Washington.
„Mein Vater gab mir 1975 ein sehr kleines Darlehen. Und ich habe daraus ein Unternehmen geschaffen, das viele, viele Milliarden Dollar wert ist.“ Der Satz, den Donald Trump im September 2016bei der ersten TV-Präsidentschafts-Debatte sagte, beschreibt den Mythos vom Selfmade-Milliardär, mit dem sich Amerikas Präsident umgibt. Danach war nicht die Starthilfe von Vater Fred (angeblich eine Million Dollar) ausschlaggebend, sondern Verhandlungsgeschick, Risikobereitschaft und Gespür für gewinnträchtige Geschäfte, wie Trump öffentlich regelmäßig behauptet.
Es geht um Steuervermeidung und Steuerhinterziehung
Trumps Heimatzeitung „New York Times“ hat dazu gestern einen 14.000 Wörter zählenden Report vorgelegt. Nach den Recherchen der Zeitung, die ein Jahr lang 100.000 Seiten Dokumente, 200 Steuererklärungen von Trumps Vater Fred, Kontoauszüge und Geschäftsunterlagen ausgewertet hat, geht Donald Trumps Reichtum maßgeblich auf ein Gemisch von Steuervermeidung, Steuerhinterziehung und „unverhohlenem Betrug“ zurück, das ohne elterliche Hilfe nicht denkbar gewesen wäre.
Trumps Anwalt Charles Harder wies die detaillierte Darstellung als „extrem inakkurat“ zurück und deutete Schadenersatzklagen an. Regierungssprecherin Sarah Sanders geißelte den Bericht als „irreführend“. Die „New York Times“ sei „besessen“ davon, den Präsidenten anzugreifen. Sanders verlangte eine „Entschuldigung“.
Laut „New York Times“ haben Fred und Mary Trump ihren Kindern zu Lebzeiten ein Vermögen in Höhe von über einer Milliarde Dollar vermacht. Worauf Erbschaftsteuern (55 Prozent) von rund 550 Millionen Dollar zu zahlen gewesen wären. Tatsächlich an den Fiskus entrichtet wurden 52 Millionen Dollar, schreibt das Blatt. Allein Donald Trump soll über verwinkelte Übertragungen aus dem Immobilien-Portfolio seines Vaters Werte von mindestens 413 Millionen Dollar erhalten haben. Die persönlichen Darlehen vom Vater an den Sohn beliefen sich demnach nach heutigem Geldwert auf 140 Millionen Dollar. Delikat dabei: Die Legende von der „kleinen Starthilfe“ sei von Trump senior öffentlich bis zu seinem Tod aktiv gestützt worden. In dem auf acht Seiten dargebotenen Artikel zeichnet die „Times“ nach, dass Donald Trump schon im Alter von drei Jahren 200.000 Dollar aus dem Unternehmen des Vaters verdiente und bereits mit acht Jahren Millionär war. Nach dem Studium stiegen die Zuwendungen auf eine Million Dollar pro Jahr. Bis ins Alter von 50 Jahren und aufwärts soll Donald Trump danach pro anno fünf Millionen Dollar aus dem Imperium seines Erzeugers erhalten haben.
Bei ihren Nachforschungen stießen die Reporter auf ein Muster: Um Schenkung- oder Erbschaftsteuern zu umgehen, sei der Wert von Immobilien beim Übertragen von den Eltern auf die Kinder künstlich nach unten gerechnet worden. Beispiel: Ein Gebäude-Ensemble mit rund 7000 Wohnungen im Besitz von Fred Trump sei mit rund 40 Millionen Dollar taxiert worden. Banken bezifferten den Wert auf 900 Millionen. Zweiter Eckpfeiler im Gebaren des Trump-Clans seien Überweisungen an eine Scheinfirma gewesen, die den Trump-Kindern gehörte. Der Vater nutzte sie laut „New York Times“ als Hausverwaltung, über die mit Aufschlägen von 50 Prozent Schein-Rechnungen bezahlt wurden und so den Sprösslingen am Finanzamt vorbei Millionen zuflossen.
Die demokratische Opposition erneuerte ihre Forderung, dass Donald Trump seine seit drei Jahren verweigerten Steuererklärungen vorlegt. Die Finanzbehörde des US-Bundesstaates New York erklärte, dass sie „energisch alle angemessenen Ermittlungswege verfolgt“, um die Vorwürfe zu prüfen.