Washington. . Unweit des Kapitols, dem Ort, an dem die US-Demokratie vor über zwei Jahren ins Wanken geriet, saß Trump nun auf der Anklagebank.

Ex-Präsident Donald Trump auf der Anklagebank: Zur Verlesung der Anklage erschien der frühere amerikanische Präsident am Donnerstagabend deutscher Zeit vor einem Gericht in Washington – und plädierte erwartungsgemäß auf "nicht schuldig". Nach der Verlesung verließ er umgehend das Gericht.

Er ist der erste Ex-Präsident in der US-Geschichte, der sich wegen mutmaßlicher Straftaten vor Gericht verantworten muss. Die dritte Anklage gegen ihn ist die bislang schwerwiegendste. Vor Gericht wurden ihm die Anschuldigungen erstmals formal und in Person präsentiert. Richterin Moxila Upadhyaya setzte als Datum für die erste Anhörung nach der Anklageverlesung den 28. August fest.

Vor allem muss sich Trump wegen seiner Rolle beim Sturm aufs Kapitol verantworten. In der 45-seitigen Anklageschrift werden dem republikanischen Skandalpolitiker eine Reihe von Anklagepunkten zur Last gelegt, unter anderem:

  • eine Verschwörung gestartet zu haben, um die Vereinigten Staaten zu betrügen;
  • um Wählern ihr Wahlrecht zu entziehen;
  • und um ein offizielles Verfahren zu behindern.

Trumps Kampagne gegen das Wahlergebnis gipfelte in einem nie dagewesenen Angriff seiner Anhänger auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021.

In unmittelbarer Nähe des damaligen Tatorts, nur wenige Hundert Meter vom Kapitol entfernt, wurde Trump am Donnerstag in Washington vor Gericht mit den rechtlichen Vorwürfen gegen ihn konfrontiert.

Vor dem Gericht herrschte großer Andrang: Reporter, Polizisten, Anhänger und Gegner Trumps. Die Medien in den USA berichteten fast im Minutentakt über jeden Schritt: Wie Trump von seinem Golfclub in Bedminster im Bundesstaat New Jersey in die Hauptstadt aufbrach, wie seine Wagenkolonne durch Washington fuhr und wie er den Gerichtssaal betrat. Trump nahm zwischen seinen Anwälten John Lauro und Todd Blanche Platz und unterhielt sich bis zur Eröffnung der Sitzung leise hinter vorgehaltener Hand.

Die Gerichtszeichnung zeigt den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump (M), der sich vor dem Bundesgericht in Washington mit seinem Verteidiger Todd Blanche (l) berät.
Die Gerichtszeichnung zeigt den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump (M), der sich vor dem Bundesgericht in Washington mit seinem Verteidiger Todd Blanche (l) berät. © Dana Verkouteren/AP/dpa

Trump muss eine lange Haftstrafe befürchten

Der 77-Jährige streitet alle Vorwürfe ab. Schon vor Abflug gab er zum Besten: "Ich fahre jetzt nach Washington, D.C., um festgenommen zu werden, weil ich eine korrupte, manipulierte und gestohlene Wahl angefochten habe".

Unmittelbar nach der Gerichtssitzung am Donnerstag, die nicht mal eine halbe Stunde dauerte, reiste Trump wieder aus Washington ab. Er beklagte sich einmal mehr bitterlich über die Strafverfolgung gegen ihn. "Das ist die Verfolgung eines politischen Gegners", sagte er kurz vor seiner Abreise. Er werde nur deswegen strafrechtlich verfolgt, weil er im Feld der republikanischen Präsidentschaftsbewerber weit vorne liege. In Umfragen rangiert er im Rennen mit parteiinternen Konkurrenten klar an der Spitze. Trump wertet generell jedes juristische Vorgehen gegen ihn als Versuch seiner Gegner, ihn an einem Wiedereinzug ins Weiße Haus zu hindern.

Sonderermittler Jack Smith hatte die beispiellose Anklage gegen den Ex-Präsidenten am Dienstag bekanntgegeben. Im Fall einer Verurteilung könnte ihm eine jahrzehntelange Haftstrafe drohen. Experten zufolge würde eine Verurteilung Trump rechtlich nicht davon abhalten, bei der Wahl 2024 anzutreten – zumal fraglich ist, ob bis dahin ein rechtskräftiges Urteil vorliegen wird.

Mehrere Klagen gegen den Ex-Präsidenten

Trump hatte die Präsidentenwahl 2020 gegen den Demokraten Joe Biden verloren. Er gestand seine Niederlage aber nie ein, sondern verbreitet seitdem falsche Behauptungen, er sei durch Wahlbetrug um einen Sieg gebracht worden. Trump und sein Umfeld versuchten damals auf diversen Wegen, das Ergebnis nachträglich noch zu kippen.

In den vergangenen Monaten war Trump bereits in zwei anderen Fällen angeklagt worden: im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar vor mehreren Jahren und wegen der unrechtmäßigen Aufbewahrung geheimer Regierungsdokumente nach dem Ende seiner Amtszeit. Außerdem könnte ihm eine weitere Anklage im Bundesstaat Georgia wegen seiner Rolle nach der Wahl 2020 bevorstehen.(fmg mit dpa) Lesen Sie dazu: Donald Trump wegen des Aufstands im US-Kapitol angeklagt