Berlin. Es ist noch einmal gut gegangen, das Alptraum-Szenario fand nicht statt. Amtsinhaber Emmanuel Macron hat die erste Runde der französischen Präsidentschaftswahl überraschend klar gewonnen. Er konnte Marine Le Pen vom rechtsextremen Rassemblement National, die zuletzt in den Umfragen gefährlich nah an ihn herankam, in Schach halten.
Es ist Macron gelungen, den Amtsbonus mit dem Nimbus des Krisenmanagers im Ukraine-Krieg zu verquicken. Dabei hatte er mit einem strukturellen Nachteil zu kämpfen: Er ließ sich im Land kaum blicken. Das Image vom abgehobenen Präsidenten schien sich zunächst zu verfestigen.
Macron machte keinen Wahlkampf - und gewann nun doch
In diese Lücke stieß Le Pen. Sie tourte quer durchs Land, ließ sich auf den Marktplätzen der Republik ablichten. Sie erkannte instinktsicher die Angst vieler Franzosen vor hoher Inflation und schwindender Kaufkraft im Zuge des Ukraine-Krieges. Vor allem abseits der urbanen Zentren ist die Sorge groß.
Auf dem flachen Land, wo Arbeitsplätze abgebaut wurden oder nach China abgewandert sind, wird Le Pen als Heilsbringerin gefeiert. Ihr simples Rezept: Sie will die Preise für Strom, Gas und Benzin senken, die Einwanderung eindämmen und Franzosen bei Job-Vergabe und Sozialleistungen bevorzugen.
Stichwahl am 24. April: Macron muss nachrüsten
Macron hat vom alten Krisen-Motto „Keine Experimente“ profitiert. Le Pen hat es dagegen geschafft, sich neben dem ultrarechten Kandidaten Eric Zemmour als weichgespülte Rechtspopulistin darzustellen. Sie hat nun den potenziellen Vorteil, im zweiten Wahlgang nicht nur Zemmours Stimmen zu bekommen, sondern auch einen großen Teil der Wähler rund um den Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon.
Macron muss jetzt in der Sozialpolitik nachrüsten – und darauf hoffen, dass die bisherige „Brandmauer“ gegen Rechtsaußen im zweiten Wahlgang hält.
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Dieser Artikel ist zuerst auf waz.de erschienen.
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