Berlin. Das Grundgesetz ist 70 Jahre alt. Ein Grund, es zu feiern: So gratulieren die Chefredakteure der Tageszeitungen der Funke Mediengruppe.

Vor 70 Jahren, am 23. Mai 1949, trat das Grundgesetz in Kraft. Der Präsident des Parlamentarischen Rates und spätere Bundeskanzler Konrad Adenauer unterschrieb es. Die unantastbare Würde des Einzelnen, das Recht auf Meinungsäußerung, Gleichberechtigung – diese und viele andere Grundsätze sind darin verankert.

Der Chefredakteur des „Hamburger Abendblatts“, Lars Haider, seine Kollegin und die Kollegen von den anderen Tageszeitungen der Funke Mediengruppe gratulieren – und feiern das Grundgesetz.

Lars Haider, Chefredakteur „Hamburger Abendblatt“.
Lars Haider, Chefredakteur „Hamburger Abendblatt“. © Andreas Laible

Lars Haider, Chefredakteur „Hamburger Abendblatt“: „Als wir beim „Hamburger Abendblatt“ das Grundgesetz verfilmt haben, ist mir erst bewusst geworden, wie wunderbar zeitlos die Formulierungen auch nach 70 Jahren sind. Die wichtigsten Passagen des Grundgesetzes MUSS man sich vorlesen oder vorlesen lassen, erst dann entfalten sie ihre Kraft und, ja, Schönheit: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ ist ein Satz für die Ewigkeit und zugleich Konzept für das Zusammenleben einer modernen Gesellschaft.

Oder: „Alle Staatsgewalt geht vom Volk aus.“ Sechs Worte, eine Demokratie. Dass die ausgerechnet in Deutschland gelungen ist, ist ein großes Geschenk – das wir heute mehr als früher beschützen müssen. Die Werte des Grundgesetzes sind unsere Werte. Und die sind nicht verhandelbar.“

Jörg Quoos, Chefredakteur der Funke Zentralredaktion Berlin: „Der Geburtstag des Grundgesetzes ist für mich ein ganz persönlicher Feiertag. Ich arbeite seit vielen Jahren als Journalist und habe mich in kritischen Situationen von unserer Verfassung immer gut beschützt gefühlt.

Jörg Quoos, Chefredakteur der Funke Zentralredaktion Berlin.
Jörg Quoos, Chefredakteur der Funke Zentralredaktion Berlin.

Egal, ob es gegen Minister ging, die ihre Macht missbrauchten; oder einen Bundesligapräsidenten, der Schwarzgeld in der Schweiz bunkerte. Die im Grundgesetz verbriefte „Freiheit der Berichterstattung“ ermöglichte mir und meinen Kollegen sogar Recherchen gegen den höchsten Amtsträger des Landes, den Bundespräsidenten.

Ohne diese wunderbare Verfassung könnten Politiker das Land in einen Selbstbedienungsladen verwandeln. Wie schnell das in einer Demokratie gehen kann, erleben wir gerade anschaulich in unserem Nachbarland Österreich. Deshalb lohnt es sich, für die Werte unseres Grundgesetzes zu kämpfen. Ein besseres werden wir nie bekommen.“

Carsten Erdmann, Chefredakteur Digitales Funke Zentralredaktion Berlin: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt. So steht es in Artikel 5.

Carsten Erdmann, Chefredakteur Digitales Funke Zentralredaktion Berlin.
Carsten Erdmann, Chefredakteur Digitales Funke Zentralredaktion Berlin. © Reto Klar | Reto Klar

Staatsanwälte und Polizisten standen eines Tages in unseren Redaktionsräumen und beschlagnahmten Akten und Computer. Wir hatten nur unsere Arbeit gemacht. Die Polizei suchte einen Informanten in den eigenen Reihen – und Beweismaterial dafür bei uns. Wir zogen bis vor das Bundesverfassungsgericht – und bekamen recht. Ein unverhältnismäßiger und schwerwiegender Eingriff in das Redaktionsgeheimnis.

Ein Artikel im Grundgesetz, ein Beispiel aus der Praxis. Den Wert unserer Grundrechte lernen wir vielleicht erst schätzen, wenn diese verletzt werden. In Zeiten, in denen Journalisten bei ihrer Arbeit auf der Straße bedroht werden, Staatspräsidenten nachweisbar die Unwahrheit sagen, Fakten und „Fake News“ in einem Satz genannt werden, definiert das Grundgesetz die Leitplanken unserer Gesellschaft. Dafür bin ich dankbar.“

Christine Richter, Chefredakteurin der „Berliner Morgenpost“
Christine Richter, Chefredakteurin der „Berliner Morgenpost“ © Reto Klar

Christine Richter, Chefredakteurin der „Berliner Morgenpost“: „Artikel 5 des Grundgesetzes ist das Fundament unserer Arbeit. Auch meiner. Mich persönlich berührt Artikel 1 am meisten: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Aber schon früh habe ich gelernt, dass Artikel 5 uns alle, die wir uns öffentlich äußern wollen, sichert. Die im Grundgesetz garantierte Pressefreiheit geht so weit, dass es keine staatlich vorgeschriebene Ausbildung geben darf, denn die Meinungs- und Pressefreiheit, die gilt für alle.

Manchmal wünscht man sich das vielleicht anders, in Zeiten von „Fake News“ und des Einflusses der sogenannten sozialen Medien, aber es sichert uns auch. Niemand darf und soll uns zensieren. Wir, die Verlage, die Journalisten, haben uns schon früh eigene Qualitätsstandards gegeben, damit wir wahrhaftig berichten, damit wir zwischen Meinung und Nachricht unterscheiden, damit die Leserinnen und Leser sich auf uns verlassen können. Deshalb gibt es Journalistenschulen und Ausbildungen wie das Volontariat.

Aber das Fundament, das ist der Artikel 5 des Grundgesetzes. Manchmal wünsche ich mir, auch der eine oder andere Politiker würde sich daran erinnern. Wenn er oder sie mal wieder versucht, Einfluss zu nehmen, oder sich abfällig über „die Medien“ und Journalisten äußert. Es kommt leider vor. Zu oft.“

Hier gibt es das Grundgesetz zum Nachlesen.

Andreas Tyrock, Chefredakteur „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“
Andreas Tyrock, Chefredakteur „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ © Funke Foto Services | Reto Klar

Andreas Tyrock, Chefredakteur „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“: „Nach dem Scheitern der Weimarer Republik, nach den Gräueltaten der Nazis und dem millionenfachen Leid des Zweiten Weltkriegs wussten die Mütter und Väter des Grundgesetzes sehr genau, vor welch großer Herausforderung sie standen: Es ging darum, ein stabiles Fundament der politischen Verfassung Deutschlands zu schaffen, auf dem sich eine freiheitlich-demokratische Gesellschaft entwickeln und stabilisieren konnte; eine Gesellschaft, die sich zu einem offenen, liberalen, demokratischen, solidarischen Miteinander bekennt und dabei den Schutz des Einzelnen gegenüber dem Staat und die Freiheitsrechte gewährleistet.

Das Grundgesetz als Fundament war nie geeignet und auch nicht dazu gedacht, auf aktuelle gesellschaftliche, politische, wirtschaftliche Veränderungen zu reagieren. Es lässt sich nicht verbiegen, wie man es gerade braucht. Das Grundgesetz ist ein Meisterwerk, das es zu achten und zu leben gilt. Nicht nur an runden Geburtstagen. Und sein erster Artikel sollte auch in Zukunft das Handeln in diesem Land leiten: Die Würde des Menschen ist unantastbar!“

Manfred Lachniet, Chefredakteur der „Neuen Ruhr Zeitung“.
Manfred Lachniet, Chefredakteur der „Neuen Ruhr Zeitung“.

Manfred Lachniet, Chefredakteur „Neue Ruhr Zeitung“: „Sechs Worte, die es in sich haben: Die Würde des Menschen ist unantastbar. – Wir müssen den Müttern und Vätern des Grundgesetzes dankbar sein, dass sie diesen Artikel klug und vorausschauend an die Spitze stellten. Die Würde des Einzelnen zu erlangen und nicht zu verlieren, den Zusammenhalt verschiedener Menschen zu ermöglichen – das soll Ziel staatlichen und politischen Handelns sein.

Keine leichte Aufgabe, wenn man sich Armut, Ungleichheit oder auch Bildungschancen in unserem reichen Land anschaut. Doch der Auftrag bleibt: Mit der Ewigkeitsklausel legt unser Grundgesetz fest, dass die Artikel 1 bis 19 niemals geändert werden dürfen. Nicht die Gleichheit vor dem Gesetz, nicht die Meinungs- und die Pressefreiheit, die freie Entfaltung der Persönlichkeit, Asyl und alle anderen Grundrechte.

