Wer unter Schlafstörungen leidet, fühlt sich tagsüber oft gerädert. Meist helfen schon ganz einfache Tricks, um sich in der Nacht richtig zu erholen.

Regensburg. Schlafmangel ist ein Leiden, dem man erst mal auf die Schliche kommen muss. Denn erst tagsüber zeigt sich, was Stunden vorher nicht geklappt hat: Die Nacht hat keinen erholsamen Schlaf gebracht. Jeder vierte Erwachsene in Deutschland klagt über Schlafstörungen, berichtet das Robert-Koch-Institut (RKI). „Oft ist ein falscher Umgang mit dem Schlaf das Problem“, erläutert der Schlafforscher Jürgen Zulley aus Regensburg. Viele Betroffene können sich selbst helfen, denn oft ist eine verbesserte Lebensweise der Weg zur geruhsamen Nacht.

„Leicht ist so eine Verhaltensänderung nicht“, sagt Zulley, der sich seit mehr als 35 Jahren mit dem Thema Schlaf beschäftigt und aktuell Präsident der Deutschen Akademie für Gesundheit und Schlaf (DAGS) ist. Etwa sechs Prozent der Gesamtbevölkerung leidet an einer behandlungsbedürftigen Ein- und Durchschlafstörung, schätzt er. Von solch einer Insomnie (aus dem Lateinischen von somnus, zu Deutsch Schlaf) sprechen Mediziner, wenn mehr als vier Wochen jede Nacht so schlecht verlaufen ist, dass der Tag deutlich beeinträchtigt ist. Spätestens dann wird es Zeit zu handeln.

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Viele Betroffene suchen zunächst Rat bei Menschen mit dem gleichen Problem. Dafür gibt es in fast allen Städten Selbsthilfegruppen. Eine Übersicht darüber liefert die Homepage der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM). Hartmut Rentmeister leitet einen Selbsthilfeverein in Solingen und wird oft angerufen. „Medizinischen Rat kann ich natürlich nicht geben, dafür ist der Hausarzt zuständig“, sagt Rentmeister. „Vielen hilft aber allein schon, dass sie mit anderen darüber reden und Tipps bekommen, wer oder was helfen könnte.“

Wenn dann als erstes Hausmittelchen empfohlen werden, hat Schlafexperte Zulley nichts dagegen – solange es kein Alkohol ist. „Der ’Schlummertrunk’ ist keine Hilfe, sondern eine Gefahr für den guten Schlaf und die Gesundheit“, sagt Zulley. Heiße Milch mit Honig oder Baldrian hingegen können schon eine Hilfe sein. Auch das berühmte ’Schäfchen zählen’ hilft, da es eine monotone Stimulation darstellt, das heißt, es schläfert ein. Hörbücher oder ruhige Musik erfüllen denselben Zweck und sind vielleicht etwas zeitgemäßer. „Entspannung ist der Königsweg in den Schlaf“, betont Zulley.

Ganz wesentlich ist es, bestimmte Grundregeln für gutes Schlafen einzuhalten, wie erst zu Bett zu gehen, wenn man wirklich müde ist, oder auch am Wochenende zur gewohnten Zeit aufzustehen. Rentmeister empfiehlt außerdem eine gute Schlafumgebung: „Man muss sich im Schlafzimmer wohlfühlen, das Bett muss zu Alter und Gewicht passen, und die Temperatur muss stimmen“, sagt er. „Viele denken immer noch, das Schlafzimmer muss eiskalt sein. Dabei würden sie vielleicht besser schlafen, wenn es wärmer wäre.“ Wenn Betroffene abends Medikamente einnehmen sollen, könne auch das den Schlaf beeinträchtigen. „Da kann ein Gespräch mit dem Arzt helfen. Vielleicht kann man die Medizin ja einfach früher einnehmen.“

Wenn es trotz aller Tipps und Tricks nicht besser wird, ist der Gang zum Arzt erforderlich. „Der Hausarzt schließt dann zunächst aus, ob eine Erkrankung vorliegt, die die Insomnie verursacht“, sagt Marie-Luise Hansen, Ärztliche Leiterin des Kompetenzzentrums Schlafmedizin an der Universitätsklinik Charité in Berlin. Ist das nicht der Fall, können unter Umständen Schlafmittel helfen, die jedoch nicht länger als vier Wochen eingenommen werden sollten. Ist auch das erfolglos, müssen Schlafmediziner ran. „Die Insomnie ist sehr komplex“, sagt Hansen. „Eine Standardbehandlung gibt es nicht.“ Daher werden in Schlaflaboren Therapien durchgeführt, die das Ziel haben, der inneren Uhr wieder den richtigen Rhythmus zu geben.

„Die Natur gibt uns vor, bei Dunkelheit zu schlafen und bei Helligkeit wach zu sein. Also trainieren wir zum Beispiel, beim ersten Tageslicht aufzustehen und aktiv zu werden“, beschreibt Hansen ein Therapieelement, das auch jeder selbst anwenden kann. „Der Aufstehzeitpunkt ist der wichtigste Zeitpunkt des Tages“, betont die Schlafmedizinerin. Eine etwas grob wirkende Methode wird angewandt, wenn die Einschlafstörung sehr ausgeprägt ist. Der Betroffene soll dann bewusst wach bleiben, bis es nicht mehr anders geht und er endlich einschläft. „Der Körper holt dann die besonders wichtigen Schlafphasen nach, es wird dadurch ein besonders effizienter Schlaf trainiert“, erklärt Hansen.

Selbsthilfe und Verhaltenstherapien helfen laut Schlafforscher Zulley vier von fünf Betroffenen. Es gibt allerdings neben der Insomnie noch etliche weitere Schlafstörungen, von denen viele ärztlich behandelt werden müssen. (dpa)