Aus Datenerhebungen war bislang kaum zu entnehmen, ob es sich bei einer Immobilie um eine Energieschleuder handelt oder nicht. Das erlaubt Mietern zu handeln. Doch der Druck auf Vermieter wird sich weiter erhöhen.

Die größten Energieeinsparpotenziale liegen in Deutschland im Gebäudebestand. Durch fachgerechtes Modernisieren und den Einsatz moderner Gebäudetechnik könne der Energiebedarf auf bis zu 20 Prozent gesenkt werden, behauptet die Deutsche Energie-Agentur (dena). Davon würden alle Beteiligten profitieren: Mieter und Vermieter, Umwelt und Volkswirtschaft.

Doch energetische Sanierungen haben steigende Mieten zur Konsequenz, denn investiert wird nur, wo es sich rechnet. Viele Mieter fürchten daher, dass sich die Preisspirale jetzt noch schneller dreht. Zumal im neuen Mietenspiegel auch der energetische Zustand von Gebäuden berücksichtigt wird. Doch Hamburger Experten geben Entwarnung. „Es geht nur ums Messen und Dokumentieren. Der Druck entsteht eher durch die Nachfrage nach Wohnraum und den stetigen Zuzug in die Hansestadt“, sagt Peter Hitpaß, Sprecher des Verbands Norddeutscher Wohnungsunternehmen.

Gleichwohl stellt sich die Frage, welche Handhabe sich aus der Nennung energetischer Komponenten im Hamburger Mietenspiegel ergibt. Seit 2013 soll die Miete auch vom energetischen Zustand einer Wohnung abhängig sein. Die unter www.hamburg.de zum Stichwort Beschaffenheit und Mietenspiegel abzurufende Tabelle bietet hier für Mieter und Vermieter eine Orientierung, ab wann davon auszugehen ist, dass der Verbrauch in Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr überdurchschnittlich hoch oder niedrig in einer Immobilie ist.

Anspruch auf eine energetische Sanierung haben Mieter nicht

„Die Spannen sind allerdings sehr weit gefasst“, sagt Siegmund Chychla vom Mieterverein zu Hamburg. „Immerhin ist es anhand dieser Tabelle aber möglich, Abschläge einzufordern, sollte sich die Immobilie als Energieschleuder erweisen.“ Vermieter könnten im umgekehrten Fall aber auch Zuschläge verlangen. Eckard Pahlke, Vorstand des Mietervereins zu Hamburg, stellt klar: „Einen Anspruch auf eine energetische Sanierung haben Mieter nicht.“ Allenfalls wenn ein Mangel vorliege, könnten sie eine Sanierung einfordern.

Sylvia Sonnemann, Geschäftsführerin von Mieter helfen Mietern in Hamburg, weiß aus der Praxis: „Wer als Mietinteressent nach einem Energieausweis fragt, der vom Vermieter eigentlich vorgelegt werden müsste, rutscht in der Bewerberliste oft ganz nach unten.“

Eine Entwicklung, die sich speziell in Hamburg aus der angespannten Situation auf dem Mietwohnungsmarkt ergibt. „In der Hansestadt ist die Nachfrage so groß, dass Vermieter gar nicht unbedingt sanieren müssen. Den meisten Mietinteressenten ist die Lage und die Bezahlbarkeit einer Immobilie immer noch wichtiger als deren energetische Gebäudequalität. Wie sonst lässt sich erklären, dass selbst für unsanierte Wohnungen Nettokaltmieten von zehn Euro und mehr bezahlt werden?“, sagt Michael Clar, Mitglied der Geschäftsführung von F+B Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH. Insofern steht für ihn außer Frage: „Der Mietenspiegel ist kein Instrument, über den derzeit Investitionen in die energetische Qualität eines Gebäudes belohnt oder bestraft werden.“

In der Realität sei es für Vermieter auch nur begrenzt möglich, die Kosten für eine Sanierung voll an Mieter weiterzugeben. Zwar hielten sie mit der Modernisierungsumlage ein Instrument in der Hand, die Miete nach einer abgeschlossenen Modernisierung zu erhöhen (BGB §559). „Doch viele Vermieter schrecken in Märkten, wo der Mietmarkt nicht so angespannt ist wie in Hamburg, davor zurück, die Jahresmiete, wie erlaubt, um elf Prozent der reinen Modernisierungsaufwendungen zu erhöhen.“

Insofern bereitet dem promovierten Wohnungsmarktforscher ein anderes Thema Kopfschmerzen: „Der Großteil der Mietimmobilien befindet sich in Deutschland in Händen von privaten Vermietern. Kommt beispielsweise ein Vermieter in Billstedt zu dem Entschluss, eine aufwendige Sanierung lohnt sich nicht, dann lässt er seine Immobilie verwahrlosen. Das birgt die Gefahr der Segregation, einer Art räumlicher Abtrennung. Und das sollte der Politik ebenso Sorgen bereiten wie Stadtplanern.“

Ein Grund für solche Entwicklungen seien die strengen Vorgaben der Energieeinsparverordnung. „Sie gibt vor, dass bei bestimmten Maßnahmen an der Fassade andere Bauteile ebenfalls erneuert werden müssen. Und da kommt man schnell auf einen meist fünf- oder sechsstelligen Betrag.“ Davor schreckten viele Vermieter zurück, zumal viele von ihnen älter sind und ab 65 Jahren auch nicht mehr so ohne Weiteres einen Kredit bekämen.

Dennoch sieht die Novelle der Energieeinsparverordnung vor, den Druck auf Immobilienbesitzer zu erhöhen: Bei kommerziellen Anzeigen – sei es zum Verkauf oder zur Vermietung – sollen die Energiekennwerte angegeben werden. Zu den Pflichtangaben (§ 16a EnEV 2014) gehören dann neben der Art des ausgestellten Energieausweises auch Angaben zur Effizienzklasse. Wer dieser Pflicht nicht nachkommt, kann mit bis zu 15.000 Euro belangt werden. Allerdings erst ein Jahr nach Inkrafttreten der EnEV, also ab 1. Mai 2015.

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