Und wir alle sind gefordert, dieses wunderbare Grundgesetz zu achten und zu schützen: Jeder kann sich sozial oder politisch engagieren, sich einmischen, bilden, in seriösen Medien informieren – und natürlich: wählen gehen. Genau das hat NRZ-Gründer Dietrich Oppenberg gemeint, als er seinerzeit den steten Einsatz „für die freiheitlich-demokratische Grundordnung in einem sozialen Rechtsstaat“ als publizistische Grundhaltung formulierte.“

70 Jahre Grundgesetz – Das sagen prominente Frauen

Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz für Deutschland verabschiedet – hauptsächlich geschrieben von Männern. Wir lassen nun Frauen zu Wort kommen. So zum Beispiel Annegret Kramp-Karrenbauer, Bundesvorsitzende der CDU: „Unser Grundgesetz  hat der Bundesrepublik Sicherheit, Frieden und Wohlstand ermöglicht. Alle Errungenschaften im Sinne von Frauen waren bereits vor 70 Jahren angelegt. Das beweist die Tatsache, dass für keine Verbesserung der rechtlichen Situation von Frauen eine Grundgesetzänderung nötig war. Wir Frauen dürfen den 70. Geburtstag des Grundgesetzes stolz und selbstbewusst feiern. Denn beim Kampf gegen männerdominierte Gesellschaftsbilder war unsere Verfassung immer eine Mitstreiterin, nie der Gegner.“
Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz für Deutschland verabschiedet – hauptsächlich geschrieben von Männern. Wir lassen nun Frauen zu Wort kommen. So zum Beispiel Annegret Kramp-Karrenbauer, Bundesvorsitzende der CDU: „Unser Grundgesetz hat der Bundesrepublik Sicherheit, Frieden und Wohlstand ermöglicht. Alle Errungenschaften im Sinne von Frauen waren bereits vor 70 Jahren angelegt. Das beweist die Tatsache, dass für keine Verbesserung der rechtlichen Situation von Frauen eine Grundgesetzänderung nötig war. Wir Frauen dürfen den 70. Geburtstag des Grundgesetzes stolz und selbstbewusst feiern. Denn beim Kampf gegen männerdominierte Gesellschaftsbilder war unsere Verfassung immer eine Mitstreiterin, nie der Gegner.“ © Reto Klar | Reto Klar
Katrin Göring-Eckardt (Grüne), Fraktionschefin: „Bis 1977 brauchte eine Ehefrau in Deutschland die Erlaubnis ihres Mannes, wenn sie arbeiten wollte. Bis heute ist der Anspruch der Gleichberechtigung noch nicht voll eingelöst. Wir haben zu wenig Frauen in Parlamenten und Führungsetagen, und die Lohnungleichheit ist wie festzementiert. Das Grundgesetz bildet eine sich wandelnde Gesellschaft ab, so sehen wir es als dringend nötig an, dass der Schutz vor Diskriminierung um die sexuelle Identität ergänzt wird und die Kinderrechte ebenso wie der Klimaschutz ins Grundgesetz kommen.“
Katrin Göring-Eckardt (Grüne), Fraktionschefin: „Bis 1977 brauchte eine Ehefrau in Deutschland die Erlaubnis ihres Mannes, wenn sie arbeiten wollte. Bis heute ist der Anspruch der Gleichberechtigung noch nicht voll eingelöst. Wir haben zu wenig Frauen in Parlamenten und Führungsetagen, und die Lohnungleichheit ist wie festzementiert. Das Grundgesetz bildet eine sich wandelnde Gesellschaft ab, so sehen wir es als dringend nötig an, dass der Schutz vor Diskriminierung um die sexuelle Identität ergänzt wird und die Kinderrechte ebenso wie der Klimaschutz ins Grundgesetz kommen.“ © imago/photothek | imago stock
Andrea Nahles, SPD-Bundesvorsitzende: „„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“, dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Es war ein unglaublicher Erfolg der Frauen um Sozialdemokratin Elisabeth Selbert, dies als Grundrecht des Artikel 3 zu erkämpfen. Das Grundgesetz ist ein Meisterwerk! Trotzdem ist die Kluft zwischen rechtlicher und tatsächlicher Gleichstellung noch groß. Auch im Deutschen Bundestag sind weibliche Abgeordnete noch eine Minderheit: Nur mit mehr Frauen können wir die Ungerechtigkeit überwinden. Frauen gehört die Hälfte. Unser Ziel ist die Parität in allen Parlamenten!“
Andrea Nahles, SPD-Bundesvorsitzende: „„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“, dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Es war ein unglaublicher Erfolg der Frauen um Sozialdemokratin Elisabeth Selbert, dies als Grundrecht des Artikel 3 zu erkämpfen. Das Grundgesetz ist ein Meisterwerk! Trotzdem ist die Kluft zwischen rechtlicher und tatsächlicher Gleichstellung noch groß. Auch im Deutschen Bundestag sind weibliche Abgeordnete noch eine Minderheit: Nur mit mehr Frauen können wir die Ungerechtigkeit überwinden. Frauen gehört die Hälfte. Unser Ziel ist die Parität in allen Parlamenten!“ © picture alliance/dpa | dpa Picture-Alliance / Christoph Soeder
Laura Tonke, mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnete Schauspielerin: „Geschlechtergerechte Sprache sollte ins Grundgesetz, damit sich auch Frauen angesprochen fühlen. So verweist schließlich auch der Artikel 3, Absatz, dass niemand wegen seines Geschlechtes diskriminiert werden darf, tatsächlich ist das generische Maskulinum aber de facto eine Diskriminierung. Es wäre gut, wenn sich zum Beispiel mit Hilfe von Gender-Sternchen etwas daran ändern könnte. Das wäre doch schön, jetzt so 70 Jahre später.“
Laura Tonke, mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnete Schauspielerin: „Geschlechtergerechte Sprache sollte ins Grundgesetz, damit sich auch Frauen angesprochen fühlen. So verweist schließlich auch der Artikel 3, Absatz, dass niemand wegen seines Geschlechtes diskriminiert werden darf, tatsächlich ist das generische Maskulinum aber de facto eine Diskriminierung. Es wäre gut, wenn sich zum Beispiel mit Hilfe von Gender-Sternchen etwas daran ändern könnte. Das wäre doch schön, jetzt so 70 Jahre später.“ © imago/Lumma Foto | imago stock
Sahra Wagenknecht, Fraktionsvorsitzende Die Linke: „Leider wurden in den vergangenen Jahrzehnten wichtige Grundrechte ausgehöhlt – etwa das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung oder der Privatsphäre. Daher freut es mich sehr, dass angesichts eines immer rücksichtsloseren Renditehungers von Finanzinvestoren und Immobilienkonzernen wieder häufiger an die grundgesetzlich verankerte Sozialverpflichtung des Eigentums erinnert wird. Denn Wohnen ist aus unserer Sicht ein soziales Grundrecht, das man gegen die Preistreiberei privater Immobilienhaie durchsetzen muss.“
Sahra Wagenknecht, Fraktionsvorsitzende Die Linke: „Leider wurden in den vergangenen Jahrzehnten wichtige Grundrechte ausgehöhlt – etwa das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung oder der Privatsphäre. Daher freut es mich sehr, dass angesichts eines immer rücksichtsloseren Renditehungers von Finanzinvestoren und Immobilienkonzernen wieder häufiger an die grundgesetzlich verankerte Sozialverpflichtung des Eigentums erinnert wird. Denn Wohnen ist aus unserer Sicht ein soziales Grundrecht, das man gegen die Preistreiberei privater Immobilienhaie durchsetzen muss.“ © picture alliance/dpa | dpa Picture-Alliance / Britta Pedersen
Martina Voss-Tecklenburg, Bundestrainerin der Frauen-Fußballnationalmannschaft: „70 Jahre Grundgesetz ist ein Grund zu feiern – und gleichzeitig ist die Zeit reif dafür, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Sie sind unsere Zukunft. Der Staat hat nicht nur die Verpflichtung, Kinder zu schützen, sondern auch sie zu fördern, zu fordern und zu beteiligen. Dem Grundgesetz als Wertekanon würde das gut tun.“
Martina Voss-Tecklenburg, Bundestrainerin der Frauen-Fußballnationalmannschaft: „70 Jahre Grundgesetz ist ein Grund zu feiern – und gleichzeitig ist die Zeit reif dafür, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Sie sind unsere Zukunft. Der Staat hat nicht nur die Verpflichtung, Kinder zu schützen, sondern auch sie zu fördern, zu fordern und zu beteiligen. Dem Grundgesetz als Wertekanon würde das gut tun.“ © picture alliance/dpa | dpa Picture-Alliance / Sebastian Gollnow
Katarina Barley (SPD), Justizministerin: „Es ist der Sozialdemokratin Elisabeth Selbert zu verdanken, dass die Gleichberechtigung von Frau und Mann explizit im Grundgesetz festgeschrieben wurde. Das kann gar nicht hoch genug geschätzt werden. Erst nachdem Selbert Frauen im ganzen Land mobilisiert hatte, wurde ein entsprechender Antrag der SPD angenommen. Es waren also Frauen, die ihre aus heutiger Sicht selbstverständliche Gleichberechtigung erst mühsam gegen massive Widerstände erkämpfen mussten. Hätten Frauen die Verfassung geschrieben, wäre der Satz, dass der Staat auf die tatsächliche Durchsetzung dieser Gleichberechtigung hinwirkt, wahrscheinlich nicht erst 1994 eingefügt worden. Mit einem früheren Bekenntnis wären wir heute sicherlich schon gesellschaftspolitisch deutlich weiter. Noch immer gibt es nämlich keine echte Gleichstellung – sei es beim Frauenanteil in Führungspositionen, im Parlament oder bei der Tatsache, dass Frauen im Schnitt immer noch rund 20 Prozent weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen.“
Katarina Barley (SPD), Justizministerin: „Es ist der Sozialdemokratin Elisabeth Selbert zu verdanken, dass die Gleichberechtigung von Frau und Mann explizit im Grundgesetz festgeschrieben wurde. Das kann gar nicht hoch genug geschätzt werden. Erst nachdem Selbert Frauen im ganzen Land mobilisiert hatte, wurde ein entsprechender Antrag der SPD angenommen. Es waren also Frauen, die ihre aus heutiger Sicht selbstverständliche Gleichberechtigung erst mühsam gegen massive Widerstände erkämpfen mussten. Hätten Frauen die Verfassung geschrieben, wäre der Satz, dass der Staat auf die tatsächliche Durchsetzung dieser Gleichberechtigung hinwirkt, wahrscheinlich nicht erst 1994 eingefügt worden. Mit einem früheren Bekenntnis wären wir heute sicherlich schon gesellschaftspolitisch deutlich weiter. Noch immer gibt es nämlich keine echte Gleichstellung – sei es beim Frauenanteil in Führungspositionen, im Parlament oder bei der Tatsache, dass Frauen im Schnitt immer noch rund 20 Prozent weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen.“ © picture alliance / Geisler-Fotop | dpa Picture-Alliance / Clemens Niehaus/Geisler-Fotopres
