London.

Angesichts des Widerstands der EU gegen ihre Brexit-Pläne fasst die britische Premierministerin Theresa May Neuwahlen ins Auge. May habe ihre politischen Berater angewiesen, einen Notfallplan für vorgezogene Wahlen im November auszuarbeiten, berichtete die „Sunday Times“. Damit wolle sie sich die Rückendeckung der Bevölkerung für einen neuen Plan für einen Austritt aus der EU und zugleich für ihre Arbeit als Regierungschefin sichern. Zwei führende Mitglieder ihres Beraterstabs hätten bereits mit Planspielen für eine Wahl im Herbst begonnen.

Die Premierministerin zeigte sich trotz der festgefahrenen Verhandlungen mit der EU entschlossen, an ihrem Brexit-Kurs festzuhalten. Sie werde nicht verzagen. „Dies ist der Moment, um das zu tun, was für Großbritannien richtig ist“, sagte May dem „Sunday Express“. „Jetzt ist die Zeit für kühle Köpfe. Und es ist an der Zeit, die Nerven zu bewahren“, fügte sie hinzu.

May hatte sich beim EU-Gipfel in der vergangenen Woche mit ihren Brexit-Plänen, die sie nach harten partei­internen Kämpfen im Juli mit ihrem Kabinett auf ihrem Landsitz Chequers vereinbart hatte, nicht durchsetzen können. Angesichts des wachsenden Zeitdrucks vor dem für Ende März 2019 geplanten Brexit forderte sie danach von der EU ein Alternativangebot und warnte erneut vor einem Austritt ihres Landes ohne Abkommen. May steht zugleich innenpolitisch unter Druck, da Brexit-Hard­liner in ihrer konservativen Partei einen strikteren Bruch mit der EU fordern. Dem Parteitag der Tories vom 30. September bis 3. Oktober kommt deswegen eine entscheidende Bedeutung zu.

Streitpunkte in den Brexit-Verhandlungen sind vor allem der Umgang mit der irisch-nordirischen Grenze und der künftige Zugang Großbritanniens zum EU-Binnenmarkt. May will eine Freihandelszone mit der EU für Waren und Agrarprodukte, nicht aber für Dienstleistungen und den freien Personenverkehr. Die EU lehnt dies ab.

Für vorgezogene Wahlen sprach sich der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, aus. Er würde Neuwahlen einem zweiten Brexit-Referendum vorziehen, sagte er der BBC. „Unsere Präferenz wäre eine Parlamentswahl, nach der wir dann mit Europa über unsere künftigen Beziehungen verhandeln können“, sagte er. Zunächst wolle er aber die Beschlüsse des am Sonntag begonnenen Parteitags abwarten. Wenn die Delegierten ein neues Referendum wollten, werde die Parteiführung dies respektieren. Der Labour-Parteitag berät vier Tage lang über den Brexit und den Kurs der Partei.

Corbyn ist ein Europa-Skeptiker und hatte schon 1975 gegen den Beitritt des Landes zur EU gestimmt. Bislang lehnte er ein zweites Referendum strikt ab. Allerdings hat sich die Stimmungs­lage verändert, seit die EU Mays-Brexitplänen eine Absage erteilt hat.