Hamburg/Helsinki. Ihre Landsleute nennen sie die "rote Tarja", und das nicht nur wegen ihrer Haarfarbe. Sie ist Pazifistin, aber qua Amt Oberbefehlshaberin der Streitkräfte: Finnlands Staatspräsidentin Tarja Halonen steht für ihre Positionen ein und ist deshalb in ihrer Heimat beliebt. Beim 819. Hafengeburtstag ist sie am Wochenende Ehrengast in Hamburg.

Zusammen mit Bürgermeister Ole von Beust eröffnet Halonen am Freitag das Fest. Bereits einen Tag zuvor spricht sie beim Überseetag im Hotel Atlantic über die Ostsee-Kooperation.

Zum ersten Mal reiste Halonen als junges Mädchen nach Hamburg. "Ich war wohl 20 und erinnere mich noch gut an Hagenbecks Tierpark", erzählt die Präsidentin dem Abendblatt bei einem Gespräch in Helsinki. Auch andere Dinge sah sie in der Hansestadt, "aber darüber spreche ich nicht", sagt Halonen und lacht.

Aus heutiger Sicht geht es vor allem um den Hafen. Finnland ist sein drittwichtigstes Partnerland, 819 Hamburger Firmen haben Handelsbeziehungen zu dem Land. Vor allem chemische Produkte, Maschinen und Metallprodukte gehen zwischen Elbe und Ostsee hin und her.

Halonen hält im Übrigen ganz Norddeutschland für wichtig. "Wir gehören zu einem gemeinsamen Wirtschafts- und Kulturraum." Deshalb liegt der Präsidentin auch die Zusammenarbeit der Ostsee-Anrainer sehr am Herzen. "Diese Kooperation bindet Russland mit ein, das funktioniert sehr gut."

Auch wenn Finnlands Image in Deutschland durch die Krise um Nokia beschädigt wurde, bezeichnet Halonen die Beziehungen beider Länder zueinander als "alt, stark, belastbar und gedeihlich". Nicht nur aus ökonomischen, sondern auch historischen Gründen. "Denken Sie dran, dass wir vom Glauben her Lutheraner sind."

Die 64-Jährige charakterisiert sich selbst als typisch finnisch - "optimistisch und pragmatisch". Halonen kommt aus bescheidenen Verhältnissen. Ihr Vater war Bauarbeiter, die Mutter Krankenpflegerin. Aber die Sozialdemokratin biss sich durch. Nach dem Jurastudium arbeitete sie viele Jahre als Anwältin des finnischen Gewerkschaftsbundes, diente ihrem Land als Außenministerin und wurde im Jahr 2000 als erste Frau zur Präsidentin gewählt. 2006 schenkten die Finnen ihr noch einmal Vertrauen.

Und die Staatschefin hat alle Chancen genutzt, Finnland zu modernisieren. "Wir haben jetzt die sehr wichtige Schwelle überschritten, was die Akzeptanz von Frauen in der Politik angeht." Beweis: In der finnischen Regierung sitzen zwölf Frauen und acht Männer. Im Wirtschaftsleben dagegen tut Finnland sich mit Frauen in Führungspositionen genauso schwer wie andere europäische Staaten.

Halonen selbst haben Konventionen lange nicht sonderlich beeindruckt. Sie zog ihre heute 30 Jahre alte Tochter Anna allein groß und heiratete erst im Jahre 2000 nach 15 Jahren wilder Ehe ihren Lebensgefährten, den Juristen Pentti Arajärvi.

Im Volk heißt es, die Präsidentin sei "eine von uns". Aus Sympathie wird sie deshalb häufig als Mumin-Mama abgebildet. Die rundlichen, weißen nilpferdähnlichen Mumin-Figuren der Schriftstellerin Tove Jansson sind in Finnland sehr bekannt. Und die Mama hat immer eine große Handtasche bei sich - wie Tarja Halonen.

Auch wenn die Präsidentin noch weitere vier Jahre im Amt bleibt, hat doch in Finnland schon die Diskussion über die Zeit nach Halonen begonnen. So ist die Staatschefin strikt gegen eine Nato-Mitgliedschaft ihres Landes. Die sei "nicht notwendig, um Finnlands Sicherheit zu garantieren". Die EU-Mitgliedschaft und eine enge Zusammenarbeit mit der Nato seien eine gute Lösung, so Halonen.

In der finnischen Regierung dagegen gibt es immer mal wieder Überlegungen, ob eine Nato-Mitgliedschaft des Landes nicht doch mittlerweile angezeigt sei. Denn Russland wird nicht nur als guter Nachbar, sondern auch als Bedrohung gesehen. Ausgerechnet in Washington verkündete der finnische Verteidigungsminister Jyri Häkämies Anfang September 2007, man habe drei Herausforderungen in der Sicherheitspolitik zu bewältigen: "Russland, Russland und Russland."

Ebenfalls in der Diskussion sind die außenpolitischen Befugnisse des finnischen Staatsoberhauptes. Halonen ist laut Verfassung "gemeinsam mit der Regierung" zuständig für die Außenpolitik. Das führt dazu, dass Finnland bei internationalen Zusammenkünften wie EU- oder Nato-Gipfeln mit drei Teilnehmern aufläuft: Präsidentin, Regierungschef und Außenminister. Kritiker finden das zu üppig für ein Fünf-Millionen-Einwohner-Land und fordern auch hier eine Verfassungsänderung, die rechtzeitig vor den nächsten Präsidentschaftswahlen in Kraft treten sollte.

Bis dahin wird Tarja Halonen ihr Land entsprechend ihrer Befugnisse würdig vertreten - auch beim 819. Hafengeburtstag in Hamburg.