Julia Klöckner (CDU), Bundesministerin für Ernährung: „Unser Grundgesetz ist Vorbild für viele  andere Länder. Wir können stolz darauf sein. Und mögen es einst deutlich weniger „Mütter“ als „Väter“ des Grundgesetzes gewesen sein, so haben sie doch den kraftvollen Satz in Artikel 3 festgeschrieben: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“. Gerade in Zeiten der Zuwanderung aus patriarchalisch geprägten Ländern geht es darum deutlich zu machen, dass dieser Satz nicht zur Diskussion steht – Gleichberechtigung ist bei uns nicht verhandelbar. Gleich, woher jemand kommt.“
Julia Klöckner (CDU), Bundesministerin für Ernährung: „Unser Grundgesetz ist Vorbild für viele andere Länder. Wir können stolz darauf sein. Und mögen es einst deutlich weniger „Mütter“ als „Väter“ des Grundgesetzes gewesen sein, so haben sie doch den kraftvollen Satz in Artikel 3 festgeschrieben: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“. Gerade in Zeiten der Zuwanderung aus patriarchalisch geprägten Ländern geht es darum deutlich zu machen, dass dieser Satz nicht zur Diskussion steht – Gleichberechtigung ist bei uns nicht verhandelbar. Gleich, woher jemand kommt.“ © picture alliance/dpa | dpa Picture-Alliance / Danny Gohlke
Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin Rheinland-Pfalz: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Diese Sätze unseres Grundgesetzes sind in ihrer Klarheit ein Meisterwerk. Das ist auch den klugen Müttern unseres Grundgesetzes zu verdanken, die mit Engagement und breiter öffentlicher Unterstützung diesen Epochenwandel erreichten. Artikel 3 ist zugleich Mahnung und Auftrag: Die Gleichberechtigung hat in den vergangenen Jahrzehnten große Fortschritte erzielt. Dennoch bleibt viel zu tun etwa bei ungleich besetzten Führungspositionen in Politik und Wirtschaft, der Bezahlung oder der täglichen Gewalt gegen Frauen. Wir alle sind gefordert, den Auftrag des Grundgesetzes zu echter Gleichberechtigung umzusetzen.“
Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin Rheinland-Pfalz: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Diese Sätze unseres Grundgesetzes sind in ihrer Klarheit ein Meisterwerk. Das ist auch den klugen Müttern unseres Grundgesetzes zu verdanken, die mit Engagement und breiter öffentlicher Unterstützung diesen Epochenwandel erreichten. Artikel 3 ist zugleich Mahnung und Auftrag: Die Gleichberechtigung hat in den vergangenen Jahrzehnten große Fortschritte erzielt. Dennoch bleibt viel zu tun etwa bei ungleich besetzten Führungspositionen in Politik und Wirtschaft, der Bezahlung oder der täglichen Gewalt gegen Frauen. Wir alle sind gefordert, den Auftrag des Grundgesetzes zu echter Gleichberechtigung umzusetzen.“ © picture alliance / Britta Peders | dpa Picture-Alliance / Britta Pedersen
Linda Teuteberg, FDP-Generalsekretärin: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Diese Sätze unseres Grundgesetzes sind in ihrer Klarheit ein Meisterwerk. Das ist auch den klugen Müttern unseres Grundgesetzes zu verdanken, die mit Engagement und breiter öffentlicher Unterstützung diesen Epochenwandel erreichten. Artikel 3 ist zugleich Mahnung und Auftrag: Die Gleichberechtigung hat in den vergangenen Jahrzehnten große Fortschritte erzielt. Dennoch bleibt viel zu tun etwa bei ungleich besetzten Führungspositionen in Politik und Wirtschaft, der Bezahlung oder der täglichen Gewalt gegen Frauen. Wir alle sind gefordert, den Auftrag des Grundgesetzes zu echter Gleichberechtigung umzusetzen.“
Linda Teuteberg, FDP-Generalsekretärin: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Diese Sätze unseres Grundgesetzes sind in ihrer Klarheit ein Meisterwerk. Das ist auch den klugen Müttern unseres Grundgesetzes zu verdanken, die mit Engagement und breiter öffentlicher Unterstützung diesen Epochenwandel erreichten. Artikel 3 ist zugleich Mahnung und Auftrag: Die Gleichberechtigung hat in den vergangenen Jahrzehnten große Fortschritte erzielt. Dennoch bleibt viel zu tun etwa bei ungleich besetzten Führungspositionen in Politik und Wirtschaft, der Bezahlung oder der täglichen Gewalt gegen Frauen. Wir alle sind gefordert, den Auftrag des Grundgesetzes zu echter Gleichberechtigung umzusetzen.“ © picture alliance / SvenSimon | dpa Picture-Alliance / Annegret Hilse / SVEN SIMON
Franziska Giffey (SPD), Familienministerin: „Die Verfassung ist die wertvolle Basis unserer Demokratie. Deshalb müssen wir sorgsam mit ihr umgehen, sie aber auch gesellschaftlichen Veränderungen anpassen, zum Beispiel, damit der Bund sich finanziell stärker beim Ausbau der digitalen Infrastruktur an Schulen, bei der Entwicklung des öffentlichen Nahverkehrs oder beim sozialen Wohnungsbau beteiligen kann. Zum Schutz, der Förderung und der Beteiligung von Kindern sollten Kinderrechte auch ins Grundgesetz aufgenommen werden. Dafür setze ich mich ein.“
Franziska Giffey (SPD), Familienministerin: „Die Verfassung ist die wertvolle Basis unserer Demokratie. Deshalb müssen wir sorgsam mit ihr umgehen, sie aber auch gesellschaftlichen Veränderungen anpassen, zum Beispiel, damit der Bund sich finanziell stärker beim Ausbau der digitalen Infrastruktur an Schulen, bei der Entwicklung des öffentlichen Nahverkehrs oder beim sozialen Wohnungsbau beteiligen kann. Zum Schutz, der Förderung und der Beteiligung von Kindern sollten Kinderrechte auch ins Grundgesetz aufgenommen werden. Dafür setze ich mich ein.“ © picture alliance/dpa | dpa Picture-Alliance / Christoph Soeder
Sigrid Nikutta, Vorstandsvorsitzende der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG): „Das Grundgesetz ist für mich bis heute ein würdiger und prägender Rahmen für das Zusammenleben in unserem Land. Ich bin froh und auch stolz auf dieses Fundament für das demokratische Miteinander. Dabei ist nicht entscheidend, ob das Grundgesetz von Männern oder Frauen geschaffen wurde, sondern vielmehr, wie seine Inhalte heute und morgen gelebt werden. Vor allem ist es wichtig, dass wir weiterhin engagiert seine Werte verteidigen und unsere gemeinsame Zukunft in seinem Sinne gestalten. Um hier wirksam Einfluss nehmen zu können, müssen künftig allerdings noch viel mehr Frauen führende Positionen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft bekleiden. Dafür braucht es zwar einen grundlegenden Wandel, aber kein neues Grundgesetz.“
Sigrid Nikutta, Vorstandsvorsitzende der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG): „Das Grundgesetz ist für mich bis heute ein würdiger und prägender Rahmen für das Zusammenleben in unserem Land. Ich bin froh und auch stolz auf dieses Fundament für das demokratische Miteinander. Dabei ist nicht entscheidend, ob das Grundgesetz von Männern oder Frauen geschaffen wurde, sondern vielmehr, wie seine Inhalte heute und morgen gelebt werden. Vor allem ist es wichtig, dass wir weiterhin engagiert seine Werte verteidigen und unsere gemeinsame Zukunft in seinem Sinne gestalten. Um hier wirksam Einfluss nehmen zu können, müssen künftig allerdings noch viel mehr Frauen führende Positionen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft bekleiden. Dafür braucht es zwar einen grundlegenden Wandel, aber kein neues Grundgesetz.“ © picture alliance/dpa | dpa Picture-Alliance / Monika Skolimowska
Rita Süssmuth (CDU), Bundestagspräsidentin a. D. : „Nach der Aufnahme der Gleichberechtigung ins Grundgesetz folgte im Jahr 1994 der dritte und besonders strittige Zusatz Artikel 3 Absatz 2: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Heute sind wir in die Zeit vor 1990 zurückgefallen, wenn es um die aktive Mitwirkung der Frauen geht. Wir bedürfen dringend Maßnahmen, die die Beteiligung umkehrt in Richtung Parität. Die Frauen haben lange genug gewartet. Neues Denken und Handeln tut Not.“
Rita Süssmuth (CDU), Bundestagspräsidentin a. D. : „Nach der Aufnahme der Gleichberechtigung ins Grundgesetz folgte im Jahr 1994 der dritte und besonders strittige Zusatz Artikel 3 Absatz 2: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Heute sind wir in die Zeit vor 1990 zurückgefallen, wenn es um die aktive Mitwirkung der Frauen geht. Wir bedürfen dringend Maßnahmen, die die Beteiligung umkehrt in Richtung Parität. Die Frauen haben lange genug gewartet. Neues Denken und Handeln tut Not.“ © picture alliance/dpa | dpa Picture-Alliance / Martin Schutt
Nora Imlau, Autorin „So viel Freude, so viel Wut“: „Für die Väter des Grundgesetzes war klar: Wie Eltern ihre Kinder erziehen, ist ihre Sache - der Staat hat sich da nicht einzumischen. Deshalb steht bis heute in Artikel 6 des Grundgesetzes, die Pflege und Erziehung der eigenen Kinder sei „das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht“. Doch so verständlich dieser Fokus auf das Elternrecht vor dem Hintergrund der vorausgegangen gezielten staatlichen Indoktrination während der NS-Diktatur ist, so wenig zeitgemäß ist der Ansatz heute. Denn was im Grundgesetz fehlt, sind eigens verbriefte Kinderrechte, die klar aufzeigen, dass Kinder vollwertige Menschen mit eigenen Bedürfnissen sind, auf deren Erfüllung die ein Recht haben - unabhängig von den Erziehungsvorstellungen ihrer Eltern. Deshalb bin ich dafür, ins Grundgesetz explizit das Recht eines jeden Kindes auf ein Aufwachsen frei von körperlicher wie seelischer Gewalt, sowie auf Bildung, Gesundheit und freie Entfaltung der eigenen Persönlichkeit aufzunehmen.“
