Dresden.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat bestritten, dass es bei den Demonstrationen nach der Tötung eines 35-jährigen Deutschen in Chemnitz zu Hetzjagden gegen Ausländer gekommen ist. „Es gab keinen Mob, es gab keine Hetzjagd, es gab kein Pogrom in Chemnitz“, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch in einer Regierungserklärung im Landtag. Diese Worte beschrieben nicht richtig, was in der Stadt passiert sei. Kanzlerin Angela Merkel bekräftigte dagegen ihre Verurteilung der Ausschreitungen und Proteste. Es habe Bilder gegeben, die „sehr klar Hass und damit auch die Verfolgung unschuldiger Menschen“ gezeigt hätten. Davon müsse man sich distanzieren. „Damit ist alles gesagt“, fügte die CDU-Vorsitzende hinzu.

Merkel reagierte damit auch auf Vorwürfe von AfD-Chef Jörg Meuthen, der sie zu einer Entschuldigung wegen ihrer ursprünglichen Reaktion und zur Entlassung ihres Regierungssprechers Steffen Seibert aufgefordert hatte. Merkel und Seibert hatten in der vergangenen Woche beide von „Hetzjagden“ gesprochen. Merkel hatte zudem klargestellt: Solche Hetzjagden und Zusammenrottungen, wie sie in Videoaufnahmen aus Chemnitz zu sehen seien, hätten „mit unserem Rechtsstaat nichts zu tun“.

In Chemnitz war in der Nacht zum 26. August der Deutsch-Kubaner Daniel H. erstochen worden. Gegen drei tatverdächtige Asylbewerber aus Syrien und dem Irak wird wegen Totschlag ermittelt. Bereits kurz nach der Tat hatte es Attacken auf ausländisch aussehende Menschen gegeben. Später kam es zu Demonstrationen und Gegenprotesten mit jeweils Tausenden Teilnehmern. Es gab mehrfach Verletzte sowie Angriffe auf Polizisten und Journalisten. Unter den Demonstranten waren auch gewaltbereite Rechtsextreme.

Ministerpräsident Kretschmer erklärte am Mittwoch, dass diejenigen, die bei den rechtsgerichteten Demonstrationen „ausfällig“ geworden wären, weder alle Chemnitzer gewesen seien, noch die Mehrheit dargestellt hätten. „Aber die, die es getan haben, sind schlimm genug und denen sagen wir auch den Kampf an“, fügte er hinzu. Er sei der festen Überzeugung, „dass Rechtsextremismus die größte Gefahr für die Demokratie ist“.

Kretschmer räumte ein, dass es trotz vieler Initiativen der Vergangenheit nicht gelungen sei, den Rechtsextremismus in Sachsen in die Schranken zu weisen. Er warnte allerdings vor Überheblichkeit gegenüber den Ostdeutschen. Die Ost-Länder seien in mancher Hinsicht Seismograf dafür, was in Deutschland passiere. „Es ist Zeit zu handeln in ganz Deutschland, es geht um unsere Demokratie.“

Nach Ansicht von Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann fehlt der CDU dabei allerdings eine klare Linie. „Die Union ist insgesamt unsicher, wie sie mit der AfD umgehen soll“, sagte der SPD-Politiker dieser Redaktion. So gebe es bei CDU und CSU keine eindeutige Position, ob die AfD vom Verfassungsschutz beobachtet werden müsse. „Kanzlerin Merkel und Innenminister Seehofer tauchen ab, und die CDU-Generalsekretärin kritisiert den Bundespräsidenten“, sagte der langjährige SPD-Fraktionschef.