Washington. Vier Mitglieder der “Proud Boys“ sind von einer Geschworenen-Jury schuldig gesprochen worden. Ihnen drohen jetzt bis zu 20 Jahre Haft.

Es ist der mit Abstand folgenschwerste Vorwurf, der nach dem von Donald Trump inspirierten Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 in Washington von der US-Justiz erhoben wird: die sogenannte "aufrührerische Verschwörung" (seditious conspiracy). Der historisch kaum genutzte und aus der Zeit des Bürgerkrieges im 19. Jahrhundert bekannte Straftatbestand kam am Donnerstag gegen den ehemaligen Chef der rechtsextremen "Proud Boys" – Enrique Tarrio – und drei seiner Adjutanten zur Anwendung.

Nach Sturm auf das Kapitol: Anführer der "Proud Boys" schuldig gesprochen – bis zu 20 Jahre Haft drohen

Nach viermonatigem Prozess sind die früher von Trump hofierten Extremisten von einer Geschworenen-Jury in Washington schuldig im Sinne der Anklage des Justizministeriums gesprochen worden. Tarrio sowie Ethan Nordean, Joseph Biggs und Zachary Rehl drohen jeweils bis zu 20 Jahre Gefängnis – es wären die schwersten Strafen, die nach dem blutigen Aufstandsversuch in der Herzkammer der US-Demokratie verhängt wurden. Die Jury folgte damit der Linie der Staatsanwaltschaft.

Henry
Henry "Enrique" Tarrio, Anführer der Proud Boys, während einer Kundgebung. © dpa

Die Staatsanwaltschaft hatte in den Schlussplädoyers zu Beginn der Woche herausgearbeitet, dass die neofaschistisch angehauchte Schlägertruppe in den USA versucht hatte, den Amtsantritt von Joe Biden Ende Januar 2021 zu verhindern. Dazu sollte unterbunden werden, dass der Kongress am 6. Januar wie nach der Verfassung vorgeschrieben den Wahlsieg des Demokraten zertifiziert. Proud Boys waren aktiv an dem Versuch beteiligt, das Parlament zu stürmen und die Sitzung zu unterbrechen.

InstitutionKongress der Vereinigten Staaten
HauptsitzWashington, D.C., Vereinigte Staaten
Gründung4. März 1789
Abgeordnete100 Senatoren und 435 Abgeordnete
Legislaturperiode2 Jahre
Letzte WahlNovember 2022
Nächste WahlNovember 2024

Verteidiger der "Proud Boys" erhebt schwere Vorwürfe gegen Donald Trump – "es war seine Motivation"

Staatsanwalt Conor Mulroe: “Diese Angeklagten sahen sich selbst als Donald Trumps Armee. Sie kämpften dafür, ihren bevorzugten Anführer an der Macht zu halten – egal was das Gesetz oder die Gerichte dazu zu sagen hatten.” Nayib Hassan – der Strafverteidiger der Proud Boys – hielt dem entgegen, dass Enrique Tarrio, der persönlich am 6. Januar 2021 wegen eines Reiseverbots nicht in Washington war, als Sündenbock für den damaligen Präsidenten Donald Trump herhalten soll.

Trump sei es gewesen, der nach einer Kundgebung am Weißen Haus die Menschenmenge aufgehetzt habe, zum Kongress zu ziehen und “wie der Teufel zu kämpfen”: Hassan weiter: “Es waren Donald Trumps Worte. Es war seine Motivation. Es war sein Zorn, der das verursachte, was in Ihrer wunderschönen und großartigen Stadt am 6. Januar passiert ist.” Hassan stellte in Abrede, dass es einen Plan gegeben habe, das Kapitol zu stürmen oder zu verhindern, dass der US-Kongress Trumps Abwahl beglaubigt.

Hunderte Gefängnisstrafen nach Sturm auf das Kapitol: So will Trump "gefangenen Patrioten" helfen

Die Anklage präsentierte den Geschworenen dagegen TV-Aufnahmen, die zeigten, wie Trump den “Proud Boys” via Fernseh-Ansprache den Auftrag erteilte, sich “bereitzuhalten”. Das Urteil gegen Tarrio & Co. ist im Kern deckungsgleich mit den Vorwürfen, die bereits im vergangenen Jahr zur Verurteilung des Anführers der rechtsextremen Bürger-Miliz “Oath Keepers –” Stewart Rhodes – führten. Insgesamt nahm die Polizei nach dem Sturm aufs Kapitol über 1000 Tatverdächtige fest.

Bisher endeten rund 240 Verfahren mit Gefängnisstrafen zwischen wenigen Monaten und acht Jahren. Hunderte Verfahren stecken noch in den Mühlen der Justiz fest. Trump und führende Republikaner sehen die Gefangenen als “Patrioten” und “Märtyrer”, die für ihre politische Gesinnung bestraft würden. Donald Trump – der auch Präsidentschaftskandidat der Republikaner für die Wahl 2024 ist – hat mehrfach angedeutet, Betroffene im Fall seiner Wahl zu begnadigen.