Nora Imlau, Autorin „So viel Freude, so viel Wut“: „Für die Väter des Grundgesetzes war klar: Wie Eltern ihre Kinder erziehen, ist ihre Sache - der Staat hat sich da nicht einzumischen. Deshalb steht bis heute in Artikel 6 des Grundgesetzes, die Pflege und Erziehung der eigenen Kinder sei „das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht“. Doch so verständlich dieser Fokus auf das Elternrecht vor dem Hintergrund der vorausgegangen gezielten staatlichen Indoktrination während der NS-Diktatur ist, so wenig zeitgemäß ist der Ansatz heute. Denn was im Grundgesetz fehlt, sind eigens verbriefte Kinderrechte, die klar aufzeigen, dass Kinder vollwertige Menschen mit eigenen Bedürfnissen sind, auf deren Erfüllung die ein Recht haben - unabhängig von den Erziehungsvorstellungen ihrer Eltern. Deshalb bin ich dafür, ins Grundgesetz explizit das Recht eines jeden Kindes auf ein Aufwachsen frei von körperlicher wie seelischer Gewalt, sowie auf Bildung, Gesundheit und freie Entfaltung der eigenen Persönlichkeit aufzunehmen.“ © Christoph Luttenberger | Christoph Luttenberger
Mirjam Wenzel, Direktorin Jüdisches Museum Frankfurt: „Die Wendung „die Väter des Grundgesetzes“ hat über Jahrzehnte hinweg unsere Vorstellung von der Zusammensetzung des Parlamentarischen Rats geprägt. De facto aber setzten die vier Frauen, die damals an der Ausarbeitung des Grundgesetzes beteiligt waren, weit mehr als die gleichen staatsbürgerlichen Rechte für Frauen durch. Sie machten die Idee der Gleichberechtigung zu einem allgemeinverbindlichen Grundrecht, das als ebensolches vielerorts noch immer nicht beherzigt wird. Das Grundgesetz wurde zwar maßgeblich von der internationalen Erklärung der Menschenrechte geprägt, die 1948 von der UNO verabschiedet wurde. Aber es legt in erster Linie die (innen)politische Ordnung der Bundesrepublik Deutschland fest. Heute sind hingegen sowohl die von Emmanuel Macron aufgeworfene Idee einer neuen europäischen Verfassung als auch die Frage von großer Bedeutung, welche Rolle Deutschland aufgrund seiner Geschichte in einer globalisierten Welt spielen kann und sollte. Hier gilt es, die seinerzeit zukunftweisenden Gedanken des Grundgesetzes weiter auszubauen, um der Rückkehr nationaler Chauvinismen entgegen zu wirken.“
Mirjam Wenzel, Direktorin Jüdisches Museum Frankfurt: „Die Wendung „die Väter des Grundgesetzes“ hat über Jahrzehnte hinweg unsere Vorstellung von der Zusammensetzung des Parlamentarischen Rats geprägt. De facto aber setzten die vier Frauen, die damals an der Ausarbeitung des Grundgesetzes beteiligt waren, weit mehr als die gleichen staatsbürgerlichen Rechte für Frauen durch. Sie machten die Idee der Gleichberechtigung zu einem allgemeinverbindlichen Grundrecht, das als ebensolches vielerorts noch immer nicht beherzigt wird. Das Grundgesetz wurde zwar maßgeblich von der internationalen Erklärung der Menschenrechte geprägt, die 1948 von der UNO verabschiedet wurde. Aber es legt in erster Linie die (innen)politische Ordnung der Bundesrepublik Deutschland fest. Heute sind hingegen sowohl die von Emmanuel Macron aufgeworfene Idee einer neuen europäischen Verfassung als auch die Frage von großer Bedeutung, welche Rolle Deutschland aufgrund seiner Geschichte in einer globalisierten Welt spielen kann und sollte. Hier gilt es, die seinerzeit zukunftweisenden Gedanken des Grundgesetzes weiter auszubauen, um der Rückkehr nationaler Chauvinismen entgegen zu wirken.“ © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Alexander Heinl
Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommern: „Dank der Sozialdemokratin Elisabeth Selbert ist die Gleichberechtigung der Frau 1949 in das Grundgesetz der Bundesrepublik aufgenommen worden. Ein historischer Höhepunkt und eine Wende der Frauenrechte in den damaligen Westzonen. Frauen in Ost und West haben nach der Wiedervereinigung gemeinsam dafür gekämpft, den sich daraus ergebenden Handlungsauftrag für die Politik klarzustellen. Seit 1993 heißt es: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Ein wichtiger gleichstellungspolitischer Fortschritt. Denn wie kaum an einer anderen Stelle des GG wird ein klarer Auftrag an den Staat formuliert, um die Gleichberechtigung aktiv voranzubringen. Auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene bildet dies die Rechtsgrundlage für unsere Gleichstellungsgesetze. Was nicht bedacht wurde, sind die Rechte von Kindern. Sie haben eigene Meinungen, Wünsche und Bedürfnisse. Wir müssen ihre Rechte da festschreiben, wo die Pfeiler unseres Zusammenlebens geregelt sind: Bei den Grundrechten im Grundgesetz. Dadurch würden die Rechte von Kindern gestärkt und ihr Schutz verbessert.“
Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommern: „Dank der Sozialdemokratin Elisabeth Selbert ist die Gleichberechtigung der Frau 1949 in das Grundgesetz der Bundesrepublik aufgenommen worden. Ein historischer Höhepunkt und eine Wende der Frauenrechte in den damaligen Westzonen. Frauen in Ost und West haben nach der Wiedervereinigung gemeinsam dafür gekämpft, den sich daraus ergebenden Handlungsauftrag für die Politik klarzustellen. Seit 1993 heißt es: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Ein wichtiger gleichstellungspolitischer Fortschritt. Denn wie kaum an einer anderen Stelle des GG wird ein klarer Auftrag an den Staat formuliert, um die Gleichberechtigung aktiv voranzubringen. Auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene bildet dies die Rechtsgrundlage für unsere Gleichstellungsgesetze. Was nicht bedacht wurde, sind die Rechte von Kindern. Sie haben eigene Meinungen, Wünsche und Bedürfnisse. Wir müssen ihre Rechte da festschreiben, wo die Pfeiler unseres Zusammenlebens geregelt sind: Bei den Grundrechten im Grundgesetz. Dadurch würden die Rechte von Kindern gestärkt und ihr Schutz verbessert.“ © picture alliance/dpa | dpa Picture-Alliance / Rainer Jensen
Annette Widmann-Mauz, Vorsitzende der Frauen Union der CDU Deutschlands: „Wir haben die weltweit beste Verfassung. Über allem steht Artikel 1 „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Unser Grundgesetz ist jedoch kein festes unveränderbares Konstrukt. Wir brauchen zivilgesellschaftliches Engagement, um das Grundgesetz im Alltag mit Leben zu füllen. Als CDU-Frauenpolitikerin kämpfe ich für die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung. Damit das auch kraftvoll und erfolgreich gelingen kann, brauchen wir mehr Frauen in den Parlamenten, die ihre Sicht, Kompetenz und Erfahrung einbringen. Seit 1994 gibt es dank unserer Hartnäckigkeit den Gleichstellungsauftrag des Staates. Das verpflichtet uns auch für die Zukunft.“
Annette Widmann-Mauz, Vorsitzende der Frauen Union der CDU Deutschlands: „Wir haben die weltweit beste Verfassung. Über allem steht Artikel 1 „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Unser Grundgesetz ist jedoch kein festes unveränderbares Konstrukt. Wir brauchen zivilgesellschaftliches Engagement, um das Grundgesetz im Alltag mit Leben zu füllen. Als CDU-Frauenpolitikerin kämpfe ich für die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung. Damit das auch kraftvoll und erfolgreich gelingen kann, brauchen wir mehr Frauen in den Parlamenten, die ihre Sicht, Kompetenz und Erfahrung einbringen. Seit 1994 gibt es dank unserer Hartnäckigkeit den Gleichstellungsauftrag des Staates. Das verpflichtet uns auch für die Zukunft.“ © picture alliance / Soeren Stache | dpa Picture-Alliance / Soeren Stache
Dorothee Bär (CSU), Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung: „Ich bin den Müttern und Vätern unseres Grundgesetzes sehr dankbar für unsere weise Verfassung. Artikel 1 beinhaltet bereits alles, was ein friedliches Zusammenleben einer Gemeinschaft ausmacht, nämlich die Würde jeder einzelnen und jedes einzelnen jederzeit zu achten. Dies beinhaltet bereits Toleranz gegenüber dem oder der Nächsten sowie größtmögliche Entfaltungsfreiheit unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Religion und vielem mehr. Trotzdem war es zentral, dass die Mütter des Grundgesetzes Artikel 3 mit reinverhandelt haben. Aus ihm heraus hat sich ein gesamtes Politikfeld entwickelt, darauf fußen viele weitere Rechtsetzungen und Rechtsprechungen. Das zeigt: damals wie heute ist es entscheidend, dass Frauen in den Verhandlungen und Gremien präsent sind, die die künftige Ausrichtung beschließen. Heute können wir uns mit einem solchen Frauenanteil wie dem des Parlamentarischen Rates natürlich nicht zufriedengeben. Parität ist unser Ziel und das muss in den Parlamenten genauso selbstverständlich sein wie in Aufsichtsräten.“
