Beim Finanzamt jetzt Ausgaben geltend machen. Experten-Tipps zu Freibeträgen, Werbungskosten und Abschreibungen.

Ewald H. sorgt sich, ob mit seiner ersten Gehaltsabrechnung im neuen Jahr auch alles glattgeht. "Da bin ich doch sehr skeptisch, ob alle Freibeträge vom Arbeitgeber berücksichtigt werden können, weil mir niemand dazu genau Auskunft geben kann", sagt er. "Mit dieser Sorge ist er nicht allein", bestätigt Uwe Rauhöft vom Neuen Verband der Lohnsteuerhilfevereine.

Denn schon jetzt sei klar, dass die Unternehmen nicht auf die zentrale Datenbank mit den Angaben zu den rund 41 Millionen Steuerpflichtigen zugreifen können. Dort sollten die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) wie Steuerklasse und Freibeträge zentral gespeichert werden. Der Start der elektronischen Lohnsteuerkarte wurde wegen technischer Probleme um ein Jahr verschoben, bestätigt ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums. "Die erneute Verschiebung ist ein Armutszeugnis", sagt Anita Käding vom Bund der Steuerzahler.

Das bedeutet, die für 2010 letztmalig ausgestellte Lohnsteuerkarte kann noch immer gültig sein - oder eine vom Finanzamt ausgestellte Ersatzbescheinigung für das Jahr 2011. Der Arbeitgeber kann auf diese Daten zurückgreifen und sie für die Gehaltsabrechnung im Januar verwenden. "Wenn sich die auf der Lohnsteuerkarte 2010 beziehungsweise der Ersatzbescheinigung 2011 eingetragenen Lohnsteuerabzugsmerkmale im Jahr 2012 nicht ändern, müssen Arbeitnehmer nichts Weiteres veranlassen", sagt Peter Kauth vom Internetratgeber Steuerrat 24. "Die Eintragungen gelten unverändert für das Jahr 2012 fort."

Doch es gibt viele Dinge, die sich verändern können. "Bei einigen ist der Steuerzahler auch verpflichtet, Änderungen seinem Finanzamt zu melden", sagt Kauth. Zu den Veränderungen, die mitgeteilt werden müssen, zählen etwa, wenn die Voraussetzungen für die Steuerklasse III weggefallen sind, weil die Ehe geschieden wurde, oder die Zahl der Kinderfreibeträge zu hoch ist. Es geht also um Eintragungen, die dazu führen würden, dass dem Arbeitnehmer eine zu geringe Lohnsteuer berechnet wird. "Im ungünstigsten Fall können dann bei der Einkommenssteuerveranlagung sogar Nachzahlungszinsen erhoben werden", warnt Kauth.

Treffen eine oder mehrere der Daten für den Lohnsteuerabzug nicht mehr zu, müssen Arbeitnehmer beim zuständigen Finanzamt eine Änderung beantragen. "Der Arbeitnehmer erhält dann vom Finanzamt einen Ausdruck der ELStAM-Daten oder eine Ersatzbescheinigung, die er dem Arbeitgeber vorlegen muss", sagt Rauhöft.

Eine Änderung der Lohnsteuerabzugsmerkmale kann der Arbeitnehmer auch aus eigenem Interesse beantragen, zum Beispiel um sich einen Freibetrag eintragen zu lassen. Dieser Freibetrag reduziert dann die zu zahlende Lohnsteuer, es gibt also sofort mehr netto vom Brutto. So vermeidet man, dass zu viel gezahlte Steuern erst mit der Einkommenssteuererklärung erstattet werden. Dazu muss ein Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung beim Finanzamt gestellt werden.

"Berücksichtigt werden fast alle Ausgabearten wie Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen, die voraussichtlich im Jahresverlauf anfallen", sagt Rauhöft. Da die Ausgaben erst entstehen werden, verlangt das Finanzamt keine Belege dafür. "Schummeln bringt nichts, denn in der Einkommenssteuerklärung wird genauer geprüft und exakt abgerechnet", sagt Kauth. Eintragungsfähig sind Aufwendungen dann, wenn sie 600 Euro im Jahr übersteigen. Bei Werbungskosten wird wegen des anzurechnenden Pauschbetrages von 1000 Euro nur der übersteigende Betrag berücksichtigt. Beträgt der Weg zur Arbeit 24 Kilometer, ist bei 230 Arbeitstagen jedoch bereits die Schwelle mit Werbungskosten von 1656 Euro überschritten. Weitere Ausgaben, die für den Job geltend ge-macht werden können: Computer, Gewerkschaftsbeiträge, Fachliteratur oder Fortbildungen. Als Sonderausgaben können Kinderbetreuungskosten vorab geltend gemacht werden (s. Infokasten unten).

Auch Handwerkerleistungen im Haushalt rechtfertigen einen Freibetrag. Denn hier können bis zu 1200 Euro direkt von der Steuerschuld abgezogen werden. Die Bemessungsgrundlage sind 20 Prozent der Arbeitskosten (ohne Material) bis maximal 6000 Euro. Zusätzlich können die Lohnkosten von haushaltsnahen Dienstleistungen abgesetzt werden. "Das sind 20 Prozent von maximal 20 000 Euro, also bis zu 4000 Euro", sagt Rauhöft. Dazu zählen Baumfällarbeiten, Gärtnerarbeiten, die Beschäftigung eines Kindermädchens oder einer Putzhilfe.

Außergewöhnliche Belastungen sind etwas schwieriger vorab geltend zu machen, weil es eine zumutbare Eigenbelastung gibt, die sich nach den Einkünften, dem Familienstand und der Zahl der Kinder richtet.

Verheiratete können wählen, auf welcher Steuerkarte der Freibetrag eingetragen wird. Die Aufwendungen der Partner lassen sich addieren, um den Mindestbetrag zu erreichen. "Wer sich einen Freibetrag auf der Steuerkarte eintragen lässt, ist für das betreffende Jahr zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet", sagt Rauhöft. Vom Finanzamt erhält der Arbeitnehmer dann einen Ausdruck der geänderten Lohnsteuerabzugsmerkmale, den er seinem Arbeitgeber vorlegt. Da die Finanzämter überlastet sind, weil sie viele Steuerdaten korrigieren müssen, muss der Arbeitnehmer Zeit einplanen.

Seit Oktober verschicken die Finanzämter Infobriefe über die elektronisch gespeicherten Daten für den Lohnsteuerabzug. Darin werden die Daten aufgelistet, die der Fiskus über sie gespeichert hat. Steuerpflichtige sollten das Schreiben genau überprüfen. "Denn viele Infobriefe waren teilweise fehlerhaft", sagt Rauhöft. Zwar können die Unternehmen ohnehin nicht auf diese falschen Daten zurückgreifen. Rauhöft rät dennoch, die Daten berichtigen zu lassen. Das Finanzamt trägt die Änderungen in die zentrale Datenbank ein. "Wichtig ist, dass sich der Arbeitnehmer einen Ausdruck der aktuellen Daten aushändigen lässt", sagt Rauhöft. Der kann dann beim Arbeitgeber abgegeben werden.

Der Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung kann im Internet unter www.formulare-bfinv.de ausgefüllt und ausgedruckt werden. Unter www.steuerkarte2012.de informiert der Bund der Steuerzahler über die Probleme mit der elektronischen Lohnsteuerkarte und bietet Musterbriefe für die Korrektur falscher Angaben an.