Berlin. Nach dem Thüringer Votum schreien die Kritiker auf. Dabei liegt der Triumph der Rechten am Totalversagen aller Parteien im Landtag.

Tabubruch“, „Sündenfall“, „Katastrophe“. Bei der Kritik am Thüringer Landtagsbeschluss zur Senkung der Grunderwerbssteuer greifen Kritiker rhetorisch zum ganz großen Besteck. Sie sollten es besser lassen, denn den Triumph, den die AfD gerade einfährt, haben die Rechten um Björn Höcke dem Totalversagen aller politischen Parteien im Thüringer Landtag zu verdanken.

Ministerpräsident Bodo Ramelow ist es nicht gelungen, eine eigene Mehrheit für seine Pläne zu organisieren. Das ist der Preis dafür, wenn man mit der Brechstange eine Minderheitsregierung trotz großer AfD-Opposition bildet. Und wäre er auf die CDU weiter zugegangen, wäre es zu dem Abstimmungstriumph für die AfD nie gekommen.

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AfD-Triumph in Thüringen: CDU mit Eiertanz, FDP unglaubwürdig

Die CDU wiederum verwirrt Freund und Feind mit einem Eierkurs im Umgang mit der AfD, den wirklich niemand mehr versteht. Die jüngsten Brandmauern, die Friedrich Merz unter öffentlichem Druck hochgezogen hat, sind nur noch Ruinen. Auf das nächste Bauwerk darf man gespannt sein. Biegsame Gerte könnte das neue Baumaterial werden.

Thomas L. Kemmerich (FDP), Mario Voigt (CDU-Fraktionsvorsitzender) und Björn Höcke (AfD-Fraktionsvorsitzender) kurz vor der Abstimmung für das Gesetz zur Senkung der Grunderwerbssteuer.
Thomas L. Kemmerich (FDP), Mario Voigt (CDU-Fraktionsvorsitzender) und Björn Höcke (AfD-Fraktionsvorsitzender) kurz vor der Abstimmung für das Gesetz zur Senkung der Grunderwerbssteuer. © Sascha Fromm

Die kleine FDP, die mit der AfD dem CDU-Antrag zugestimmt hat, tut mal wieder so, als hätte sie mit alldem nichts zu tun. Das ist feige und wenig glaubhaft, wenn man sogar den Ministerpräsidenten – wie im Fall Thomas Kemmerich – schon mit AfD-Stimmen wählen ließ.

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Mit einem klugen Zusammenspiel der echten Demokraten hätte der Triumph der AfD verhindert werden können. Dass dies nicht gelungen ist, ist in Thüringen besonders schmerzhaft. Hier ist die AfD vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft und ihr Chef Björn Höcke ist der unappetitlichste Protagonist der Rechten. Zu seinem Triumphgeheul hätte es nie kommen dürfen.

Und nun? Die Gegner der AfD sollten sich gemeinsam überlegen, wie man solche AfD-Erfolge künftig verhindert und trotzdem gute Politik macht. Das Dilemma liegt darin, dass es für Wählerinnen und Wähler schwer zu verstehen ist, dass vernünftige Politik plötzlich unvernünftig sein soll, nur weil die AfD mitstimmt.