Berlin. Russische Soldaten sollen einen Landmaschinen-Handel geplündert haben. Doch mit einer Software schaltete der Hersteller die Beute ab.

Seit Wochen sollen russische Truppen in der Ukraine landwirtschaftliche Fahrzeuge und Baumaterialien stehlen. In einem Fall soll die Kriegsbeute nun aber schon kurz nach der Plünderung nicht mehr nutzbar gewesen sein. Der Hersteller John Deere habe die Traktoren aus der Ferne abgeschaltet, behauptet ein ukrainischer Geschäftsmann.

Wie der Informant gegenüber "CNN" erklärte, hätten russische Soldaten in der besetzten Stadt Melitopol im Südosten des Landes einen landwirtschaftlichen Handel geplündert. Die Beute sei in nahegelegene Dörfer und nach Tschetschenien gekommen, so der Geschäftsmann. Nach dem mehr als 1100 Kilometer langen Transport habe aber keines der gestohlenen Fahrzeuge mehr funktioniert.

Ukraine: Traktor-Hersteller John Deere nutzt spezielle Software

Schuld daran soll neben den GPS-Trackern in den Fahrzeugen auch eine technische Vorrichtung sein: Schon seit Jahren baut der Hersteller John Deere Softwares in seine Landmaschinen ein, mit denen unterschiedliche Elemente kalibriert und repariert werden sollen – auch aus der Ferne.

Wie die Technik-Magazine "Motherboard" und "Golem" berichten, sollen Landwirte und Landwirtinnen dadurch von eigenen Reparaturen an den Maschinen abgehalten werden. Dass dadurch einmal russischen Soldaten die Nutzung ihrer Kriegsbeute verwehrt werden würde, dürften sich die Hersteller damals nicht ausgemalt haben.

Doch es soll Wege geben, die Sperre zu durchbrechen: Besonders aus Osteuropa heraus soll es einen regen Handel mit gecrackten Softwares geben, die Fahrzeughalter und -halterinnen weltweit für ihre Maschinen kaufen. Auch die russischen Truppen arbeiteten "CNN" mit Personen in Russland zusammen, die die Software zu umgehen versuchen.

Im ukrainischen Melitopol sollen Soldaten über Wochen Landmaschinen geklaut haben (Symbolbild)
Im ukrainischen Melitopol sollen Soldaten über Wochen Landmaschinen geklaut haben (Symbolbild) © Nariman El-Mofty/AP/dpa

Russische Soldaten scheinen Ukraine systematisch zu plündern

Während sich die Angaben des "CNN"-Informanten nicht überprüfen lassen, scheinen die Plünderungen der russischen Soldaten im Ukraine-Krieg inzwischen systematisch abzulaufen. Immer wieder gibt es Berichte, nach denen die Soldaten private Häuser oder Läden plündern. Oft halten Kameras oder Tracking-Softwares die Diebstähle fest.

In der besetzten Stadt Melitopol, so schreibt "CNN", sollen die Plünderer sich mehrerer Quellen zufolge an Getreidesilos bedienen. "Die Besatzer fahren tonnenweise Getreide aus der Stadt heraus", schreibt der Bürgermeister Iwan Fedorow auf Facebook.

Ukraine: Landmaschinenhandel über Wochen geplündert

Auch im Falle des bestohlenen Landmaschinenhandels "Agrotek Invest" in Melitopol soll sich die Plünderung über längere Zeit erstreckt haben. Ab Ende März informierte das Unternehmen auf seiner Facebook-Seite über die entwendeten Fahrzeuge und weitere fehlende Waren und teilte die GPS-Fotos aus der tschetschenischen Republik.

"Zusammen mit den vier vorher gestohlenen und nach Tschetschenien gebrachten Einheiten hat das Unternehmen schon anderthalb Millionen Euro durch den Diebstahl verloren", hieß es Anfang April auf der Firmenseite.

Inzwischen soll die Beute dem "CNN"-Informanten zufolge einen Wert von rund fünf Millionen US-Dollar (etwa 4,75 Millionen Euro) erreicht haben. Allein ein Mähdrescher koste im Handel rund 300.000 US-Dollar (circa 285.000 Euro). Davon profitieren die Plünderer übrigens auch ohne funktionierendes Fahrzeug – die Einzelteile können sie nach wie vor verkaufen. (reba)

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt

Dieser Artikel erschien zuerst auf waz.de