Bagdad.

Bundesverteidigungsmin­isterin Ursula von der Leyen fordert einen langen Atem für den Militäreinsatz zur Stabilisierung des Irak. „Der Kampf gegen den IS hat tiefe Wunden und Narben im Land hinterlassen und dementsprechend braucht es auch Geduld, dass diese Narben wieder heilen und dass der Irak stark wird“, sagte die Ministerin bei einem Besuch des Militärstützpunkts Tadschi 30 Kilometer nördlich von Bagdad. Dort bildet die Bundeswehr erstmals Soldaten aus.

Die Terrormiliz „Islamischer Staat“ sei zwar militärisch, aber noch nicht ideologisch besiegt, sagte von der Leyen. Sie drohe, sich im Untergrund Rückzugsorte zu schaffen. Die irakische Armee müsse stark genug gemacht werden, um dies zu verhindern. „Das ist eine Arbeit, die braucht langen Atem und Geduld, das ist der Wiederaufbau eines Landes auf all seinen Feldern.“

Die Bundeswehr hat rund 125 Soldaten im Irak stationiert und baut derzeit ihren Einsatz dort um. Nachdem die deutschen Soldaten in der Vergangenheit vorwiegend kurdische Peschmerga im Norden des Landes trainierten, leisten sie nun auch Ausbildungshilfe im Zentralirak. Seit Mitte August läuft dazu ein siebenwöchiger Pilotlehrgang auf dem Militärstützpunkt Tadschi. Rund ein Dutzend deutscher Soldaten trainiert dort etwa ebenso viele irakische Soldaten in der ABC-Abwehr und bringt ihnen bei, atomare, biologische und chemische Kampfstoffe aufzuspüren, sie zu identifizieren sowie Menschen und Material zu dekontaminieren. Die Iraker sollen später selbst als Ausbilder eingesetzt werden. Der IS hatte vor allem im Kampf um die Großstadt Mossul selbst gebaute Chemiewaffen gegen die irakischen Truppen eingesetzt.

Künftig will die Bundeswehr in Tadschi auch andere Lehrgänge anbieten. Vorstellbar sind Schulungen in Schlüsselfähigkeiten wie Logistik oder dem Räumen von Sprengfallen und Minen. Der Irak zählt zu den am stärksten mit Minen, Sprengfallen und Munition verseuchten Regionen der Welt. Die Zahl der deutschen Soldaten in Tadschi soll dazu bis Jahresende auf rund 50 anwachsen. Auch andere Nato-Partner bilden in dem riesigen Camp, in dem sich zahlreiche irakische Militärschulen befinden, einheimische Soldaten aus. Insgesamt sind knapp 1000 ausländische Trainer im Irak eingesetzt. Dazu zählen auch weitere etwa hundert deutsche Soldaten, die noch immer im Nordirak kurdische Peschmerga schulen. Das Bundestagsmandat für den Einsatz, das Ende Oktober ausläuft, soll nach den Worten von der Leyens weitgehend unverändert verlängert werden.

Nach dem militärischen Sieg über den IS Ende 2017 gehe der Irak mit dem Wiederaufbau in eine wichtige neue Phase, sagte die Ministerin. „Jetzt gilt es, den Frieden zu gewinnen.“ Dazu brauche es auch Reformen und Veränderungen in der Politik.

Die politische Lage in Bagdad ist auch vier Monate nach der Wahl im Mai unklar. Die seit Monaten anhaltenden gewalttätigen Proteste in Basra gegen Korruption und Misswirtschaft schmälern die Aussichten von Ministerpräsident Haidar al-Abadi, gestützt vom einflussreichen schiitischen Kleriker Moktada al-Sadr an der Macht zu bleiben. Sadr, dessen Bündnis Sairun die Wahl gewann, treibt nun offenbar Verhandlungen mit der Fatih-Koalition voran, die von Hadi al-Amiri geführt wird. Amiri pflegt enge Beziehungen zum Iran und war Kommandeur einer der wichtigsten Schiitenmilizen, die wesentlich zum Sieg gegen den IS beitrug.