Naturheilkunde bietet vielfältige Möglichkeiten - auch als Ergänzung zur traditionellen Behandlung.

Es waren winzig kleine Gerstenkörner, die Marcus Moisburger das Leben zur Hölle machten. Seine Augen waren stark gerötet und geschwollen, sodass er zeitweise kaum noch sehen konnte. "Sie gingen zwar auch mal wieder weg, kamen aber immer wieder", erinnert sich der 40-Jährige. "Vermutlich lag es an der Umluftanlage bei uns im Büro." Der Buchhalter ließ nichts unversucht, probierte verschiedene Tropfen und Salben, die aber, wenn überhaupt, nur kurzfristig geholfen hätten. Ein Freund vermittelte ihn dann an die Hamburger Heilpraktikerin Roswitha Naunin. "Ich hoffte, dass mir die klassische Homöopathie vielleicht helfen würde."

Moisburger ist einer von vielen Menschen, die zunehmend auf die Wirkung von Naturheilverfahren setzen. Diese Heilmethoden werden häufig der Schulmedizin gegenübergestellt, die an den Universitäten gelehrt wird. Die Wirkung vieler Verfahren sei nicht wirklich erwiesen, wird oft kritisiert, während die Schulmedizin als streng wissenschaftlich gilt. Dabei seien etliche alternative Heilmethoden viel älter und in der Praxis erprobter, wie zum Beispiel die jahrtausendealte Traditionelle Chinesische Medizin (TCM), heißt es dazu in dem aktuellen Leitfaden "Alternative Heilmethoden" der Verbraucherzentrale Hamburg.

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Dazu zählen auch die Akupunktur und die inzwischen sehr weit verbreitete Homöopathie. "Vielleicht sollte der Begriff der ,alternativen Heilmethoden' etwas erweitert werden", meinen die Verbraucherschützer. In wissenschaftlichen Kreisen spreche man ohnehin von "Komplementärmedizin", also ergänzenden und erweiternden Therapien. Auch viele Ärzte sind über Heilmethoden wie Homöopathie oder Akupunktur informiert, vermitteln bei Bedarf einen Heilpraktiker oder fachkundigen Kollegen oder sie verfügen selbst über eine naturheilkundliche Zusatzqualifikation. Ganzheitlichkeit ist in diesem Zusammenhang ein viel verwendeter Begriff, nach dem der Mensch als komplexes System aus Körper, Seele, Geist und sozialer Umwelt betrachtet und behandelt wird. Vor allem die Aufmerksamkeit und Zeit, die Heilpraktiker dem Patienten widmen, wird positiv bewertet. So beginnt die klassische Behandlung meist mit einer Erstanamnese, einem bis zu dreistündigen Gespräch, in dem die medizinische Vorgeschichte und das aktuelle Befinden erfragt werden.

Da es keine einheitliche Ausbildung und nur wenige festgelegte Zertifikate für Heilpraktiker gibt, wissen viele nicht, woran sie sich orientieren können. Wer im Internet sucht, ist mit dieser Vielfalt oft erst einmal überfordert. Chelattherapie, Biophysikalische Informationstherapie, Mesotherapie - die Auswahl setzt schon gewisse Kenntnisse voraus. Hilfreich ist die Online-Datenbank vom Fachverband Deutscher Heilpraktiker vom Landesverband Hamburg auf www.heilpraktikerhamburg.de . Dort kann man nach Therapieschwerpunkten und nach Heilpraktikern in Wohnortnähe suchen. In Hamburg gibt es zwischen 1000 und 1500 Heilpraktiker, schätzt Verbandsvorsitzende Renate Rathmann. Etwa 700 davon sind Mitglied im Landesverband, bundesweit sind es etwa 7000.

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Dass der Markt an Heilmethoden unübersichtlich und kaum geregelt ist, spielt den Kritikern in die Hände; Wunder- und Geistheiler, die esoterisch verklärte Heilversprechungen machen oder wirkungslose Diät oder Anti-Age-Produkte verkaufen, schaden der gesamten Branche. Wer sich Heilpraktiker nennt, benötigt allerdings eine Erlaubnis vom Gesundheitsamt. Dazu müssen bei der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV) eine schriftliche und eine mündliche Prüfung abgelegt werden.

Die Stiftung Warentest kam in ihrem letzten Heilpraktiker-Bericht 2008 zu einem überwiegend positiven Ergebnis. So fühlten sich die Testpatienten meist ernst genommen und würden auch künftig wieder Heilpraktiker konsultieren. Allerdings werde bisweilen zu Anfang auch zu viel versprochen, kritisierten die Tester. Die Therapiedauer und die Kosten sollten zu Beginn besprochen werden, denn mit einem Besuch ist es in der Regel nicht getan. "Informieren Sie sich genau, und holen Sie eventuell eine Zweitmeinung ein", rät Stiftung Warentest. Und weiter: "Lassen Sie sich bei ernsten, gefährlichen Krankheiten vom Arzt behandeln, nicht ausschließlich vom Heilpraktiker." Bei Marcus Moisburger begann die Behandlung ebenfalls klassisch mit einer etwa zweistündigen Anamnese, einer ausführlichen Befragung, und einer körperlichen Untersuchung. "Das wissen die wenigsten, dass wir auch körperlich untersuchen", sagt Naunin. Als langjährige OP-Schwester kommt die 62-Jährige aus der klassischen Medizin. Ihre dreijährige Ausbildung absolvierte sie an der Arcana-Heilpraktikerschule in Hamburg, an der sie auch heute noch als Dozentin für Homöopathie lehrt.

Buchhalter Marcus Moisburger hat inzwischen wieder den Durchblick. "Keine Schwellung, keine roten Augen mehr - und das seit fast einem Jahr."

Verbraucherzentrale, telefonische Patientenberatung: 040/24 83 22 30 (Mo-Fr, 11-13 Uhr). Die Broschüre "Alternative Heilmethoden - Was Sie vor Beginn der Behandlung wissen sollten" ist für 1,80 Euro bei der Verbraucherzentrale Hamburg, Kirchenallee 22, erhältlich. Tel. 040/24 83 21 32. www.vzhh.de

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