Die richtigen Vollmachten können helfen, wenn Angehörige oder der Partner durch Krankheit oder Unfall nicht mehr ansprechbar sind.

Musik, Gläserklingen, Lachen und fröhliche Stimmung - beim 70. Geburtstag von Werner B. ist niemand auf das ernste Thema vorbereitet, als es plötzlich um Unfall und schwere Krankheit geht.

Was ist, wenn man nichts mehr selbst entscheiden und auch nicht seine Geldgeschäfte erledigen kann? "Das kann doch alles meine Ehefrau für mich regeln", meint Werner B., "oder unser Sohn." Das stimmt so nicht, hält sein Freund Erwin M. dagegen. Ein weiterer Gast, ein Notar, weiß Rat. Es sei ein weit verbreiteter Irrtum, dass nächste Verwandte und Ehepartner quasi automatisch entscheiden können, wenn man dazu nicht mehr in der Lage ist. Nicht nur für das Bankkonto, auch für sämtliche andere Lebensbereiche muss ein Vertreter eingesetzt werden, der sich mit einer Vollmacht ausweisen kann und somit für den von Unfall oder Krankheit Betroffenen handeln kann. Denn qua Gesetz gibt es zunächst niemanden, der automatisch einspringen darf. Also weder die Eltern, Kinder noch Ehegatten und erst recht nicht der unverheiratete Lebenspartner.

Sofern der Betroffene niemanden zum Vertreter für seine Rechtsgeschäfte bestimmt hat, muss vom Gericht ein gesetzlicher Vertreter bestellt werden. Dieser Betreuer trifft dann alle erforderlichen Entscheidungen, wie über Finanzen, Gesundheit und Wohnungsfragen. Zwar können - so die Verbraucherberater - auch Angehörige vom Gericht als Betreuer eingesetzt werden. Ein Betreuungsverfahren sei jedoch immer aufwendig und koste Zeit. Diese könnte der Bevollmächtigte bereits sinnvoll nutzen.

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Wer rechtzeitig vorsorgen möchte, kann verschiedene Verfügungen treffen: die Vorsorgevollmacht, die Betreuungsverfügung sowie die Patientenverfügung. Diese drei können getrennt oder auch kombiniert aufgesetzt werden. Sie gelten nur dann, wenn der Zustand, für den sie gedacht sind, eingetreten ist. Deshalb sei es wichtig, so Verbraucherberater Christoph Kranich, dass in der Vollmacht steht: "für den Fall, dass".

Die Vorsorgevollmacht - auch Generalvollmacht genannt - bevollmächtigt eine oder mehrere Vertrauenspersonen, zu entscheiden, wenn der Bevollmächtigende dies nicht mehr kann. Eine gesetzliche Betreuung erübrigt sich dann ganz oder teilweise.

Eine Betreuungsverfügung benennt dem Gericht eine Person, die, sofern eine gesetzliche Betreuung eingerichtet werden soll, diese Aufgaben übernehmen wird. Wenn nicht gravierende Gründe dagegen sprechen, berücksichtigt das Vormundschaftsgericht den Wunsch bei der Auswahl des Betreuers. Es ist jedoch nicht zwingend daran gebunden. Die Betreuungsverfügung kann Teil der Vorsorgevollmacht sein. Sie muss dem Vormundschaftsgericht umgehend ausgehändigt werden, wenn eine Betreuung eingerichtet werden soll.

Die Patientenverfügung richtet sich vor allem an die behandelnden Ärzte, um die gewünschte Art der Behandlung zu regeln, vor allem wenn diese vom medizinischen Standard abweicht. Die Patientenverfügung sollte alle zwei Jahre aktualisiert, das bedeutet erneut unterschrieben werden, sagt Christoph Kranich von der Verbraucherzentrale Hamburg. Sie muss nicht handschriftlich verfasst werden. Außerdem sei es hilfreich, wenn in der Verfügung der Angehörige steht, der bevollmächtigt wird und später auch gegenüber dem Arzt Ansprechpartner ist, um den Willen des Bevollmächtigenden durchzusetzen. Denn bei der Entscheidung über lebensverlängernde Maßnahmen darf ein Arzt sich nicht allein auf eine Patientenverfügung stützen. Laut Gesetz muss der Mediziner auch ein ausführliches Gespräch mit dem Bevollmächtigten des Patienten führen. Zudem ist es sinnvoll, wenn der Hausarzt die Patientenverfügung mit unterschreibt und bekundet, dass der Verfasser im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte war. Eine notarielle Beratung oder Beurkundung ist nicht erforderlich.

Die Vollmachten sollten an einem sicheren, aber zugänglichen Ort aufbewahrt werden, das kann ein Ordner zu Hause sein. Ferner sei eine Karte im Portemonnaie sinnvoll, die auf die Existenz einer Patientenverfügung hinweist. Derlei Verfügungen abzufassen sei nicht zwingend notwendig, aber sinnvoll, sofern bestimmte Behandlungen ausgeschlossen werden sollen, sagt Kranich. "Wir raten, über diese Themen in der Familie zu sprechen und möglichst persönliche Erlebnisse in die Verfügungen zu schreiben. Diese machen die Motive deutlich. Von generellen Aussagen wie Angst vor der Gerätemedizin raten wir ab."