Hamburg/Genf. Der Hamburger Physiker Wolf-Dieter Heuer wird Generaldirektor des größten Forschungszentrums der Welt für Teilchenphysik, dem Cern. Das teilte das europäische Forschungszentrum, das nahe Genf liegt, am Freitag mit. Heuer, noch Forschungsdirektor des Deutschen Elektronen-Synchrotron (Desy) in Hamburg-Bahrenfeld, wurde von den Vertretern der 20 Mitgliedsländer einstimmig gewählt. Er tritt am 1. Januar 2009 sein Amt an.

"Ich gratuliere Professor Heuer sehr herzlich zu der Wahl", sagte Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU). Glückwünsche sendete auch Uni-Präsidentin Monika Auweter-Kurtz. "Dass ein Mitglied der Universität Hamburg an das weltweit führende Labor der Teilchenphysik berufen wird, ist eine große Ehre für uns." Auch wenn Heuer Hamburg erst Ende 2008 verlassen wird, wird er schon im kommenden Jahr so viel in Genf sein, "dass meine Frau und ich uns eine Bleibe suchen werden", sagte ein vor Freude strahlender Heuer dem Abendblatt. Denn am Cern entsteht der modernste Teilchenbeschleuniger der Welt, der LHC (Large Hadron Collider). Der Ringbeschleuniger, in dem Teilchen fast mit Lichtgeschwindigkeit aufeinanderprallen werden, soll 2008 in Betrieb gehen. Er soll "erzählen", was Sekunden nach dem Urknall geschah.

Das 1954 von zwölf europäischen Staaten gegründete Forschungszentrum lieferte bereits bahnbrechende Erkenntnisse über das All oder die Teilchen, und es bereicherte unseren Alltag. So sorgten die Cern-Forscher dafür, dass auch Laien das Internet nutzen können, entwickelten neue Krebstherapien oder die bildgebenden Verfahren in der Medizin. Heute hat der Cern, der von 20 europäischen Länder getragen wird, 2600 Mitarbeiter und einen Haushalt von rund einer Milliarde Schweizer Franken. 8000 Wissenschaftler aus 85 Ländern der Erde sind dort ständig zu Gast. Teilchenphysiker, Biologen, Ingenieure, Techniker, Mathematiker, Handwerker, Meteorologen, Kryotechniker, Sekretäre oder Chemiker - für mehr als 10 000 Menschen ist der Cern der Arbeitsplatz, für einige auch der Lebensmittelpunkt.

Das wird der Cern - das Kunstwort steht für "Conseil Europeen pour la Recherche Nucleaire" - bis 2014 auch für Heuer sein. Er möchte das wissenschaftliche Profil des Forschungszentrums, das mit seinen Bürogebäuden und Fabrikhallen eher wie ein großer Industriebetrieb aussieht, schärfen. Dafür wird er viele Gespräche führen. "Wer gestalten will, muss jedem Mitarbeiter die Chance geben, seine Meinung zu sagen", sagt Heuer, der im Ruf steht, dass er allen Menschen mit dem gleichen Respekt begegnet. Desy-Chef Wagner bedauert denn auch bei aller Freude seinen Weggang "Es wird schwer werden, jemanden zu finden, der in seine Fußstapfen treten kann."