Washington. US-Präsidentschaftsaspirant Ron DeSantis wendet sich offen gegen Trump – und wagt damit einen Kurswechsel, der ihn alles kosten kann.

Wer in den Vereinigten Staaten von Amerika Präsidentschaftskandidat der Republikaner werden will und sechs Monate vor den internen Vorwahlen in Umfragen stabil mit 35 Prozentpunkten plus x hinter dem Leithammel zurückliegt, der muss sich dringend etwas einfallen lassen.

Zumal dann, wenn der Leithammel in Person des mehrfach angeklagten Ex-Präsidenten Donald Trump bei der ersten Fernsehdebatte der konservativen Aspiranten in zwei Wochen nicht zu erscheinen gedenkt. Weil – wer soll ihm denn auf offener Bühne gefährlich werden?

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Ohne den „Elefanten im Raum” ist allerdings klar, was Ron DeSantis unter der Choreografie des Sender Fox News in Milwaukee widerfahren wird: Der bisher einzige ernst(er) zu nehmende Konkurrent Trumps bekommt alle giftigen Pfeile ab. An wen soll man/frau sich denn sonst abarbeiten?

DeSantis läuft Gefahr, für seine Fahnenflucht abgestraft zu werden

Eine zentrale Angriffsfläche vorher abzuräumen, oder jedenfalls so zu tun, erscheint dem überambitionierten Gouverneur des Bundesstaates Florida daher überlebensnotwendig. Zumal seine Kampagne bisher als Total-Flop bezeichnet werden kann.

Dirk Hautkapp ist Washington-Korrespondent der FUNKE Zentralredaktion.
Dirk Hautkapp ist Washington-Korrespondent der FUNKE Zentralredaktion. © Privat | Hamburger

Vor diesem Hintergrund ist zu erklären, warum der 44-Jährige zweieinhalb Jahre nach der tumultösen Wahl 2020 die Komplizenschaft zu seinem ehemaligen Mentor aufgibt und zum ersten Mal (!) eine Selbstverständlichkeit äußert: „Natürlich hat er verloren. Joe Biden ist der Präsident.”

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Mit „er” ist Donald Trump gemeint. Der Mann, der bis heute wider besseres Wissen behauptet, dass der für ihn unvorteilhafte Wahlausgang damals das Machwerk betrügerischer Demokraten gewesen sei – was 70 Prozent der republikanischen Wähler unverändert glauben.

Mit dem Kurswechsel begibt sich DeSantis an den politischen Roulette-Tisch. Moderate und unabhängige Wähler werden sich vielleicht von der späten Anerkenntnis der Realität angesprochen fühlen. In den parteiinternen Vorwahlen ab Januar läuft DeSantis jedoch Gefahr, für seine Fahnenflucht massiv abgestraft zu werden.