Berlin. Große Sorge um die Demokratie: Breites Medien-Bündnis will mit einem „Jahr der Nachricht“ Jugendliche für guten Journalismus gewinnen.

Was ist die Basis für eine stabile Demokratie? Zuallererst: Gut informierte Wählerinnen und Wähler. Immun gegen Fake News, unempfänglich für Desinformation und souverän im Umgang mit sozialen Medien. Doch diese Basis ist akut in Gefahr. Experten warnen vor einer zunehmenden Entfremdung zwischen seriösen Nachrichtenmedien und immer größeren Teilen der Wählerschaft. Lässt sich der Trend im wichtigen Wahljahr 2024 umkehren?

Mit einem „Jahr der Nachricht“ wollen die Partner der Medien-Initiative #UseTheNews auf die Bedeutung von vertrauenswürdigen Informationen aufmerksam machen und vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen für einen sicheren Umgang mit Nachrichten werben. Geplant sind eine Kampagne unter dem Slogan „Nachrichten, die stimmen statt Stimmung machen“, Kooperationsprojekte zwischen Schulen und Redaktionen, Newscamps für Schülerinnen und Schüler sowie ein tägliches Nachrichtenformat für Social-Media-Kanäle, das von jungen Journalistinnen und Journalisten für die eigene Altersgruppe produziert wird. Initiiert wurde die Initiative von der Deutschen Presse-Agentur (dpa) und der Hamburger Behörde für Kultur und Medien.

Julia Becker, Aufsichtsratsvorsitzende der FUNKE Mediengruppe, ist Mitglied im Kuratorium der Initiative #UseTheNews.
Julia Becker, Aufsichtsratsvorsitzende der FUNKE Mediengruppe, ist Mitglied im Kuratorium der Initiative #UseTheNews. © FMG | FMG

Julia Becker: Zeigen, wie wichtig zuverlässig recherchierte Nachrichten für das Zusammenleben sind

„Im Jahr der Nachricht wollen wir erfahrbar machen, wie wichtig zuverlässig recherchierte, der Wahrheit verpflichtete Nachrichten für unser Zusammenleben sind“, sagte Julia Becker, Aufsichtsratsvorsitzende der FUNKE Mediengruppe, zu der auch diese Redaktion gehört, zum Auftakt des Projekts. Becker ist Mitglied im Kuratorium der Initiative. Desinformation und Fake News, gewaltsame Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten, aber auch der wirtschaftliche Druck auf unabhängige Medien – all das gefährde die Presse- und Meinungsfreiheit.

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Hinzu kommt eine alarmierende Entwicklung: Das Interesse an Nachrichten ist bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen seit Jahren rückläufig, auch das Vertrauen in Nachrichten geht zurück. Eine neue Studie des Leibniz-Instituts für Medienforschung kommt zu dem Ergebnis, dass heute jeder Dritte im Alter zwischen 14 und 24 Jahren Nachrichten allenfalls noch passiv, zufällig oder nebenbei wahrnimmt. Interesse am politischen Weltgeschehen? Fehlanzeige. Stattdessen beklagen viele, dass sie die Berichterstattung nicht verstünden, ihnen der Bezug zum eigenen Leben fehle. Diese Gruppe, so die Forschenden, könne nur noch mit erheblichem Aufwand und mit besonders niedrigschwelligen Angeboten erreicht werden.

Startschuss für das „Jahr der Nachricht“: Hamburgs Kultur-Staatsrätin Almut Möller,  Leonie Wunderlich vom Leibniz-Institut für Medienforschung, ARD-Vorsitzender Kai Gniffke, Peter Kropsch (dpa), Tobias Korenke (FUNKE Mediengruppe) und Dietrich Wolf Fenner vom Museum für Kommunikation (von links).
Startschuss für das „Jahr der Nachricht“: Hamburgs Kultur-Staatsrätin Almut Möller, Leonie Wunderlich vom Leibniz-Institut für Medienforschung, ARD-Vorsitzender Kai Gniffke, Peter Kropsch (dpa), Tobias Korenke (FUNKE Mediengruppe) und Dietrich Wolf Fenner vom Museum für Kommunikation (von links). © Das Jahr der Nachricht | Reto Klar

Lehrerinnen und Lehrer sollen Unterrichtsmaterial und Fortbildungen bekommen

Hinter dem „Jahr der Nachricht“ steht eine breite Allianz von privaten und öffentlichen Partnern. Neben Sendern und Verlagshäusern sind auch Verlegerverbände, Landesmedienanstalten sowie die Bundeszentrale für Politische Bildung an Bord. Wissenschaftlich begleitet wird das Bündnis von Journalismus-Experten der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW Hamburg). Ein Ziel ist es dabei, Unterrichtsmaterialien und Fortbildungen für Lehrkräfte zu entwickeln, um die Vermittlung von Nachrichtenkompetenz in Schulen zu stärken.

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Die größte Gefahr für die Demokratie sei die zunehmende Unfähigkeit, Wirklichkeit und Fiktion zu unterscheiden, mahnte Kai Gniffke, SWR-Intendant, ARD-Vorsitzender und Kuratoriumsmitglied von #UseTheNews. „Das untergräbt das Vertrauen, dafür müssen wir uns fit machen.“