sie auf Licht überhaupt ansprechen. „Dafür schleusen die Forscher künstliche Ionenkanäle ins Gehirn, die dann auf Lichtimpulse reagieren“, sagt Parak. Im Tiermodell sei das inzwischen eine Standardtechnik – beim Menschen noch gar nicht.

      Ohnehin kann das Ergebnis aus dem Tiermodell nicht einfach auf den Menschen übertragen werden. Vielmehr muss in den kommenden fünf bis zehn Jahren zunächst intensiv erforscht werden, wie sich die Nanopartikel im Gehirn verhalten. „Sie könnten herumwandern, von Nervenzellen aufgenommen oder zersetzt werden“, sagt Parak. „Wir müssen also mehr über die Langzeitwirkung von Nanopartikeln im Gehirn wissen und prüfen, ob es zu toxischen Reaktionen kommen kann, bevor wir mit klinischen Versuchen überhaupt beginnen können.“