Mit der Wahl des CDU-Politikers Hans-Gert Pöttering zum EU-Parlamentspräsidenten steht erstmals seit zehn Jahren wieder ein Deutscher an der Spitze des Abgeordnetenhauses. Der 61-Jährige erhielt bei der Abstimmung gestern in Straßburg 450 der 685 gültigen Stimmen.

Pötterings Wahl war wegen einer Absprache von Europäischer Volkspartei (EVP) und Sozialdemokraten (SPE) als den beiden größten Fraktionen erwartet worden. Er setzte sich gegen die italienische Grüne Monica Frassoni (145 Stimmen), den französischen Kommunisten Francis Wurtz (48 Stimmen) und den dänischen EU-Skeptiker Jens Peter Bonde (46 Stimmen) durch.

Bundeskanzlerin Angela Merkel beglückwünschte den CDU-Politiker, der als Mann des Ausgleichs gilt. Der Hamburger EU-Abgeordnete Georg Jarzembowski nannte Pöttering einen "überzeugten, kompetenten Europäer". Martin Schulz, Fraktionsvorsitzender der SPE, bezeichnete den EU-Politiker als "würdigen Repräsentanten des Europäischen Parlaments, der diplomatisch und politisch erfahren ist und damit auch die Fähigkeit hat, das sehr heterogene Parlament zu führen".

Als erster interner Konflikt steht Pöttering die Auseinandersetzung über den Umgang mit der neuen Rechts-Fraktion "Identität, Tradition und Souveränität" bevor. Sie konnte sich bilden, weil mit den Abgeordneten aus den neuen Mitgliedstaaten Bulgarien und Rumänien auch sechs Politiker der extremen Rechten ins Parlament einzogen. Damit wurde die Mindeststärke von 20 Abgeordneten aus sechs Ländern knapp erreicht.

Die Sozialdemokraten haben zu einem Bündnis der anderen Parteien gegen die Rechts-Fraktion unter Leitung des französischen Front-National-Politikers Bruno Gollnisch aufgerufen. Ihr gehören weitere rechte und rechtsextreme Gruppen wie etwa der belgische Vlaams Belang an. Mit dem Fraktionsstatus stehen den Rechten mehr Geld und theoretisch zwei Posten als stellvertretende Ausschussvorsitzende zu. Zur Forderung der Sozialdemokraten, der Gruppe keine wichtigen Posten zukommen zu lassen, lehnte Pöttering eine Stellungnahme ab.