Berlin.

Die Grünen, die Linke und die FDP fordern die Legalisierung von Cannabis schon lange. Nun wagt auch die CDU einen ersten Schritt in diese Richtung: Der Gesundheitspolitiker Erwin Rüddel kann sich einen Modellversuch vorstellen, bei dem Cannabis kontrolliert an einen bestimmten Kreis von Empfängern abgegeben wird.

Die Diskussion um eine Legalisierung von Cannabis als Genussmittel werde nun schon seit vielen Jahren geführt, kritisiert Rüddel. Man trete dabei auf der Stelle. „Ich hätte gerne mithilfe eines Modellversuches Klarheit darüber, welche Auswirkungen eine veränderte Drogenpolitik haben könnte, und möchte dadurch auch die Diskussion versachlichen“, sagt Rüddel, der Vorsitzender des Bundestags-Gesundheitsausschusses ist, nun unserer Redaktion. Wie genau diese Versuche aussehen könnten, ist noch unklar. Rüddel plädiert für eine Abgabe über Apotheken.

Der Vorstoß könnte eine grundlegende Wende in der Drogenpolitik von CDU und CSU einleiten. Mit großer Vehemenz haben sich beide Unionsparteien bislang gegen eine Freigabe der noch immer illegalen Droge gewehrt. Cannabis werde verharmlost, ist zum Beispiel die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), überzeugt. Der Kampf gegen illegale und harte Drogen werde nicht leichter, wenn die Einstiegsdroge legalisiert werde, meint auch der für Rechtspolitik zuständige Vizechef der Unions-Bundestagsfraktion, Stephan Harbarth (CDU).

Gesundheitspolitiker Rüddel ist diese Blockadehaltung nun leid. „Die Erfahrungen, die andere Länder machen, sind sehr interessant und werden auch von uns aufmerksam verfolgt“, sagt er. Man könne sie aber natürlich nicht ganz auf Deutschland übertragen, denn in Südamerika gehe es um die „Befreiung von Drogenkartellen“.

Allerdings erhoffen sich auch in Deutschland die Befürworter einer Legalisierung von Cannabis eine Entlastung von Polizei und Justiz. Die Beamten müssten Anbau, Handel und Konsum nicht mehr verfolgen. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter setzt sich für eine „komplette Entkriminalisierung von Cannabis-Konsumenten“ ein.

Aktuell ist der Konsum von Cannabis in Deutschland nicht verboten. Strafbar sind allerdings der Erwerb, der Verkauf, der Anbau und der Besitz – jedenfalls, wenn kein ärztliches Attest für Cannabis als Medikament vorliegt. Strafverfahren wegen des Erwerbs geringer Mengen werden normalerweise eingestellt.

Die Befürworter einer Legalisierung erhoffen sich außer einer Entkriminalisierung weitere Vorteile: Die Qualität der Cannabisprodukte sei kontrollierbar. Durch die Besteuerung als Genussmittel würde der Staat auch Geld einnehmen, das in die Suchtprävention fließen könnte. Die Stadt Münster und der Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hatten mit ähnlichen Argumenten bereits vor einiger Zeit Modell- und Forschungsprojekte zur legalen Abgabe von Cannabis beantragt. Die Bundesregierung aber war dagegen.

Durch eine kontrollierte Abgabe über Apotheken „würde ein gleichbleibender THC-Gehalt sichergestellt“, sagt CDU-Politiker Rüddel. Wie ein Modellversuch konkret aussehen könnte, solle die Ethikkommission des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ausarbeiten. Dazu gehöre auch, dass nur die Person, die das Cannabis erhalte, es auch konsumiere.

FDP-Gesundheitspolitiker Wieland Schinnenburg, der für die Legalisierung des „nicht ungefährlichen Stoffs“ Cannabis eintritt, begrüßt den Vorstoß aus der Union. Konkrete Ideen, wie die geforderten Modellversuche aussehen könnten, hat auch er noch nicht. Die Abgabe an Jugendliche müsse verhindert werden, ebenso der Weiterverkauf, sagt Schinnenburg. Das Ziel aber sei klar: „Wer als Erwachsener Cannabis rauchen will, soll einfach in die Apotheke gehen können“, sagt der Arzt und Jurist.