Hamburg. Was man bei einer Vorsorgevollmacht bedenken muss. Der Hamburger Anwalt Peter R. Schulz über Tipps und Tricks und Irrtümer.

Was bei einer Vorsorgevollmacht zu beachten ist, das erklärt der Hamburger Anwalt Peter R. Schulz, Spezialist für Betreuungsrecht. Er sagt, zuverlässige und günstige Beratung böten die freien Wohlfahrtsverbände an, zum Beispiel der SoVD, die Caritas, die AWO und die Diakonie. Ärztekammern, Gesundheitsämter und die Bundesnotarkammer hielten ebenfalls Informationen bereit. „Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass in solchen Fällen der Partner oder die Kinder alles regeln könnten. Im Vorsorgefall sind diese ohne Vorsorgevollmacht rechtlich handlungsunfähig.“ Hier die Empfehlungen von Anwalt Schulz:

Wo kann man sich über Vorsorgevollmachten informieren?

Bei den Beratungsmöglichkeiten herrscht die Qual der Wahl. Es gibt neben kommerziellen Angeboten und Ratgeberbüchern auch kostenlose Broschüren, Internetseiten, Veranstaltungen und individuelle Beratungsangebote. Zuverlässige und günstige persönliche Beratungen erhält man etwa bei den Betreuungsvereinen und den freien Wohlfahrtsverbänden SoVD, Caritas, AWO, Diakonie u.a. Vorrangig schriftliche Informationen sind bei den Ärztekammern, den Gesundheitsämtern und der Bundesnotarkammer zu bekommen. Selbst Banken und Versicherungen bieten hin und wieder Vorträge zum Thema an. Professionelle Beratungen und individuell zugeschnittene Vorsorgevollmachten erhält man bei allen Notaren und spezialisierten Anwälten.

Wer braucht eine Vorsorgevollmacht ?

Vorsorge durch Vollmachten ist kein Thema nur für Kranke und Senioren. Vielmehr ist die Errichtung einer Vorsorgevollmacht wie die Berufs- und Partnerwahl eine tragende Säule eines selbstbestimmten Lebens und sollte unabhängig vom Alter, dem Familienstand und der Gesundheit mit Beginn der Volljährigkeit eingerichtet werden. Sie ist die einzige private Alternative zu einer staatlichen Betreuung für den Fall, dass man sich selbst nicht mehr um die eigenen Angelegenheiten kümmern kann. Sei es vorrübergehend oder dauerhaft. Vor der Volljährigkeit sind in der Regel die Eltern die gesetzlichen Vertreter eines Kindes. Wer aus gesundheitlichen oder anderen Gründen nach Erreichen der Volljährigkeit seine Angelegenheiten nicht selbst erledigen kann, wird sich ohne Vorsorgevollmacht in der Regel mit einer gesetzlichen Betreuung konfrontiert sehen.

Was sollte drinstehen?

Um eine staatliche Intervention im Notfall unnötig zu machen, sollte einer Vertrauensperson mit der Vorsorgevollmacht eine umfassende Rechtsmacht für die Vermögens- und die Personensorge eingeräumt werden. Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass in solchen Fällen der Partner oder die Kinder alles regeln könnten. Im Vorsorgefall sind diese ohne Vorsorgevollmacht rechtlich handlungsunfähig.

Die Vorsorgevollmacht sollte daher mindestens eine Person eindeutig benennen, der man es zutraut, die geschäftlichen, aber auch die medizinischen und persönlichen Angelegenheiten zu regeln. Man kann auch so weit gehen, dass man der Person zudem erlaubt, über den Aufenthalt und die Freiheit zu entscheiden, wenn man sich selbst sonst krankheitsbedingt gefährden würde. Nimmt man dies nicht in die Vollmacht mit auf, würde in solchen Fällen ein Gericht tätig werden müssen.

Nicht zwingend hinein gehört eine Patientenverfügung, in der man regelt, ob man bestimmte medizinische Maßnahmen wünscht. Eine Vorsorgevollmacht ist von einer Betreuungsverfügung und einer Patientenverfügung zu unterscheiden, die jede für sich unterschiedliche Dinge beinhalten. Aufgrund der vielen Möglichkeiten einer individuellen Gestaltung der Vorsorgevollmacht sind die Vordrucke, die im Internet, Handel und den Institutionen zu bekommen sind, nicht für jeden geeignet.

Welche Formalia muss man beachten?

Vorsorgevollmachten können wie fast alle privaten Vollmachten auch mündlich erteilt werden. Nur für Grundstücksgeschäfte bedarf es einer notariellen Vollmacht und daher auch einer notariellen Vorsorgevollmacht. Trotzdem sollte eine Vorsorgevollmacht in jedem Fall schriftlich erteilt werden, weil der Bevollmächtigte in der Praxis sonst nicht wird nachweisen können, wie weit seine Vollmacht reicht.