Dorothee Bär (CSU), Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung: „Ich bin den Müttern und Vätern unseres Grundgesetzes sehr dankbar für unsere weise Verfassung. Artikel 1 beinhaltet bereits alles, was ein friedliches Zusammenleben einer Gemeinschaft ausmacht, nämlich die Würde jeder einzelnen und jedes einzelnen jederzeit zu achten. Dies beinhaltet bereits Toleranz gegenüber dem oder der Nächsten sowie größtmögliche Entfaltungsfreiheit unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Religion und vielem mehr. Trotzdem war es zentral, dass die Mütter des Grundgesetzes Artikel 3 mit reinverhandelt haben. Aus ihm heraus hat sich ein gesamtes Politikfeld entwickelt, darauf fußen viele weitere Rechtsetzungen und Rechtsprechungen. Das zeigt: damals wie heute ist es entscheidend, dass Frauen in den Verhandlungen und Gremien präsent sind, die die künftige Ausrichtung beschließen. Heute können wir uns mit einem solchen Frauenanteil wie dem des Parlamentarischen Rates natürlich nicht zufriedengeben. Parität ist unser Ziel und das muss in den Parlamenten genauso selbstverständlich sein wie in Aufsichtsräten.“ © picture alliance / SvenSimon | dpa Picture-Alliance / Frank Hoermann/SVEN SIMON
Alice Weidel, AfD-Fraktionschefin: „Das Grundgesetz ist hervorragend. Nur zu oft führen Ergänzungen zu Verwässerungen und schaffen neue Vorwände für die Politik, sich in die Entscheidungsfreiheit der Bürger einzumischen. Das traf schon auf die Ergänzung von Art. 3 Abs. 2 zu, die dem „Staat“ auftrug, die „tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern“ zu fördern. Frauenquoten und die über das EU-Recht eingeführte Ideologie des „Gender Mainstreaming“ reduzieren uns auf das Geschlecht und sprechen uns indirekt die Fähigkeit ab, uns aufgrund eigener Leistung durchzusetzen. Wir brauchen weder neue Verfassungsänderungen noch mehr Gesetze, sondern mehr Freiheit.“
Alice Weidel, AfD-Fraktionschefin: „Das Grundgesetz ist hervorragend. Nur zu oft führen Ergänzungen zu Verwässerungen und schaffen neue Vorwände für die Politik, sich in die Entscheidungsfreiheit der Bürger einzumischen. Das traf schon auf die Ergänzung von Art. 3 Abs. 2 zu, die dem „Staat“ auftrug, die „tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern“ zu fördern. Frauenquoten und die über das EU-Recht eingeführte Ideologie des „Gender Mainstreaming“ reduzieren uns auf das Geschlecht und sprechen uns indirekt die Fähigkeit ab, uns aufgrund eigener Leistung durchzusetzen. Wir brauchen weder neue Verfassungsänderungen noch mehr Gesetze, sondern mehr Freiheit.“ © picture alliance/dpa | dpa Picture-Alliance / Stefan Puchner
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), stellvertretende Vorsitzende des Vorstandes der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit: „Bereits im Parlamentarischen Rat 1948 rief der einfache Satz, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind, kontroverse Einlassungen hervor. Es ist Politikerinnen wie Elisabeth Selbert zu verdanken, dass Frauen überhaupt Einfluss auf die Grundgesetzgebung hatten. Dass durch mehr Frauen im Parlamentarischen Rat spätere Korrekturen des Grundgesetzes hinfällig gewesen wären, ist eine mutige Spekulation, denn nicht allen Frauen war die Gleichberechtigung so wichtig – aber ist es nicht bezeichnend, dass der Gleichberechtigungsartikel erst 1993 um einen Satz ergänzt wurde, der die staatliche Durchsetzung eben jener verlangt? Und dennoch sind Frauen in Politik und Wirtschaft unterrepräsentiert. Statt weiterer Grundgesetzänderungen brauchen wir eine konsequente Umsetzung der gesetzlich verankerten Gleichberechtigung und Teilhabe von Frauen in allen Bereichen.“
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), stellvertretende Vorsitzende des Vorstandes der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit: „Bereits im Parlamentarischen Rat 1948 rief der einfache Satz, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind, kontroverse Einlassungen hervor. Es ist Politikerinnen wie Elisabeth Selbert zu verdanken, dass Frauen überhaupt Einfluss auf die Grundgesetzgebung hatten. Dass durch mehr Frauen im Parlamentarischen Rat spätere Korrekturen des Grundgesetzes hinfällig gewesen wären, ist eine mutige Spekulation, denn nicht allen Frauen war die Gleichberechtigung so wichtig – aber ist es nicht bezeichnend, dass der Gleichberechtigungsartikel erst 1993 um einen Satz ergänzt wurde, der die staatliche Durchsetzung eben jener verlangt? Und dennoch sind Frauen in Politik und Wirtschaft unterrepräsentiert. Statt weiterer Grundgesetzänderungen brauchen wir eine konsequente Umsetzung der gesetzlich verankerten Gleichberechtigung und Teilhabe von Frauen in allen Bereichen.“ © picture alliance / Eventpress | dpa Picture-Alliance / Eventpress Stauffenberg
Julia Fischer, Biologin, Primaten- und Verhaltensforscherin, Universität Göttingen: „Ich vermute, das Grundgesetz wäre nicht viel anders ausgefallen, wenn damals mehr Frauen beteiligt gewesen wären. Ich stelle mir vor, dass die weibliche Perspektive damals kein so bedeutsames Thema war. Ich würde es allerdings begrüßen, wenn die Rechte von Kindern stärker berücksichtigt würden. Der Gedanke des Umweltschutzes wurde in den 1990er Jahren bereits aufgenommen. Größere Veränderungswünsche habe ich ansonsten nicht; wichtig ist mir vielmehr, dass unserer Verfassung wieder eine größere Wertschätzung entgegengebracht wird und man diese als etwas begreift, für das es sich einzutreten lohnt.“
Julia Fischer, Biologin, Primaten- und Verhaltensforscherin, Universität Göttingen: „Ich vermute, das Grundgesetz wäre nicht viel anders ausgefallen, wenn damals mehr Frauen beteiligt gewesen wären. Ich stelle mir vor, dass die weibliche Perspektive damals kein so bedeutsames Thema war. Ich würde es allerdings begrüßen, wenn die Rechte von Kindern stärker berücksichtigt würden. Der Gedanke des Umweltschutzes wurde in den 1990er Jahren bereits aufgenommen. Größere Veränderungswünsche habe ich ansonsten nicht; wichtig ist mir vielmehr, dass unserer Verfassung wieder eine größere Wertschätzung entgegengebracht wird und man diese als etwas begreift, für das es sich einzutreten lohnt.“ © Uni Göttingen | Uni Göttingen
Elke Hannack, stellvertretende DGB-Vorsitzende: „Wenn vor 70 Jahren mehr Frauen am Grundgesetz mitgeschrieben hätten, wären wir heute mit der Gleichberechtigung sicher ein gutes Stück weiter. „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ – dass es diese Formulierung 1949 ins Grundgesetz geschafft hat, dafür haben wir Elisabeth Selbert, einer der vier ‚Mütter des Grundgesetzes‘ zu danken, die dies mit ihren Mitstreiterinnen im Parlamentarischen Rat durchgesetzt hatte. Unter den 65 stimmberechtigten Mitgliedern dieses Rates gab es nur vier Frauen! Im Zuge der Deutschen Einheit kam erneut Schwung in die Sache, als Artikel 3 um den Zusatz ergänzt wurde, der Staat möge die Gleichberechtigung von Frauen und Männern tatsächlich durchsetzen und er „wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Daraus leitet sich heute auch der Auftrag ab, aktiv gegen die mangelnde Repräsentanz von Frauen in deutschen Parlamenten vorzugehen. Denn Frauen und Männer müssen in gleichem Maße dazu beitragen (können), die Politik in unserem Land zu gestalten. Die anstehenden Wahlrechtsreformen sollten Bund und Länder nutzen, um endlich Parität in den Parlamenten herzustellen.“
Elke Hannack, stellvertretende DGB-Vorsitzende: „Wenn vor 70 Jahren mehr Frauen am Grundgesetz mitgeschrieben hätten, wären wir heute mit der Gleichberechtigung sicher ein gutes Stück weiter. „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ – dass es diese Formulierung 1949 ins Grundgesetz geschafft hat, dafür haben wir Elisabeth Selbert, einer der vier ‚Mütter des Grundgesetzes‘ zu danken, die dies mit ihren Mitstreiterinnen im Parlamentarischen Rat durchgesetzt hatte. Unter den 65 stimmberechtigten Mitgliedern dieses Rates gab es nur vier Frauen! Im Zuge der Deutschen Einheit kam erneut Schwung in die Sache, als Artikel 3 um den Zusatz ergänzt wurde, der Staat möge die Gleichberechtigung von Frauen und Männern tatsächlich durchsetzen und er „wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Daraus leitet sich heute auch der Auftrag ab, aktiv gegen die mangelnde Repräsentanz von Frauen in deutschen Parlamenten vorzugehen. Denn Frauen und Männer müssen in gleichem Maße dazu beitragen (können), die Politik in unserem Land zu gestalten. Die anstehenden Wahlrechtsreformen sollten Bund und Länder nutzen, um endlich Parität in den Parlamenten herzustellen.“ © imago/Mauersberger | imago stock
Claudia Kemfert, Professorin für Energieökonomie am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW): „Das Grundgesetz hat sich sehr bewährt. Als Nicht-Juristin maße ich mir keine Verbesserungsvorschläge an. Die aktuell so wichtigen Klimaschutzgesetze sind ja auch mit dem derzeitigen Grundgesetz möglich. Erfreulicherweise hat eine Frau, die „Verfassungsmutter“ Elisabeth Selbert, das Grundgesetz mit Artikel 3 Absatz 2, dem Gleichberechtigungsparagrafen, maßgeblich geprägt. Ihre Geschichte zeigt einmal mehr, dass kluge, mutige und beharrliche Frauen unsere Gesellschaft voranbringen. Auch im Kampf für mehr Umwelt- und Klimaschutz sind es heute wieder mutige Frauen wie Greta Thunberg, die sich für zukunftsweisende Veränderungen einsetzen – mit langfristig enormen Auswirkungen.“
Claudia Kemfert, Professorin für Energieökonomie am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW): „Das Grundgesetz hat sich sehr bewährt. Als Nicht-Juristin maße ich mir keine Verbesserungsvorschläge an. Die aktuell so wichtigen Klimaschutzgesetze sind ja auch mit dem derzeitigen Grundgesetz möglich. Erfreulicherweise hat eine Frau, die „Verfassungsmutter“ Elisabeth Selbert, das Grundgesetz mit Artikel 3 Absatz 2, dem Gleichberechtigungsparagrafen, maßgeblich geprägt. Ihre Geschichte zeigt einmal mehr, dass kluge, mutige und beharrliche Frauen unsere Gesellschaft voranbringen. Auch im Kampf für mehr Umwelt- und Klimaschutz sind es heute wieder mutige Frauen wie Greta Thunberg, die sich für zukunftsweisende Veränderungen einsetzen – mit langfristig enormen Auswirkungen.“ © imago images / Christian Ditsch | imago stock
