Gut gemachte Übersetzungen werden nicht als solche erkannt, sie vermitteln nämlich auch die fremde Kultur. Google hilft hierbei auch nicht immer.

Die Geschäftspartner aus England sitzen im Büro und warten auf den Beginn der Präsentation. Der deutsche Chef ruft hektisch: "Where is our beamer?" Unverständnis bei den Briten. Warum verlangt der Mann einen übers ganze Gesicht strahlenden Menschen? Als er den Beginn seiner Rede "Lassen Sie mich kurz und prägnant sein" mit "Let me be short and pregnant" übersetzt, wundern sich die Engländer noch mehr. Klein und schwanger möchte er sein? Am Abend wundert sich dann der Chef, der seine fußballverrückten ausländischen Partner zum "Public Viewing" einlädt, diese jedoch reserviert ablehnen. Denn er hat sie zur öffentlichen Aufbahrung eines Leichnams eingeladen.

Englisch ist in Deutschland nach Französisch und Spanisch die am häufigsten übersetzte Sprache. Gutes Englisch sei ausgesprochen anspruchsvoll, sagt Norma Kessler, Vizepräsidentin vom Bund der deutschen Übersetzer (BDÜ), der Profis für 80 Sprachen und 500 Fachgebiete anbietet. Braucht man aber wirklich für alle Belange gleich Übersetzer? Es finden sich doch etliche kostenlose Übersetzungsprogramme im Internet, die in Sekundenschnelle deren Job übernehmen können.

Wir machen den Test. "We Will Rock You", der berühmte Songtitel von Queen, wird weder von Babelfish, Leo, noch Linguee übersetzt. Allein Google Translate bietet "wir werden euch schaukeln" an. Bitte? Und bei einer einfachen Buchungsanfrage für eine Ferienwohnung vom Deutschen ins Spanische müssen die erstgenannten Programme wieder passen, auch hier liefert nur Google Translate ein akzeptables Ergebnis. Das Programm hat den Vorteil, nicht mit Algorithmen zu arbeiten sondern mit vorhandenen Sätzen, die bereits schon einmal in dieser Form geschrieben worden sind. Als Grundlage dienen hierzu unter anderem sämtliche in alle sechs Uno-Sprachen (Englisch, Französisch, Spanisch, Russisch, Arabisch, Chinesisch) übersetzten Schriftstücke. Macht Google Translate also wirklich den Übersetzer überflüssig?

Mitnichten, meint Norma Kessler. Solche Programme seien dafür geeignet, einen ganz groben Überblick über einen Text zu erhalten. Auch als Rechtschreibkontrolle für einfache Bürokorrespondenz sei das praktisch. Aber bereits für die Übersetzung von Handbüchern oder fachspezifischen Dokumentationen brauche man einen Menschen. Nicht zu unterschätzen sei auch die Gefahr, firmeninterne Dokumente bei einer kostenlosen Übersetzungsmaschine ins Internet zu stellen, da niemand wisse, wer vielleicht auf diese Dokumente zugreifen könne.

Einen seriösen Übersetzer erkennt man an seiner Ausbildung, seinen Referenzen, an persönlichen Empfehlungen wie auch an der Tatsache, dass er Fragen stellt. Behördliche Dokumente wie Geburtsurkunden und Zeugnisse sind weltweit unterschiedlich, philippinische sind zum Beispiel oftmals handschriftlich angefertigt und sehr schwierig zu entziffern. Deshalb ist auch die Frage nach den Kosten nicht pauschal zu beantworten. Die Übersetzung einer deutschen Geburtsurkunde kostet um die 100 Euro.

Je größer die kulturellen Unterschiede, desto stärker werden die Übersetzer hierbei auch zu Kulturvermittlern. Reines Übersetzen eines Textes ist oftmals nicht direkt möglich, da die landesüblichen Sitten und Auffassungen, die geschichtlichen Hintergründe und die gesellschaftlichen Kontexte immer im Auge behalten werden müssen. Das trifft nicht nur im Büroalltag bei der Kommunikation mit ausländischen Kunden zu, sondern in allen Fachgebieten, in denen sogenannte Metasprachen verwendet werden wie bei Ingenieuren, Medizinern oder Juristen.

Schwierig ist auch das Transferieren eines Werbeslogans in eine andere Sprache, erläutert Tina Berns, von der Agentur Wieners und Wieners in Ahrensburg. Es sei unmöglich, eine Werbeanzeige wortwörtlich in eine andere Sprache zu übersetzen. Die Agentur arbeitet deshalb mit muttersprachlichen Copywritern, die sich auch sicher in der Gesellschaft des jeweiligen Landes auskennen müssen. In den USA muss jede Veröffentlichung absolut politisch korrekt sein, fügt die Lektoratschefin der Agentur, Dr. Ariane Kossack, hinzu. Jede sprachliche Vermännlichung führe in den USA zu Ärger, was teilweise groteske Wortschöpfungen hervorbringe. Die eigentlich korrekte Wiedergabe von "Menschheit" mit "mankind" sei inzwischen verpönt, dafür spreche man jetzt von "humankind".

Gut gemachte Übersetzungen werden nicht als solche erkannt. 80 Prozent der Produktbeschreibungen, mit denen wir täglich zu tun haben, werden ins Deutsche oder aus dem Deutschen übersetzt. "Auch auf anderen Gebieten ist das Wissen um die kulturellen Unterschiede für einen Übersetzer absolut notwendig", sagt der Hamburger Deutschrusse Michail Tavonius, vereidigter Übersetzer der russischen Sprache, der sich auf das Übersetzen von Computerspielen spezialisiert hat. "Jedes Spiel muss benutzerfreundlich sein und dem jeweiligen Land angepasst werden", erklärt Tavonius. Der bekannteste Fall sei der eines Online-Rollenspiels, das während der Zeit der Kreuzzüge spielt und das auf den türkischen Markt gebracht werden sollte. Während in Westeuropa der Kreuzritter sehr beliebt war, hatte trotz gelungener Übersetzung dieser Charakter auf dem türkischen Markt keinen Erfolg. Erst als die Firma den Kreuzritter durch den Sarazenen ersetzte, verkaufte sich das Spiel hervorragend.

Eine andere Herausforderung für Übersetzer sind Comicserien, weil hier für Bewegungen der Figuren ("wosh") und Geräusche ("crack") ein deutsches Pendant gefunden werden muss. Marcel Le Comte, der seit 20 Jahren französische Comics ins Deutsche übersetzt, feilt lange an der perfekten Lautmalerei. "Crack" für das Geräusch von etwas Zerbrechendem passe einfach nicht, erklärt er. Das würde man hierzulande mit einer Droge assoziieren. Er spricht bei der Arbeit die französischen Wörter laut aus und sucht das entsprechende deutsche Wort. Am schwierigsten seien die ganz leisen bis unhörbaren Geräusche, einfacher die Ohrfeigen - da wird das "dusch" zum "dosch". Sonst wäre es eine Aufforderung zum Duschen.

Und wenn wir schon bei den richtigen Ausdrücken sind: Auf Englisch heißt der Beamer korrekterweise "data projector", "kurz und prägnant" heißt "in brief", und anstatt Public Viewing, schlägt man vor: "Let's go to watch the football match at the local pub." "We will rock you" ist eine eigene Sprachschöpfung von Freddy Mercury und lässt sich wohl mit "wir werden euch jetzt so richtig einheizen und zum Tanzen bringen", übersetzen.