Wann kann ich keine Vorsorgevollmacht mehr errichten ?

Da die Vorsorgevollmacht eine private Vollmacht ist, kann sie nur dann wirksam errichtet werden, wenn Geschäftsfähigkeit besteht. Eine bereits eingerichtete Betreuung schließt eine wirksame Vorsorgevollmacht nicht automatisch aus. Vielmehr müsste eine Betreuung wieder aufgehoben werden, wenn nach Einrichtung einer Betreuung wirksam eine Vorsorgevollmacht errichtet wird. Bei psychischen Erkrankungen ist das häufig nicht möglich. Daher sollten auch Eltern von Kindern mit psychischen Erkrankungen, wenn diese volljährig werden, in der Regel eine gesetzliche Betreuung beantragen, um nicht rechtlich handlungsunfähig zu werden.

Was kann man tun, damit eine Betreuung durch einen „Fremden“ gelingt?

Anders als Familienangehörigen steht bei „Fremden“ schnell der Vorwurf des Ausnutzens und der Erbschleicherei im Raum. Man sollte daher zum Schutz der Verwandten und des Betreuers bzw. Bevollmächtigten von Anfang an über die Motivation zur Übernahme der Verantwortung sprechen und ggf. die betroffenen Verwandten informieren.

Eine gerichtliche Kontrolle des „Fremden“ kann man dann z.B. durch eine sog. Betreuungsverfügung erreichen. Dabei handelt es sich nicht um eine Vorsorgevollmacht. Vielmehr gibt man dabei dem Betreuungsgericht durch Verfügung vor, welche Person man sich als gesetzlichen Betreuer unter Aufsicht des Gerichts wünscht. Allerdings muss man dabei beachten, dass der so ausgewählte Betreuer, wenn er kein Berufsbetreuer ist, in der Regel eine hohe Verantwortung ohne bzw. mit geringer Vergütung erhält. Man sollte daher auf jeden Fall mit dem vorgeschlagenen Betreuer reden, ob er zur Übernahme bereit ist.

Will man den „fremden“ Betreuer nicht unter die Kontrolle des Gerichts stellen, muss zwingend eine Vorsorgevollmacht errichtet werden. Das sollte dann auch zu dessen Schutz sehr sorgfältig geschehen und am besten zusammen mit einem Anwalt oder Notar gestaltet werden. Häufig macht es zudem Sinn, auch einen Arzt und/oder Zeugen hinzuzuziehen, um damit die Ernsthaftigkeit des eigenen Wunsches zu dokumentieren. Auch hier ist daran zu denken, dass der „Fremde“ eine hohe Verantwortung übernimmt. Fehlt es an der verwandtschaftlichen Beziehung, wird man ihm hierfür u.U. auch eine Entlohnung in Aussicht stellen oder ihn zum Erben berufen wollen. Für das Gelingen der Bevollmächtigung in der Praxis ist es dann wiederum sinnvoll, verbliebene Verwandte und/oder Ärzte über die Bevollmächtigung rechtzeitig zu unterrichten, bevor diese benutzt werden muss.

Kann ein fremder/vom Gericht bestellter Betreuer frei über mein Vermögen bestimmen?

Der für die Vermögenssorge bestellte Betreuer wird zum gesetzlichen Vertreter des Betroffenen und kann faktisch über dessen Vermögen verfügen. Und dies auch dann, wenn der Betroffene Angehörige hat. Dabei hat der Betreuer selbstverständlich das Wohl und auch den Willen des Betroffenen zu beachten, worüber das Gericht die Aufsicht ausübt. Dies geschieht allerdings in der Regel nur im Nachhinein, wenn der jährliche Bericht des Betreuers bei Gericht eingeht. Ohne konkrete Anhaltspunkte können die Angaben dabei nur auf Schlüssigkeit geprüft werden.

Werden meine Angehörigen überhaupt noch gefragt?

Eine rechtliche Pflicht hierzu gibt es nicht. In der Praxis entstehen häufig Konflikte daraus, dass Angehörige nicht wissen und nicht erfahren, ob und warum ein Betreuer tätig war. Was muss man bei Vorsorgevollmachten beachten, wenn es um medizinische Belange geht, ich zum Beispiel eine bestimmte lebensverlängernde Maßnahme nicht möchte?

Die medizinischen Belange gehören in eine gesonderte Patientenverfügung. Diese sollte ebenfalls schriftlich erfolgen. Es hat sich in der Praxis als hilfreich herausgestellt, wenn man die einzelnen Maßnahmen mit dem Arzt oder zumindest mit einem Anwalt oder Notar bespricht und diese Beratung in der Patientenverfügung unter Namensnennung des Arztes/Anwalts/Notars dokumentiert.