Ann-Kristin Achleitner, Professorin für Betriebswirtschaftslehre, Risikokapitalgeberin: „Das Grundgesetz war und ist die beste Antwort auf die deutsche Geschichte. Dies zeigt nicht zuletzt auch die Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland – bei allem Auf und Ab. Bewusst wurden die Hürden für Änderungen sehr hochgelegt. Und es ist gut so. Es darf und soll aber nicht davon abhalten, sich immer wieder mit unseren Grundüberzeugungen zu befassen. Nur wenn wir uns mit dem Grundgesetz und seinem Geist beschäftigen, bleibt es lebendig und relevant.“
Ann-Kristin Achleitner, Professorin für Betriebswirtschaftslehre, Risikokapitalgeberin: „Das Grundgesetz war und ist die beste Antwort auf die deutsche Geschichte. Dies zeigt nicht zuletzt auch die Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland – bei allem Auf und Ab. Bewusst wurden die Hürden für Änderungen sehr hochgelegt. Und es ist gut so. Es darf und soll aber nicht davon abhalten, sich immer wieder mit unseren Grundüberzeugungen zu befassen. Nur wenn wir uns mit dem Grundgesetz und seinem Geist beschäftigen, bleibt es lebendig und relevant.“ © picture alliance / SvenSimon | dpa Picture-Alliance / FrankHoermann/SVEN SIMON
Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB): „Das deutsche Grundgesetz ist eine Erfolgsgeschichte – viele demokratische Verfassungen auf der Welt haben es als Inspiration und Vorlage genutzt. Auch in puncto Gleichberechtigung war das Grundgesetz wegweisend und ein eindrucksvolles Beispiel der Durchsetzungsfähigkeit von Frauen. Denn nur vier weibliche Mitglieder des Parlamentarischen Rates überzeugten alle 61 männlichen Mitglieder, gegen anfänglich erheblichen Widerstand, ihrem Entwurf für Artikel 3, Absatz 2 GG zuzustimmen. Dass die Gleichberechtigung von Mann und Frau in Deutschland erst zehn Jahre später in erste, konkrete Gesetze gegossen wurde, und damit ein zu einem Stück Realität für die Menschen wuchs, lag nicht an unserer Verfassung, sondern am Gesetzgeber. Und die Baustellen, die wir noch heute haben, etwa bei gleicher Bezahlung für gleiche Arbeit, müssten längst behoben sein, nähmen wir den Auftrag des Grundgesetzes ernst. Vielleicht wären die Verhandlungen im Parlamentarischen Rat für Elisabeth Selbert leichter gewesen, hätte sie mehr als drei Mitstreiterinnen gehabt. Ein anderes Ergebnis als die in Artikel 3, Absatz 2 GG festgeschriebene Gleichstellung von Mann und Frau hätte es in meinen Augen nicht gegeben.“
Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB): „Das deutsche Grundgesetz ist eine Erfolgsgeschichte – viele demokratische Verfassungen auf der Welt haben es als Inspiration und Vorlage genutzt. Auch in puncto Gleichberechtigung war das Grundgesetz wegweisend und ein eindrucksvolles Beispiel der Durchsetzungsfähigkeit von Frauen. Denn nur vier weibliche Mitglieder des Parlamentarischen Rates überzeugten alle 61 männlichen Mitglieder, gegen anfänglich erheblichen Widerstand, ihrem Entwurf für Artikel 3, Absatz 2 GG zuzustimmen. Dass die Gleichberechtigung von Mann und Frau in Deutschland erst zehn Jahre später in erste, konkrete Gesetze gegossen wurde, und damit ein zu einem Stück Realität für die Menschen wuchs, lag nicht an unserer Verfassung, sondern am Gesetzgeber. Und die Baustellen, die wir noch heute haben, etwa bei gleicher Bezahlung für gleiche Arbeit, müssten längst behoben sein, nähmen wir den Auftrag des Grundgesetzes ernst. Vielleicht wären die Verhandlungen im Parlamentarischen Rat für Elisabeth Selbert leichter gewesen, hätte sie mehr als drei Mitstreiterinnen gehabt. Ein anderes Ergebnis als die in Artikel 3, Absatz 2 GG festgeschriebene Gleichstellung von Mann und Frau hätte es in meinen Augen nicht gegeben.“ © imago/photothek | imago stock
Ramona Pop (Grüne), Berliner Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe: „Das Grundgesetz ist die Grundlage unseres Zusammenlebens. Und gilt es als selbstverständlich. Doch in zahlreichen Ländern, leider auch in Europa, missachten Regierungen Menschenrechte und die unverletzliche Würde des Einzelnen. Die freiheitlich-demokratische Grundordnung ist eine kostbare Errungenschaft, die es jeden Tag zu verteidigen gilt. Die nahende Europawahl ist auch vor diesem Hintergrund von so immenser Bedeutung. Nur wenige Frauen haben am Grundgesetz mitgeschrieben. Wir sollten daher nicht vergessen, was wir diesen mutigen Frauen zu verdanken haben. Nur durch die „Mutter des Grundgesetzes“ Elisabeth Selbert wurde zum Beispiel der Gleichberechtigungs-Grundsatz gegen großen Widerstand verankert. Wir ehren diese Frauen und ihr Wirken indem wir uns auch im Hier und Jetzt für echte Gleichberechtigung einsetzen: am Arbeitsplatz, in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.“
Ramona Pop (Grüne), Berliner Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe: „Das Grundgesetz ist die Grundlage unseres Zusammenlebens. Und gilt es als selbstverständlich. Doch in zahlreichen Ländern, leider auch in Europa, missachten Regierungen Menschenrechte und die unverletzliche Würde des Einzelnen. Die freiheitlich-demokratische Grundordnung ist eine kostbare Errungenschaft, die es jeden Tag zu verteidigen gilt. Die nahende Europawahl ist auch vor diesem Hintergrund von so immenser Bedeutung. Nur wenige Frauen haben am Grundgesetz mitgeschrieben. Wir sollten daher nicht vergessen, was wir diesen mutigen Frauen zu verdanken haben. Nur durch die „Mutter des Grundgesetzes“ Elisabeth Selbert wurde zum Beispiel der Gleichberechtigungs-Grundsatz gegen großen Widerstand verankert. Wir ehren diese Frauen und ihr Wirken indem wir uns auch im Hier und Jetzt für echte Gleichberechtigung einsetzen: am Arbeitsplatz, in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.“ © picture alliance / Britta Peders | dpa Picture-Alliance / Britta Pedersen
Ada Pellert, Rektorin der Fern-Universität in Hagen, gehört dem Digitalrat der Bundesregierung an: „Hätten Frauen das Grundgesetz stärker geprägt, wäre dessen Sprache vielleicht geschlechtersensibler ausgefallen und es wäre nicht nur von „dem“ Bundespräsidenten und „dem“ Bundeskanzler die Rede gewesen. Was mir im Grundgesetz fehlt, ist ein modernes Familienbild, das traditionelle Rollenverteilungen überwindet. Hier ist die allgemeine Erklärung der Menschenrechte deutlich weiter. Echte Gleichstellung muss sich aber vor allem in der Gesellschaft verwirklichen, die Verfassung kann dafür nur den Weg bereiten.“
Ada Pellert, Rektorin der Fern-Universität in Hagen, gehört dem Digitalrat der Bundesregierung an: „Hätten Frauen das Grundgesetz stärker geprägt, wäre dessen Sprache vielleicht geschlechtersensibler ausgefallen und es wäre nicht nur von „dem“ Bundespräsidenten und „dem“ Bundeskanzler die Rede gewesen. Was mir im Grundgesetz fehlt, ist ein modernes Familienbild, das traditionelle Rollenverteilungen überwindet. Hier ist die allgemeine Erklärung der Menschenrechte deutlich weiter. Echte Gleichstellung muss sich aber vor allem in der Gesellschaft verwirklichen, die Verfassung kann dafür nur den Weg bereiten.“ © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich
Ina Scharrenbach (CDU), Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen: „Das Grundgesetz ist unsere Leitkultur: Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit und Toleranz – und das seit über 70 Jahren. Es ist eine herausragende Ordnung geworden, die bis heute in ihren Grundfesten trägt. Wenn Frauen damals in der Mehrheit gewesen wären, wäre der Verfassungsgrundsatz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ schneller umgesetzt worden. Es hat zu lange gedauert, bis wiederum in Gesetzen – nach langem Kampf – der grundgesetzliche Auftrag in die Praxis umgesetzt wurde.“
Ina Scharrenbach (CDU), Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen: „Das Grundgesetz ist unsere Leitkultur: Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit und Toleranz – und das seit über 70 Jahren. Es ist eine herausragende Ordnung geworden, die bis heute in ihren Grundfesten trägt. Wenn Frauen damals in der Mehrheit gewesen wären, wäre der Verfassungsgrundsatz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ schneller umgesetzt worden. Es hat zu lange gedauert, bis wiederum in Gesetzen – nach langem Kampf – der grundgesetzliche Auftrag in die Praxis umgesetzt wurde.“ © picture alliance/dpa | dpa Picture-Alliance / Marius Becker
Anke Kaysser-Pyzalla, Präsidentin der Technischen Universität Braunschweig: „Auch 70 Jahre, nachdem es beschlossen wurde, sichert das Grundgesetz die Grundlagen unseres Zusammenlebens in einer stabilen und funktionierenden Demokratie. Für die Wissenschaft kommt Artikel 5 Absatz 3 mit der Gewährleistung der Wissenschaftsfreiheit eine besondere Bedeutung zu. Ohne jede staatliche Gängelung können wir auf der Grundlage dieser Bestimmung in einem freien, manchmal sicher auch kontroversen Diskurs entscheiden, wie wir mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Technologien umgehen wollen, ein Privileg, um das uns viele beneiden. Daran darf nicht gerüttelt werden. Auf der Ebene der Verfassung bedarf es keiner Änderungen, wohl aber einer intensiveren gesellschaftliche Debatte zu den zentralen wissenschaftlichen Themen und Entwicklungen.“
