München.

Es ist der größte Erfolg für die Freien Wähler (FW) im Freistaat – und vielleicht das Ticket für die Regierungsbank im bayerischen Landtag: Die „Freien“ etablieren sich als drittstärkste Kraft. Damit winkt einer Partei die Beteiligung an der Macht, die außerhalb von Süddeutschland kaum jemand kennt.

In Bayern und Baden-Württemberg regieren sie auf kommunaler Ebene mit, auch in Sachsen stellen sie Bürgermeister. Die Freien Wähler gelten als konservativ und pragmatisch. Weil sie vor allem in Kommunen aktiv sind, hatten sie lange kein einheitliches Programm.

An der Spitze der „Freien“ im Freistaat steht ein Bilderbuch-Bayer: Hubert Aiwanger (47) ist das Gesicht der Partei. Sein Dialekt: so breit wie ein Alpenpanorama. Wenn er – ohne Redemanuskript – spricht, zieht er die Worte lang wie Kaugummi, im Niederbayerischen wird das „a“ zum „o“, das „ei“ zum „ai“. Das kommt an in Bierzelten und Fußgängerzonen. Von sich selbst sagt der Agraringenieur, er sei sozial, ökologisch und konservativ. Da ist dann eigentlich auch fast alles drin, was der politische Markt im Angebot hat. Die Freien Wähler fordern kostenlose Kitas und weniger befristete Arbeitsverträge – wie die SPD. Sie wollen mehr Tierschutz und keine dritte Startbahn am Flughafen München – wie die Grünen. Sie wollen den Familiennachzug für Flüchtlinge begrenzen und Rückkehrhilfen schaffen – wie die CSU. Dazu mehr Heimatkunde in den Schulen, mehr Förderung von Dialekten und Brauchtum. Solche Positionen könnten auch von Christsozialen stammen. Just mit dieser Nähe kokettieren die Freien Wähler. Die Botschaft dahinter lautet: Wir sind eigentlich wie die CSU, nur vernünftiger.

Ohne die AfD im Landtag war es Aiwanger, über den sich die CSU am meisten aufregte. „Sie müssen die absolute Mehrheit verlieren, damit Bayern vernünftig regiert wird“, rief der FW-Spitzenmann der CSU noch bei der letzten parlamentssitzung vor der Wahl zu. Gestern demonstrierte er den Willen zum Mitregieren und kündigte „machbare Vorschläge“ für eine Beteiligung an der nächsten Landesregierung an. „Ich bin sicher, die CSU wird anbeißen“, sagte Aiwanger. Und: „Ich wär bereit. Wenn er (Söder) Ja sagt, dann pack mer’s.“ Aiwanger selbst scheiterte knapp an einem Direktmandat. Im Stimmkreis Landshut lag er lange vor dem CSU-Bewerber, hatte schließlich aber doch das Nachsehen. Am Ende fehlten ihm rund 2500 Stimmen.