Berlin. Seit dem Putsch ist die Ex-Regierungschefin von Myanmar inhaftiert. Was die Amnestie für die Friedensnobelpreisträgerin bedeutet.

Einen kurzen Moment keimte bei der großen Mehrheit der Menschen in Myanmar Hoffnung auf: Das Militär, das sich Anfang Februar 2021 an die Macht putschte und seitdem die nationale Demokratieheldin wegsperrte, hat Aung San Suu Kyi begnadigt. Die 78-Jährige, die 1991 den Friedensnobelpreis erhielt und ab der Demokratisierung Myanmars vor einem Jahrzehnt das Land mitregierte, wäre damit wieder auf freiem Fuß.

Aber die Begnadigung, die Staatsmedien am Dienstag verkündeten, bringt der früheren Regierungschefin nicht die Freiheit zurück. Ihre Haftstrafe wurde im Rahmen einer Massenamnestie zur buddhistischen Fastenzeit nur reduziert. Die Begnadigung betrifft offenbar fünf der Anschuldigungen, für die Aung San Suu Kyi in mehreren Gerichtsprozessen zu mehr als 30 Jahren Haft verurteilt worden war.

Aung San Suu Kyi bleibt offenbar im Hausarrest

Es sollen unter anderem die Strafen für mutmaßliche Verstöße gegen die Corona-Regeln und die wegen angeblicher Verstöße gegen die Import- und Export-Gesetze reduziert werden. Die Korruptionsvorwürfe gegen sie sollen offenbar bestehen bleiben. Trotz der Teilbegnadigung könnte sie den Rest ihres Lebens gefangen bleiben.

Deshalb sieht die Demokratiebewegung die Nachricht kritisch und verweist darauf, dass Aung San Suu Kyi auch nach der Teilbegnadigung weiterhin unter Hausarrest stehen. Ähnlich verhält es sich mit Win Myint, Ex-Präsident Myanmars, der auch der von Aung San Suu Kyi angeführten Partei Nationale Liga für Demokratie (NLD) angehört hat, die bei der Parlamentswahl kurz vorm Putsch eine überwältigende Mehrheit gewonnen hatte.

Teilweise begnadigt, aber weiter im Arrest: Aung San Suu Kyi, frühere Regierungschefin von Myanmar und Friedensnobelpreisträgerin.
Teilweise begnadigt, aber weiter im Arrest: Aung San Suu Kyi, frühere Regierungschefin von Myanmar und Friedensnobelpreisträgerin. © dpa | Uncredited

Mehr als 2300 Menschen wurden getötet

Im März wurde die NLD aufgelöst. Das südostasiatische 54-Millionenland herrscht seit dem Putsch praktisch ein Bürgerkrieg: Auf anfangs friedlichen Proteste gegen den Umsturz reagierte das Militär mit Panzern und Maschinengewehren. Mittlerweile hat die Demokratiebewegung ihre eigene Armee gegründet, hinzu kommen diverse lokale bewaffnete Gruppen. Ein Ende des Konflikts ist nicht in Sicht. Beobachter sprechen von einer Pattsituation.

Laut der Unterstützungsorganisation für Politische Gefangene in Myanmar sind 24.000 Personen durch die Militärjunta verhaftet, mehr als 2300 getötet worden. Erst vergangene Woche verlängerten die Militärs den Ausnahmezustand, der seit der Machtübernahme im Land gilt. Das bedeutet offenbar auch, dass die für August angekündigten Wahlen, nicht stattfinden werden.

USA besorgt über Verlängerung des Ausnahmezustands

Die USA hatten sich „zutiefst besorgt“ über die Verlängerung des Ausnahmezustands gezeigt. Denn mit jeder weiteren Aufschiebung der Rückkehr zur Demokratie werde es unwahrscheinlicher, dass es der Junta mit ihren Beteuerungen, das Land nur Übergangsweise regieren zu wollen, wirklich ernst sei, so ein Regierungssprecher.

Das demokratisch orientierte Nachrichtenportal Myanmar Now bewertete die Teilbegnadigung durchaus positiv:: „Die Gnade gegenüber Suu Kyi und Präsident Win Myint wird als symbolische Versöhnungsgeste des Militärregimes bewertet“, hieß es. Gleichzeitig erinnerte das Portal daran: „Erst kürzlich wieder reagierte das Militär in jenen Regionen, in denen es mit bewaffneten Widerstandsbewegungen zu kämpfen hat, mit Massenhinrichtungen politischer Gefangener und willkürlichen Luftangriffen.“