Die Nikotinlieferanten sollen nur nach Prüfung und in Apotheken erhältlich sein. Verkauf im Internet oder Einzelhandel wäre ausgeschlossen. Erste Razzien bei Wuppertal.

Frankfurt/Berlin. E-Zigaretten sind seit einigen Monaten umstritten. Einige fordern, sie weiterhin frei in Kiosken uns Tabakfachgeschäften anzubieten, andere fordern ein Verbot wegen unvorhersehbarer Folgen. Nikotinhaltige Flüssigkeiten für E-Zigaretten sind nach Einschätzung der Bundesregierung ein Arzneimittel – und müssen daher zugelassen werden. Ohne diese Zulassung sind Verkauf und Handel der nikotinhaltigen Liquids verboten. Das geht aus einer am Mittwoch bekanntgewordenen Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hervor.

Bei einer Durchsuchungsaktionen in Schwelm bei Wuppertal sind erstmals E-Zigaretten beschlagnahmt worden. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt bestätigte einen Bericht des Onlineportals der „Bild“-Zeitung, wonach bei einem E-Zigaretten-Händler in Schwelm durchsucht wurde. Die „Bild“-Informationen, dass in Schwelm und im Raum Hannover rund 45.000 Fläschchen Aroma-Liquid beschlagnahmt wurden, bestätigte die Sprecherin nicht. Die zuständige Zollfahndung Hannover war für eine Stellungnahme bis Mittwochabend nicht zu erreichen.

Einen Anfangsverdacht gab es am Flughafen Frankfurt mit der Beschlagnahmung von 450 aus China importierten Fläschchen. Darauf basierte auch die Durchsuchung in Schwelm. Nach einer Entscheidung des Landgerichts Frankfurt sind nikotinhaltige Aromastoffe für E-Zigaretten als Arzneimittel einzustufen und dürfen deshalb nicht frei verkauft werden wie andere Genussmittel. Händlern, die die steuerfreien Nikotin-Produkte vertreiben, drohen laut Staatsanwaltschaft Haftstrafen bis zu einem Jahr.

In Deutschland sollen mittlerweile mehr als zwei Millionen Menschen E-Zigaretten konsumieren. Die EU-Kommission will noch in diesem Jahr prüfen, ob die nikotinhaltigen Aroma-Liquide als Arzneimittel eingestuft werden müssen. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hat im Zusammenhang mit E-Zigaretten nach eigenen Angaben bereits 30 Verfahren wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz eingeleitet.

Das Verbot gelte auch für den Internet-Handel. „Die betreffenden Produkte können, da der Versender mit dem Versand gegen das Arzneimittelgesetz (...) verstößt, sichergestellt und eingezogen werden“, heißt es in der Antwort. Laut „Bild.de“ wurden am Mittwoch bei zwei Razzien in Schwelm in Nordrhein-Westfalen und im Raum Hannover 45.000 Liquid-Fläschchen vom Zoll beschlagnahmt.

Der bloße Konsum von E-Zigaretten sei aber nicht verboten, erklärt die Bundesregierung in ihrer Antwort vom 27. Februar. Das kleine E-Zigaretten-Gerät – darüber wird mittels eines elektrischen Verneblers das Liquid verdampft und inhaliert – stuft die Regierung als Medizinprodukt ein, sofern man damit Nikotin einatmet. Die Liquids gibt es mit und ohne Nikotin.

Nach unterschiedlichen Herstellerangaben gibt es 1,2 Millionen bis 2 Millionen Konsumenten in Deutschland. Die rechtliche Lage ist undurchsichtig, die Einschätzung und Praxis der Bundesländern uneinheitlich. In Nordrhein-Westfalen oder Bayern sind E-Zigaretten verboten, in manchen Ländern nicht. Die Linken im Bundestag hatten eine rechtliche Klarstellung verlangt.

Das „Dampfen“ – also Konsumieren – ist laut Bundesregierung nicht verboten, allerdings nur eingeschränkt erlaubt nach den Vorgaben des Nichtraucherschutzgesetzes. Untersagt ist es an vielen Orten wie an Bahnhöfen oder in öffentlichen Verkehrsmitteln – und darüber hinaus je nach Ländergesetzen auch andernorts. NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) sieht sich in ihrem strikten Kurs gegen die E-Zigarette bestärkt: „Unsere Linie ist damit ein weiteres Mal klar bestätigt worden“, sagte ein Sprecher am Mittwoch.

Steffens hatte bereits Ende 2011 betont, dass keines der derzeit geschätzt mehreren hundert Liquid-Produkte zugelassen sei, der Vertrieb damit illegal. Belastbare Studien zu Langzeitfolgen des E-Zigaretten-Konsums gibt es noch nicht, schrieb jetzt auch die Bundesregierung, die zugleich vor den Risiken warnte: „Die Bundesregierung nimmt eine mögliche Gesundheitsgefährdung durch die seit einigen Jahren auf dem Markt befindlichen E-Zigaretten sehr ernst.“

Der inhalierte Dampf bestehe zu 90 Prozent aus Propylenglykol, das „akute Reizungen der oberen Atemwege und Augen“ auslösen könne sowie „Beeinträchtigungen der Atemfunktion.“ Und: „Nebenwirkungen wie Verengung der Atemwege konnten in einer aktuellen Studie bei E-Zigarettenrauchern bereits nach fünf Minuten nachgewiesen werden.“ Außerdem sei die E-Zigarette vor allem für Jugendliche ein Einstiegsprodukt.