Behörden erarbeiten Konzept für eine altersgerechte Stadt

Eimsbüttel. Das Ehepaar kommt jede Woche. Kurz bevor die Gymnastikstunde im Seniorentreff des Roten Kreuzes an der Monetastraße startet, zieht der Mann sein Jackett aus und hängt es über den Stuhl. Dann gehen er und seine Frau ans Werk. Vorsichtige Armbewegungen, ein paar Rückenübungen. Dabei wird geplaudert, gelacht. Und am Ende gibt's Kaffee.

Klaus Steffen lehnt sich ein wenig zurück, während er die Geschichte erzählt. Der Leiter der Servicestelle Ehrenamt des DRK-Kreisverbands Eimsbüttel erlebt jeden Tag, wie aktiv die Generation 60plus ist. "Manche gehen sogar regelmäßig ins Fitnessstudio und trainieren zusammen mit Sportlern, die ihre Enkel sein könnten."

Alt werden ist in einer Millionenmetropole wie Hamburg Alltag. Derzeit lebten in der Hansestadt rund 421 000 Menschen, die älter als 60 Jahre sind, schreibt die Gesundheitsbehörde in einem Papier über das "Älter werden in Hamburg". Das heißt, fast jeder vierte Einwohner Hamburgs dürfte umgangssprachlich als Senior durchgehen.

Prognosen sagen, dass sich das in den kommenden zwei, drei Jahrzehnten deutlich ändern wird. Spätestens im Jahr 2030 wird jeder dritte Hamburger älter als 60 Jahre sein. Modellrechnungen zufolge wird bis 2025 die Zahl der Erwerbstätigen im Alter zwischen 50 und 65 Jahren um 27 Prozent auf 377 000 steigen.

Hamburgs Behörden haben den Ernst der Situation erkannt und unter Federführung der Gesundheitsbehörde eine fast 80 Seiten umfassende Bestandsaufnahme erstellt. Das Papier, das erste seiner Art, beschreibt nüchtern den Istzustand und dürfte mit der Auflistung der Aufgaben ("Handlungsfelder") der erste Schritt zu einem Demografiekonzept sein.

"Entscheidend ist dabei, dass ein Konzept vom Älterwerden in der Stadt sich stets an den Gegebenheiten des Stadtteils ausrichtet", sagt Oberbaudirektor Jörn Walter. "Eine 08/15-Lösung für ganz Hamburg funktioniert nicht." So müsse beispielsweise öffentlicher Personen- und Nahverkehr in den Randbezirken anders organisiert werden als in Eimsbüttel.

Das Behördenpapier macht klar, woran es der Stadt mangelt. Es fehlen "Servicewohnungen", in denen Mieter eigenständig leben und ambulante Hilfsleistungen hinzubuchen können. Interessenten müssten auf so eine Wohnung teilweise bis zu zehn Jahre warten, sagt Klaus Steffen. Angelika Christ vom Paritätischen Wohlfahrtsverband, spricht von einem "Modell für eine gewisse Selbstständigkeit".

Altenheime werden vermehrt zur (unausweichlichen) Alternative, wenn Pflege daheim nicht mehr geleistet werden kann. Vor nicht allzu langer Zeit seien die Senioren noch zehn Jahre früher in ein Heim gezogen, sagt Angelika Christ. Heute sei stationäre Unterbringung oft der letzte Schritt. Die Folge: "Pflegeheimbewohner sind oft sehr alt und sehr pflegebedürftig", sagt Christ.

Die Stadt will den zugesagten Bau von jährlich 6000 Wohnungen nun auch nutzen, älteren Menschen ein selbstbestimmtes Leben in der eigenen Wohnung zu ermöglichen, sagt Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks. Derzeit gibt Hamburg für den Umbau von Wohnungen jährlich 1,69 Millionen Euro aus. Diese Summe wird jährlich um zwei Prozent, dem sogenannten Inflationsausgleich, erhöht.

Mit Geld soll auch der Mangel an Fachkräften behoben werden. In Hamburg werden jährlich rund 500 Pflegerinnen und Pfleger ausgebildet, sagt Christ. Die Gesundheitsbehörde geht davon aus, dass 2020 rund 1100 pro Jahr benötigt werden. Daher sei jetzt eine Umlage für die Ausbildung von Pflegefachkräften im Gespräch, sagt Christ. Alle Pflegeunternehmen würden in eine Kasse einzahlen und das Geld dann jenen Betrieben zur Verfügung gestellt, die ausbilden.

Oberbaudirektor Jörn Walter verweist auf die Magnetwirkung von Großstädten wie Hamburg. Künftig würden vermehrt Menschen, wenn sie das Rentenalter erreicht haben, wieder in die Metropolen zurückkehren. "Wir erleben heute schon eine Rückbewegung von zahlreichen Senioren in die Stadt", sagt er.