Neu-Delhi. Mindestens 275 Tote und Hunderte Verletzte: Ein Bahnunglück erschüttert Indien. Augenzeugen berichten von schockierenden Szenen.

Es sind Bilder und Augenzeugenberichte, die zutiefst erschüttern: Zugpassagiere schildern den Moment der Katastrophe, als mehrere Züge im Osten Indiens zusammenkrachen und mehr als 275 Menschen aus dem Leben reißen sowie Hunderte verletzen. Waggons werden aus den Schienen geschleudert, liegen jetzt kreuz und quer über und neben den Gleisen. Die Decken von Abteilen sind aufgerissen, Scheiben geborsten. Es ist eines der schwersten Zugunglücke in Indien, das sich am Freitagabend (Ortszeit) im Bezirk Balasore, gut 200 Kilometer südwestlich von Kolkata, dem früheren Kalkutta, ereignet hat. Und es hat weltweit Erschütterung ausgelöst.

Überlebende schildern schreckliche Szenen. „Überall Leichen, vielen fehlten Körperteile, Menschen, die in den Waggons feststeckten, schrien um Hilfe“, sagte ein Überlebender der Zeitung „The Hindu“. „Ich sah Menschen mit verstümmelten Körperteilen und entstellten Gesichtern. Das wird mich noch ewig verfolgen.“ Ein Augenzeuge sagte einem örtlichen Fernsehsender, er sei aus dem Schlaf gerissen worden, als sein Zug plötzlich entgleiste – und das Chaos losbrach.

„10 bis 15 Menschen fielen auf mich.“ Er sei mit Verletzungen an Hals und Händen davongekommen, habe dann aber überall Leichen und abgetrennte Körperteile erblickt. „Es war ein ohrenbetäubender Lärm, ich spürte den Boden unter meinen Füßen erzittern. Unser Zug wurde vor- und zurückgeworfen“, wurde ein Fahrgast von der „Times of India“ zitiert. Dann habe er aus dem Fenster geschaut und die entgleisten Waggons gesehen, mit eingeklemmten Menschen. „Es war dunkel und ich konnte Schreie hören.“

Bei dem Zugunglück in Indien sind mindestens 260 Menschen gestorben.
Bei dem Zugunglück in Indien sind mindestens 260 Menschen gestorben. © Rafiq Maqbool/AP/dpa

Indien: Ursache des Zugunglücks noch unklar

Helfer versuchten am Wochenende verzweifelt, noch Verletzte aus den Trümmern zu retten. Von den Rettungskräften vor Ort hieß es dann am Sonntagmorgen, dass sie nicht mehr damit rechnen, Überlebende zu finden. 1000 Arbeiter sind jetzt mit den Räumungen beschäftigt. Gleichzeitig versuchten Angehörige vor Ort, die teils sehr entstellten Opfer zu identifizieren.

Derweil hat die Suche nach dem Warum begonnen. Regierungsangaben zufolge ist die Katastrophe auf einen Fehler in der Elektronik zurückzuführen.

Der Hergang des Unfalls ist noch nicht genau geklärt. Berichten zufolge gaben Bahnmitarbeiter aber an, dass der Coromandel Express von Kalkutta nach Chennai auf ein Nebengleis geraten und dort mit einem Güterzug kollidiert sein, in den dann ein aus Bangalore kommender Expresszug gerast sei.

Der indische Bahnminister Ashwini Vaishnaw verwies am Sonntag auf das Signalsystem als Ursache des Unglücks. „Wir haben die Ursache des Unfalls und die verantwortlichen Personen identifiziert“, sagte der Minister.

Indische Regierung: Harte Strafen für Verantwortliche

Der indische Premierminister Narendra Modi eilte zur Unglücksstelle und kündigte harte Strafen für die Verantwortlichen an: „Wer für schuldig befunden wird, erhält die strengste aller strengen Strafen. Sie werden nicht verschont werden“, sagte er. Es müsse nun genau untersucht werden, wer Schuld an der Katastrophe habe, so Modi weiter. Der Premier besuchte Verletzte in einer Klinik, betete mit ihnen und versuchte, ihnen Trost zu spenden.

Das Büro des Premierministers kündigte schon kurz nach dem Unglück eine Entschädigung für die Angehörigen der Toten von je 200.000 Rupien (2267 Euro) an. Verletzte sollen demnach je 50.000 Rupien bekommen. Bahnminister Ashwini Vaishnaw versprach zusätzlich eine Entschädigung in Höhe von einer Million Rupien für die Angehörigen der Toten. Schwerverletzte sollen den Angaben zufolge je 200.000 Rupien und Leichtverletzte je 50.000 Rupien erhalten.

Rund um die Welt kondolierten Politiker und Staatschefs, zuletzt auch US-Präsident Joe Biden. Aus Deutschland kommen derweilen bestürzte Reaktionen: "Das Zugunglück in Indien mit hunderten Toten und Verletzten erschüttert mich zutiefst", so Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) über Twitter. Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schreibt: "Ich spreche den Familien der Opfer des Zugunglücks in Odisha mein tiefstes Beileid aus und wünsche den Verletzten eine baldige Genesung." (fmg/dpa)

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