Anke Kaysser-Pyzalla, Präsidentin der Technischen Universität Braunschweig: „Auch 70 Jahre, nachdem es beschlossen wurde, sichert das Grundgesetz die Grundlagen unseres Zusammenlebens in einer stabilen und funktionierenden Demokratie. Für die Wissenschaft kommt Artikel 5 Absatz 3 mit der Gewährleistung der Wissenschaftsfreiheit eine besondere Bedeutung zu. Ohne jede staatliche Gängelung können wir auf der Grundlage dieser Bestimmung in einem freien, manchmal sicher auch kontroversen Diskurs entscheiden, wie wir mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Technologien umgehen wollen, ein Privileg, um das uns viele beneiden. Daran darf nicht gerüttelt werden. Auf der Ebene der Verfassung bedarf es keiner Änderungen, wohl aber einer intensiveren gesellschaftliche Debatte zu den zentralen wissenschaftlichen Themen und Entwicklungen.“ © Marcus Prell | Marcus Prell
Julia Becker, Verlegerin und Aufsichtsratsvorsitzende der FUNKE Mediengruppe: „Das Grundgesetz ist die beste Verfassung, die wir jemals in Deutschland hatten. Deshalb bin ich auch sehr zurückhaltend, wenn es um Änderungen geht. Das, was die 65 Männer und die vier besonders starken Frauen im Parlamentarischen Rat aufgeschrieben haben, legt bis heute sehr erfolgreich die Grundlage unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft. Nur funktioniert das Grundgesetz nicht von allein: Wir müssen ständig darauf achten, dass es in Gesetzen und in der Kultur unserer Gesellschaft verwirklicht und mit Leben gefüllt wird. Das gilt etwa für den Artikel 5, der die Meinungs- und Pressefreiheit garantiert, und mir als Verlegerin besonders wichtig ist. Wir müssen den Geist des Artikel 5 schützen – vor gesellschaftlichen Entwicklungen oder auch vor regulatorischen Maßnahmen des Gesetzgebers selbst. Auch Artikel 3 (2), der die Gleichberechtigung von Frauen und Männern festschreibt, setzt sich nicht von selbst um. Wir wissen alle, dass wir auch heute noch keine tatsächliche Gleichberechtigung erreicht haben. Ungleiche Bezahlung ist genauso eine gesellschaftliche Realität wie die „gläserne Decke“, die Frauen auch heute noch viel zu häufig von Führungspositionen abhält. Laut Grundgesetz darf das alles nicht sein. Die Frage ist also, welche Gesetze zu einer gerechteren und diskriminierungsfreien Gesellschaft beitragen können. Und wir müssen konstatieren, dass es das Recht alleine nicht kann; es braucht auch die Gesellschaft dafür – also uns.“
Julia Becker, Verlegerin und Aufsichtsratsvorsitzende der FUNKE Mediengruppe: „Das Grundgesetz ist die beste Verfassung, die wir jemals in Deutschland hatten. Deshalb bin ich auch sehr zurückhaltend, wenn es um Änderungen geht. Das, was die 65 Männer und die vier besonders starken Frauen im Parlamentarischen Rat aufgeschrieben haben, legt bis heute sehr erfolgreich die Grundlage unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft. Nur funktioniert das Grundgesetz nicht von allein: Wir müssen ständig darauf achten, dass es in Gesetzen und in der Kultur unserer Gesellschaft verwirklicht und mit Leben gefüllt wird. Das gilt etwa für den Artikel 5, der die Meinungs- und Pressefreiheit garantiert, und mir als Verlegerin besonders wichtig ist. Wir müssen den Geist des Artikel 5 schützen – vor gesellschaftlichen Entwicklungen oder auch vor regulatorischen Maßnahmen des Gesetzgebers selbst. Auch Artikel 3 (2), der die Gleichberechtigung von Frauen und Männern festschreibt, setzt sich nicht von selbst um. Wir wissen alle, dass wir auch heute noch keine tatsächliche Gleichberechtigung erreicht haben. Ungleiche Bezahlung ist genauso eine gesellschaftliche Realität wie die „gläserne Decke“, die Frauen auch heute noch viel zu häufig von Führungspositionen abhält. Laut Grundgesetz darf das alles nicht sein. Die Frage ist also, welche Gesetze zu einer gerechteren und diskriminierungsfreien Gesellschaft beitragen können. Und wir müssen konstatieren, dass es das Recht alleine nicht kann; es braucht auch die Gesellschaft dafür – also uns.“ © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska
Sabine Kunst, Präsidentin der Humboldt-Universität zu Berlin: „Die deutsche Nachkriegsverfassung, das Grundgesetz wird wegen seiner progressiven Rechtsnormen zu Freiheit, Gleichheit, dem Gebot der Gleichberechtigung und den Grundstrukturen der Gewaltenteilung des Staates berechtigt verehrt, unabhängig davon, in welcher Geschlechterverteilung es geschaffen wurde. Wenn auch zu wenige Frauen beteiligt waren, so haben die wenigen - Selbert und Kolleginnen - Großartiges geleistet! Die Effekte sind enorm - und natürlich noch zu verstärken. Was man ändern sollte/könnte: Mit 146 Artikeln ist es sehr umfänglich, an der einen oder anderen Stelle wären vielleicht Verdichtungen möglich. Eine besondere Herausforderung scheint jedoch, die supranationale Vernetzungen in Einklang mit dem Grundgesetz zu gestalten bzw. diese Vernetzung auch in einem nationalen Grundgesetz abzubilden.“
Sabine Kunst, Präsidentin der Humboldt-Universität zu Berlin: „Die deutsche Nachkriegsverfassung, das Grundgesetz wird wegen seiner progressiven Rechtsnormen zu Freiheit, Gleichheit, dem Gebot der Gleichberechtigung und den Grundstrukturen der Gewaltenteilung des Staates berechtigt verehrt, unabhängig davon, in welcher Geschlechterverteilung es geschaffen wurde. Wenn auch zu wenige Frauen beteiligt waren, so haben die wenigen - Selbert und Kolleginnen - Großartiges geleistet! Die Effekte sind enorm - und natürlich noch zu verstärken. Was man ändern sollte/könnte: Mit 146 Artikeln ist es sehr umfänglich, an der einen oder anderen Stelle wären vielleicht Verdichtungen möglich. Eine besondere Herausforderung scheint jedoch, die supranationale Vernetzungen in Einklang mit dem Grundgesetz zu gestalten bzw. diese Vernetzung auch in einem nationalen Grundgesetz abzubilden.“ © jörg Krauthöfer
Birgit Diezel (CDU), Thüringer Landtagspräsidentin: „Das Grundgesetz ist das Fundament unserer Staats- und Werteordnung. Es setzt Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Grundfreiheiten in einen untrennbaren Zusammenhang. Gleichberechtigung ist ein großartiger Erfolg und ein fortdauernder Anspruch unserer freiheitlichen Gesellschaft. Damit einher gehen gleiche Bildungs- und Berufschancen. Die Verwirklichung beruflicher Ziele sollte heute nur von Fleiß und Leistungsbereitschaft abhängen, nicht vom Geschlecht. Gleichberechtigung darf nicht nur in der Verfassung stehen, sondern muss in der Praxis gelebt werden. Dazu gehört ganz maßgeblich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Zum 70. Geburtstag wünsche ich unserer Verfassung die gebotene Kontinuität, aber auch Anpassungsfähigkeit mit Augenmaß.“
Birgit Diezel (CDU), Thüringer Landtagspräsidentin: „Das Grundgesetz ist das Fundament unserer Staats- und Werteordnung. Es setzt Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Grundfreiheiten in einen untrennbaren Zusammenhang. Gleichberechtigung ist ein großartiger Erfolg und ein fortdauernder Anspruch unserer freiheitlichen Gesellschaft. Damit einher gehen gleiche Bildungs- und Berufschancen. Die Verwirklichung beruflicher Ziele sollte heute nur von Fleiß und Leistungsbereitschaft abhängen, nicht vom Geschlecht. Gleichberechtigung darf nicht nur in der Verfassung stehen, sondern muss in der Praxis gelebt werden. Dazu gehört ganz maßgeblich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Zum 70. Geburtstag wünsche ich unserer Verfassung die gebotene Kontinuität, aber auch Anpassungsfähigkeit mit Augenmaß.“ © picture alliance/dpa | dpa Picture-Alliance / Arifoto Ug
Sandra Scheeres (SPD), Berliner Senatorin für Bildung, Jugend und Familie: „Unser Grundgesetz ist ein Segen für Deutschland, Fundament und Schutzmantel für Demokratie und Frieden. Das stand 1949 im Vordergrund und wäre einer Mehrheit von Verfassungsmüttern nach Weltkrieg und Nazi-Herrschaft mit Sicherheit genauso wichtig gewesen. Aber vielleicht hätte die Gleichstellung von Mann und Frau in Artikel 3 damals schon eine Ergänzung wie die von 1992 erhalten, die den Staat zur Förderung der Gleichberechtigung und dem Abbau von Benachteiligungen verpflichtet. Dann wären wir heute bei der Lohngerechtigkeit, beim Frauenanteil in Spitzenpositionen oder der Vereinbarkeit von Familie und Beruf schon weiter.“
Sandra Scheeres (SPD), Berliner Senatorin für Bildung, Jugend und Familie: „Unser Grundgesetz ist ein Segen für Deutschland, Fundament und Schutzmantel für Demokratie und Frieden. Das stand 1949 im Vordergrund und wäre einer Mehrheit von Verfassungsmüttern nach Weltkrieg und Nazi-Herrschaft mit Sicherheit genauso wichtig gewesen. Aber vielleicht hätte die Gleichstellung von Mann und Frau in Artikel 3 damals schon eine Ergänzung wie die von 1992 erhalten, die den Staat zur Förderung der Gleichberechtigung und dem Abbau von Benachteiligungen verpflichtet. Dann wären wir heute bei der Lohngerechtigkeit, beim Frauenanteil in Spitzenpositionen oder der Vereinbarkeit von Familie und Beruf schon weiter.“ © imago/Emmanuele Contini | imago stock
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Jost Lübben, Chefredakteuer „Westfalenpost“ und „Westfälische Rundschau“.
Jost Lübben, Chefredakteuer „Westfalenpost“ und „Westfälische Rundschau“. © Michael Kleinrensing

