Berlin. Ein Sachbearbeiter soll sich durch betrügerische Deals Geld von Hartz-IV-Empfängern geholt haben. Er steht in Osnabrück vor Gericht.

Ein Jobcenter-Mitarbeiter aus Osnabrück soll seine Position ausgenutzt und sich an Hartz-IV-Empfangenden bereichert haben. Das legt zumindest der Vorwurf nahe, für den er sich demnächst vor dem Osnabrücker Amtsgericht verantworten muss: Der heute 44-jährige Sachbearbeiter ist wegen Bestechlichkeit in sieben Fällen angeklagt. Davon soll ein Fall besonders schwer sein.

Am 7. Juli startet am Amtsgericht Osnabrück der Prozess gegen den Leistungssachbearbeiter. Das schreibt das Gericht aus Niedersachsen in einer Mitteilung über den Fall. Zu dem Prozess sind neben den Beteiligten auch vier Zeugen geladen. Doch was wirft das Gericht dem Mann konkret vor?

Der Angeklagte soll über längere Zeit Hartz-IV-Empfangende ausgenutzt und ihnen Deals vorgeschlagen haben, um sich an ihnen zu bereichern. Begonnen haben die vorgeworfenen Vergehen aus der Anklage demnach bereits im Dezember 2020. Daneben soll der Mann auch 200 Euro aus der Kasse einer Ratsfraktion gestohlen haben, dies allerdings schon 2018 und 2019.

Hartz IV: Mit diesen Tricks soll Angeklagter Geld erschlichen haben

Die mutmaßlichen Taten aus der Anklage sind allerdings perfider: Dem Gericht zufolge soll der Angeklagte im besagten Dezember einem Leistungsempfänger die Beträge für Januar und Februar 2021 gekürzt haben. Als dieser sich anschließend an den Angeklagten – also den Sachbearbeiter – gewandt habe, soll dieser ihm ein Geschäft vorgeschlagen haben.

Der Arbeitslose bekomme demnach nur die vollen Leistungen ausgezahlt, wenn er die Hälfte der Differenz an den Sachbearbeiter abgeben würde. So soll der Angeklagte 380 Euro von dem Hartz-IV-Empfänger erhalten haben. Doch der 44-Jährige soll sich noch weiter an dem Mann bereichert haben.

Das Amtsgericht Osnabrück wirft dem Jobcenter-Mitarbeiter Bestechlichkeit in sieben Fällen vor (Symbolbild)
Das Amtsgericht Osnabrück wirft dem Jobcenter-Mitarbeiter Bestechlichkeit in sieben Fällen vor (Symbolbild) © dpa

Wie das Gericht weiter schreibt, soll der Angeklagte im März 2021 eine höhere Kostenerstattung an den Leistungsberechtigten veranlasst haben, als dieser ursprünglich beantragt hatte. Auch von dieser Erstattung soll er sich bei einem Treffen mit dem Empfänger 140 Euro selbst eingesteckt haben. Solche Erstattungen können zum Beispiel bei Neben- oder Bewerbungskosten anfallen. Um was genau es sich in diesem Fall handelte, gab das Gericht allerdings nicht bekannt.

Im April 2021 soll der Angeklagte dann erneut zu viel Geld an den Arbeitslosen ausgezahlt haben. Von jener Zahlung habe er sich dem Gericht zufolge 200 Euro in die eigene Tasche gesteckt. Der Hartz-IV-Empfänger soll allerdings nicht die einzige Person sein, die der Sachbearbeiter so ausgenutzt habe.

Hartz-IV-Empfängerin soll "mindestens 2.200 Euro" gezahlt haben

In vier weiteren Fällen wirft ihm das Gericht außerdem vor, mit einer weiteren Person gehandelt zu haben. So soll er auch bei einer Frau mehrmals zu hohe Zahlungen veranlasst haben. Von der Leistungsempfängerin habe er sich danach jeweils die Hälfte der Zahlungen bar zurückgeben lassen. Insgesamt sei er dabei auf "insgesamt mindestens 2.200 Euro" gekommen sein, schreibt das Gericht.

Die Bilanz aus der Anklage lautet nun: Bestechlichkeit in sieben Fällen, in einem besonders schweren Fall davon in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Untreue. Am kommenden Donnerstagvormittag wird der Mann auf der Anklagebank erklären müssen, ob er seine Position im Jobcenter wirklich ausgenutzt hat, um Hartz-IV-Empfangende auszunehmen – und wenn ja, warum.

Dieser Artikel erschien zuerst auf waz.de