Berlin . Marine Le Pen ist Emmanuel Macrons größte Konkurrentin bei der Wahl in Frankreich. Die wichtigsten Fakten zu der Rechtspopulistin.

  • Ihr erstes Ziel hat sie erreicht: Marine Le Pen ist genau wie Emmanuel Macron in die Stichwahl um die französische Präsidentschaft eingezogen
  • Bei der ersten Runde der Präsidentenwahl konnten sich beide deutlich gegen die Konkurrenz durchsetzen
  • Doch wer ist die Frau, die Frankreich als Präsidentin grundlegend verändern könnte?

Wer wird künftig als Staatschef oder -chefin Frankreichs im Élysée-Palast regieren? Ein Schritt auf dem Weg zu einer Entscheidung wurden in der ersten Wahlrunde bereits getroffen. Nun treten der amtierende Präsident Emmanuel Macron und die Rechtspopulistin Marine Le Pen in einer Stichwahl gegeneinander an. Lange sah es so aus, als würde Macron ein Durchmarsch zu einer zweiten Amtszeit gelingen. Doch aufgrund des Wahlsystems hat auch Marine Le Pen große Chancen auf das Präsidentenamt.

Die Rechtspopulistin ist auf einem Höhepunkt ihrer politischen Karriere angekommen. Bereits zum zweiten Mal hat sie die Stichwahl erreicht und sieht sich selbst dem höchsten Staatsamt näher als je zuvor.

Marine Le Pen: Ursprünglich wollte sie nicht Politikerin werden

Dabei war sie die einzige der drei Töchter ihres Vaters und Parteigründers Jean-Marie Le Pen, die eigentlich gar nicht in die Politik gehen wollte. Es war eine Rebellion gegen den Vater, um dessen Anerkennung sie zugleich buhlte - ein komplexes Verhältnis, das ihre gesamte Karriere geprägt hat.

Marine Le Pen ist aus Sicht politischer Beobachter ein in vieler Hinsicht gebranntes Kind. Mit acht Jahren erlebte sie einen Sprengstoff-Anschlag, der ihrem Vater galt und die Fassade ihres Wohnhauses einstürzen ließ. Ein Trauma, das sie härter machte, wie sie selbst sagt. Auch der öffentlich ausgetragene Scheidungskrieg ihrer Eltern und ihre Zeit als alleinerziehende Mutter dreier Kleinkinder hätten dazu beigetragen.

Marine Le Pen stammt aus einer Politiker-Familie

Bei den Le Pens waren Politik und Privatleben immer eng verwoben. Die Familie zog bald nach dem Anschlag in eine pompöse Villa im Pariser Vorort Saint-Cloud, die ein Parteifreund ihrem Vater vererbt hatte. Ihr zweiter Ehemann und ihr langjähriger Partner Louis Aliot waren beide Parteifunktionäre. Aliot ist heute Bürgermeister von Perpignan, wo Le Pen ihren Wahlkampfabschluss feierte.

Seit Le Pen die Partei ihres Vaters 2011 übernommen hat, war sie auf Erfolgskurs. Sie distanzierte sich von ihrem antisemitisch-provokanten Vater, zog aus der Residenz in Saint-Cloud aus, nachdem der Dobermann von Jean-Marie Le Pen eine ihrer Katzen getötet hatte, und schloss ihren Vater 2015 gar aus der Partei aus.

Macrons schärfste Konkurrentin: So tickt Le Pen politisch

2012 trat sie zum ersten Mal zur Präsidentschaftswahl an und erreichte ein besseres Ergebnis als ihr Vater, der zehn Jahre zuvor überraschend in die Stichwahl gekommen war. Im Wahlkampf vor fünf Jahren ließ sie sich vom russischen Präsidenten Wladimir Putin im Kreml empfangen. Russische Banken hatten ihr zuvor Kredite in Höhe von elf Millionen Euro eingeräumt – Episoden, die sie sich seit Beginn des Ukraine-Kriegs herunterzuspielen bemüht hat.

Dass sie ähnlich scharf sein kann wie ihr Vater, hat sie oft bewiesen. Einst verglich sie Gebete von Muslimen auf der Straße mit der Besatzung von Paris durch Nazis. Doch seit der Wahl 2017, vor der Emmanuel Macron sie in einer TV-Debatte locker an die Wand spielte, hat sie stark an sich gearbeitet.

Marine Le Pen gibt ihre Stimme in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen in einem Wahllokal Henin-Beaumont ab.
Marine Le Pen gibt ihre Stimme in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen in einem Wahllokal Henin-Beaumont ab. © dpa

Mit ihrem Profi-Lächeln und zugleich Ängste schürend erinnert sie an eine Versicherungsmaklerin, die den Franzosen eine Garantie auf eine heile Welt verkaufen will – ohne muslimische Einwanderer und hohe Benzinpreise. Sie posierte für unzählige Selfies mit Anhängern und hatte keine Scheu, dafür deren Handy selber in die Hand zu nehmen.

Le Pens Programm: europa-, fremden- und verfassungsfeindlich

Im jüngsten Wahlkampf zeigte sie sich vor allem nah an den – überwiegend finanziellen – Alltagssorgen der Bürgerinnen und Bürger. Damit hob sie sich von Macron ab, der zwischen all seinen Putin-Telefonaten kaum Zeit für ordinäre Wahlkampftermine hatte. Die radikaleren Parolen konnte sie getrost dem rechtsextremen Publizisten Eric Zemmour überlassen.

Dessen Anhänger wird sie in der Stichwahl nun ohne große Anstrengung wiedergewinnen, denn ihr Programm ist ebenso europa-, fremden- und verfassungsfeindlich wie zuvor. Sie will unter anderem die Verfassung ändern, um Franzosen den Vorrang bei Wohnungen und Jobs einzuräumen und in großem Stil Ausländer abzuschieben. Auch in Brüssel und Berlin blickt man mit Spannung und Sorge auf die Wahl. Ein Sieg der Populistin wäre ein Schock.

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Frankreich hatte noch nie ein weibliches Staatsoberhaupt

Privat lebt Le Pen inzwischen mit einer Freundin aus der Kindheit und einem halben Dutzend Katzen zusammen, die sie immer wieder gezielt zur Imagepflege einsetzt.

Und schließlich spielt sie auch die Frauenkarte aus, da Frankreich bislang kein einziges weibliches Staatsoberhaupt und nur ein knappes Jahr eine Premierministerin hatte. „Frankreich ist für eine Präsidentin bereit“, rief Le Pen bei ihrem letzten Wahlkampfauftritt.

Das französische Wahlsystem unterscheidet sich deutlich vom deutschen. Hier lesen Sie, nach welchen Regeln die Wahlgänge am 10. und 24. April genau ablaufen.

(afp/fmg)

Dieser Artikel erschien zuerst auf waz.de.