Jost Lübben, Chefredakteur „Westfalenpost“ und „Westfälische Rundschau“: „Mit dem Grundgesetz kann man es sich im Prinzip recht einfach machen. Mit ihm haben wir 70 Jahre Frieden erleben dürfen. Eine bessere Nachricht gibt es nicht.

Die Grundsätze unserer Verfassung sind in ihrem Kern – durch welche Bundestagsmehrheit auch immer – nicht veränderbar. Das gilt im Besonderen für Artikel 20, der das demokratische Prinzip unseres Gemeinwesens festschreibt.

Die Autorinnen und Autoren haben damit kluge Lehren aus der Weimarer Republik gezogen. Damals konnten die Nationalsozialisten sich der Instrumente der Demokratie bedienen, um sie abzuschaffen. Das ginge heute nur noch durch eine Revolution.

Vielleicht gibt uns das die Sicherheit, sensibel aber voller Selbstbewusstsein mit Feinden unserer Freiheitsrechte umzugehen. So leicht sind wir nicht aus den Angeln zu heben: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.“

Außerdem beweist das Grundgesetz eine ganz bemerkenswerte Alltagstauglichkeit. Für jeden, der in unserer Gesellschaft leben möchte, dient es als Richtschnur, die eigenen Rechte wahrzunehmen und die Rechte der anderen zu respektieren. Religion, Herkunft oder politische Orientierung sind unter dem Dach des Grundgesetzes schnuppe. Das soll uns erst mal einer nachmachen.“

Jan Hollizer, Chefredakteur „Thüringer Allgemeine“.
Jan Hollizer, Chefredakteur „Thüringer Allgemeine“. © Reto Klar

Jan Hollitzer, Chefredakteur „Thüringer Allgemeine“: „Das Grundgesetz hat mir meine Abinote vermasselt. 1998, als ich in der mündlichen Prüfung das Rechtsstaatsprinzip anhand des Grundgesetzes herausarbeiten sollte. Ein Desaster. Oder in Punkten ausgedrückt: sieben von 15. Peinlich. Ich weiß.

Es sei jungen, nein, allen Menschen verziehen, die sich nicht mit den Grundfesten unseres Lebens in Freiheit auseinandersetzen. Errungenschaften gelten als selbstverständlich, solange sie nicht infrage gestellt werden. Doch dies erleben wir leider gerade. Siehe Österreich, wo vermeintliche Gegner korrupter Strukturen Anteile an Zeitungen erwerben wollten, um Propaganda zu betreiben, und entlarvt wurden.

Sie können sich sicher sein, dass ich heute Artikel 20 Absatz 3, in dem die Bindung staatlicher Gewalt an die Gesetze geregelt ist, und Artikel 28 Absatz 1 mit seinen Grundsätzen des Rechtsstaates genauestens kenne. Das Grundgesetz ist die Voraussetzung für unabhängigen Journalismus. Die Achtung vor der Wahrheit und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind für uns täglich gelebte Realität.

Lesen Sie das Grundgesetz. Erstmals oder erneut. So können Sie ihm an seinem Geburtstag die größte Würdigung erweisen, es feiern. Herzlichen Glückwunsch, Freiheit.“

Nils Kawig, Chefredakteur „Thüringische Landeszeitung“: „Jedem Journalisten bietet das Grundgesetz einen Rahmen, aber auch Schutz und Orientierung. Das geht weit über Artikel 5, Absatz 1 hinaus. Aber die darin verankerte Pressefreiheit war den Schöpfern des Grundgesetzes offenbar so wichtig, dass sie sie zu einem Grundrecht erklärten: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten“, steht da gleich am Anfang. Später folgt noch der für in der DDR aufgewachsene Menschen so bedeutende Satz: „Eine Zensur findet nicht statt.“

Nils R. Kawig, Chefredakteuer „Thüringische Landeszeitung“.
Nils R. Kawig, Chefredakteuer „Thüringische Landeszeitung“. © Peter Michaelis

Die verfassungsrechtlich geschützte Pressefreiheit war 1949 mindestens genauso wichtig wie heute. Gerade in einer Zeit des Umbruchs und der Veränderung gewinnt Journalismus an Bedeutung, soll er doch dazu beitragen, dass sich Menschen eine Meinung bilden können. Das muss nicht Ihre Meinung sein. Im Gegenteil: Das Grundgesetz schützt die Vielfalt. Nicht ohne Grund steht im Artikel 5 nämlich auch: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.“ Das heißt, der Staat mischt sich nicht ein.

Mit diesen wenigen Sätzen haben die Schöpfer des Grundgesetzes ein Regelwerk für eine pluralistische Gesellschaft geschaffen. Das weiß ich sehr zu schätzen und gratuliere!“

Jörg Riebartsch, Chefredakteur „Ostthüringer Zeitung“: „Verehrung und Anbetung werden auf Knopfdruck zum Jahrestag des Grundgesetzes fällig. Wie eine Monstranz tragen wir strahlend und stolz Grundwerte vor uns her. Aber stehen Volk und Parteien wirklich zur Gänze hinter den Grundwerten der Verfassung?

Jörg Riebartsch, Chefredakteur „Ostthüringer Zeitung“.
Jörg Riebartsch, Chefredakteur „Ostthüringer Zeitung“.

Nein! Die Wirklichkeit einer Unterwerfung unter die verfassungsrechtliche Werteordnung des Grundgesetzes, wie sie der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, einfordert, bildet keine gelebte Realität. In der Praxis wird die Würde von Menschen zu häufig angetastet.

Vereinigungen, die sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind nicht verboten. An manchen Stellen dient der Gebrauch von Eigentum nicht dem Wohle der Allgemeinheit, sondern ausschließlich dem Wohle des Eigentümers.

Das Grundgesetz also bitte nicht nur an den Feiertagen aus dem Bücherregal holen, um es abzustauben. Es muss zum gelebten Alltag werden. Die durch die Verfassung gezogenen Grenzen verdienen Vollzug in Schärfe. Da dürfen auch alle mitmachen: Volk und Parteien.“

Armin Maus, Chefredakteur „Braunschweiger Zeitung“: „Wer die Wahl hat, sagt der Volksmund, hat die Qual. Wie gerne würden die Bürger vieler anderer Länder diese Qual mit uns teilen! Artikel 38 des Grundgesetzes macht das ganze Volk – oder immerhin seinen volljährigen Teil – zum Herrn seines Schicksals.

Armin Maus, Chefredakteur „Braunschweiger Zeitung“.
Armin Maus, Chefredakteur „Braunschweiger Zeitung“.

Unsere Verfassung garantiert allgemeine, unmittelbare, freie, gleiche und geheime Wahlen. Sie verhindert die Anmaßung von Minderheiten: Unter dem Schirm des Grundgesetzes ist die Mehrheit davor geschützt, entmündigt zu werden, nur weil auf der anderen Seite wirtschaftliche Interessen oder die Macht der Waffen konzentriert sind.

Und das Wahlrecht sichert den Wandel. Immer wieder suchen sich neue Themen neue Vertreter, die in Wettbewerb mit den Etablierten treten. Sehr selten setzt sich Macht in einem politischen Lager fest – was die beste Gewähr gegen ihren Missbrauch bietet.

Dieses hohe Gut allerdings ist empfindlich: Es verdirbt durch Nichtgebrauch. Wer nicht wählt, gibt seinen Einfluss auf. Und wer sein Wahlrecht mit einer Art staatsbürgerlicher Stinkbombe verwechselt, sollte sich später nicht über unsachliche, eskalierende, den inneren und äußeren Frieden gefährdende Politik beklagen.

Wer die Wahl hat, hat die Freiheit. Und er hat die Verantwortung.“