Zum ersten Mal beschloss die Kommission Sanktionen gegen ein Land, das die europäischen Spielregeln verletzt.

Brüssel/Hamburg. Bulgarien muss wegen staatlichen Missmanagements und Vetternwirtschaft auf rund 500 Millionen Euro Fördergelder der Europäischen Union (EU) verzichten. Der Kampf gegen Korruption auf höchster staatlicher Ebene und organisiertes Verbrechen komme in dem 2007 aufgenommenen EU-Land nicht voran, erklärte die EU-Kommission gestern in Brüssel. Noch nicht ausgezahlte Hilfsgelder würden auf Eis gelegt, sagte EU-Kommissionssprecher Johannes Laitenberger.

Auch Rumänien ermahnte die Kommission, weil es nicht genug gegen Korruption unternehme. Doch sei die Lage hier anders als in Bulgarien. Deshalb wird das Schwarzmeerland nicht bestraft.

Die Kommission beschloss damit erstmals Sanktionen gegen ein Land, das die Spielregeln der EU grundlegend verletzt. Diese Schutzklauseln betreffen die Verwaltung von EU-Geldern, das Justizsystem sowie die Nahrungsmittelsicherheit und waren vor der Aufnahme von Bulgarien und Rumänien in die EU am 1. Januar 2007 vereinbart worden.

Die Kommission entzog außerdem zwei bulgarischen Regierungsagenturen die Akkreditierung. Das bedeutet, dass rund 250 Millionen Euro nicht ausgezahlt werden, mit denen der Aufbau von Institutionen unterstützt werden sollte. Außerdem wurden 115 Millionen Euro aus einem vor allem für Straßenbau bestimmten Fonds auf Eis gelegt. 121 Millionen Euro für die Landwirtschaft werden ebenfalls bis auf Weiteres nicht überwiesen.

In dem Kommissionsbericht heißt es, trotz wiederholter Warnungen gebe es "keinerlei Fortschritte" in der Bekämpfung von Korruption, Vetternwirtschaft und organisierter Kriminalität durch die seit 2005 amtierende Regierung des sozialistischen Ministerpräsidenten Sergej Stanischew. Bulgarien müsse dafür sorgen, dass "die großzügige Unterstützung, die es von der EU bekommt, tatsächlich die Bürger erreicht und nicht von korrupten Beamten vereinnahmt wird".

In dem Kommissionspapier wird auch auf einen Bericht der EU-Betrugsbekämpfungsbehörde (OLAF) Bezug genommen. Diese hatte festgestellt, es gebe "einflussreiche Kreise" in der bulgarischen Regierung, die Kriminelle schützten. So habe ein mafiöses Netzwerk von 50 Firmen, das von zwei Geschäftsleuten mit angeblich besten Beziehungen zu höchsten Politikern geleitet wurde, bei Agrarzahlungen allein 32 Millionen Euro aus der EU-Kasse abgezweigt.

Um Abhilfe zu schaffen, hat Bulgarien vor Kurzem Meglena Plugtschieva zur obersten Korruptions-Bekämpferin ernannt. Die Vize-Regierungschefin war zuvor Botschafterin in Berlin.

Der Hamburger Europa-Abgeordnete Georg Jarzembowski (CDU) stimmt der EU-Kommission zu: "Es ist im Interesse der Steuerzahler, nicht hinzunehmen, dass Fördermittel der EU in einem Mitgliedsstaat falsch oder auch nur nicht nachvollziehbar ausgegeben und somit letztlich veruntreut werden", sagte der Politiker dem Abendblatt.