Berlin.

    Der Chef der europäischen Linken, Gregor Gysi, hat vor dem Staatsbesuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Griechenland Verständnis für Forderungen des Landes nach Wiedergutmachung aus der Nazizeit geäußert. „Mir liegt ein bisschen auf der Seele, dass das damals besetzte Griechenland vom Nazi-Regime zur Zahlung eines Zwangskredits verpflichtet wurde“, sagte der Vorsitzende der deutsch-griechischen Parlamentariergruppe im Bundestag unserer Redaktion. „Meines Erachtens ist die Bundesrepublik für dieses Darlehen immer noch haftbar. Die entscheidende Frage ist die Höhe der Zinsen. Die Bundesregierung sollte aus rechtlichen, politischen und moralischen Gründen sagen: Wir zahlen das Darlehen zurück und bieten Verhandlungen über die Zinsen an.“

    Die Bundesregierung vertritt den Standpunkt, dass Griechenland völkerrechtlich keinen Anspruch auf Entschädigungszahlungen für die Besatzungszeit im Zweiten Weltkrieg mehr besitzt. In Griechenland, wo im nächsten Jahr gewählt wird, ist das Thema unverändert brisant und dürfte auch bei Steinmeiers Besuch eine Rolle spielen. Umstritten ist, ob der von Gysi angeführte „Zwangskredit“ überhaupt eine Art Darlehen war. Historische Akten legen nahe, dass es sich eher um eine kurz vor Kriegsende 1945 von der NS-Bürokratie errechnete „Restschuld“ Griechenlands an den Kosten der deutschen Besatzung in Höhe von seinerzeit 476 Millionen Reichsmark handelte. Mit Zinsen wäre das heute eine Milliardensumme.