Berlin. Auf pro-palästinensischen Demos wird oft „vom Fluss bis zum Meer“ skandiert. Ein Politologe fragte, ob die Leute wissen, was sie rufen.

Ron E. Hassner stellt eine einfache Frage. Das sind oft die schwierigsten. Von welchem Fluss? Und zu welchem Meer eigentlich? So kam man sich auch der Parole nähern, die weltweit die Gemüter erregt und in Deutschland sogar unter Strafe steht. Die Rede ist vom Ruf, der tausendfach auf pro-palästinensischen Kundgebungen ertönt. Er lautet „From the river to the sea, Palestine will be free“.

Kenntnisse über Geografie helfen, fast jeden Krieg besser zu verstehen. Ein wirklich lehrreiches Buch heißt „Die Macht der Geographie“. Es könnte von Hassner sein, dem renommierten Politologen an der berühmten kalifornischen Universität von Berkeley.

Nachdem gerade viele College-Studentinnen und Studenten sich den Spruch zu eigen gemacht haben, gab Hasssner bei einem Institut eine Umfrage in Auftrag. Die Demoskopen sollten 250 junge Leute nach der Parole befragen, die 86 Prozent von ihnen bejaht hatten.

Welcher Fluss? Der Nil vielleicht?

Über die Ergebnisse hat er jetzt im „Wall Street Journal“ berichtet. Sie sind ein erschütterndes Zeugnis von Ignoranz. Die Studenten haben einen Slogan skandiert, ohne in Wahrheit überhaupt zu wissen, worum es geht. Wohlgemerkt: Studenten.

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Nur 47 Prozent der Lernenden, die den Slogan befürworten, konnten den Fluss und das Meer benennen, so Hassner. Einige tippten auf den Nil, den Euphrat, die Karibik oder das Tote Meer (ein See).

Weniger als ein Viertel wusste, wer Jassir Arafat war. Einige hielten den verstorbenen palästinensischen Präsidenten für den ersten Premierminister Israels. Mehr als ein Viertel bezweifelte, dass das Oslo-Friedensabkommen je unterzeichnet worden sei.

Wenn Dummheit gefährlich wird

Das Ergebnis bestätigte eine alte Studie – auch aus Berkeley –, wonach Studenten, die sich am meisten um Palästinenser sorgen, kaum die Fakten kennen. Hassner schreibt, Dummheit sei keine Schande – es sei denn, jemand fordere singend den Genozid. Denn darum geht es.

Die bald 60 Jahre alte Parole geht auf die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) zurück. Sie forderte einen Staat, der sich vom Jordan bis zum Mittelmeer erstreckt. Das umschließt das gesamte israelische Territorium. Wer fragt, was mit den Jüdinnen und Juden dort geschieht?

Ist der Slogan ein Aufruf zum Völkermord?

Etwa 66 Prozent der Studenten zogen in der Umfrage übrigens ihre Unterstützung der Losung zurück – nachdem sie ein paar grundlegende Informationen über Fluss, Land und Meer erhalten hatten. Ob das Ergebnis der Umfrage in Deutschland grundlegend anders ausgefallen wäre?

In Amerika musste sich Harvard-Präsidentin Claudine Gay kritischen Fragen stellen. Am Samstag trat nun die Präsidentin der Penn-University, Liz Magill, zurück. Sie mussten sich fragen, ob der Spruch nicht ein Aufruf zum Völkermord ist und ob Toleranz nicht auch ihre Grenzen hat.