Berlin/Bremen.

Es scheint unstrittig, dass im Bremer Flüchtlingsamt nicht alles korrekt lief. Doch wie groß ist der Skandal? Eine interne Prüfung durch die Nürnberger Bamf-Zentrale ist jetzt abgeschlossen – und ein weiteres Indiz dafür, dass die Affäre im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge deutlich kleiner ist als anfangs berichtet. Von 18.315 positiven Bescheiden, die das Bremer Amt seit 2000 erlassen habe, hätten Bamf-Prüfer in nur 165 Fällen ein „grobes Hinwegsetzen über Vorgaben“, also etwa eine unterlassene Sicherheitsüberprüfung, festgestellt. Das berichtete die „Bild am Sonntag“.

Seit Monaten steht vor allem eine Person im Fokus: Die frühere Leiterin der Außenstelle, Ulrike B. Sie sei „hochkriminell“. Sie habe „bandenmäßig“ gehandelt, mit Dolmetschern und Anwälten gemeinsame Sache gemacht. Immer wieder gab es neue Vorwürfe gegen Ulrike B. und einzelne andere Asylentscheider. Die vom Dienst suspendierte Beamtin hatte viele Jahre das Bremer Bamf geleitet. Zu Beginn des Sommers hatte der „Skandal“ wochenlang Reporter und Regierende beschäftigt, Amtspräsidentin Jutta Cordt musste gehen. Ein einziges Urteil in der Bremer Bamf-Affäre fiel bereits – zugunsten von Amtsleiterin Ulrike B. Die Behörden dürfen nicht länger behaupten, dass es in der Außenstelle „kriminelle Machenschaften“ gab, entschied das Verwaltungsgericht der Hansestadt. So hatte es etwa der Staatssekretär im Innenministerium, Stephan Mayer (CSU), in einer Fernseh-Talkshow gesagt. Mayers Aussagen gegen die Bamf-Leiterin machten den Eindruck, als sei schon ermittelt, dass in mutmaßlich Hunderten Fällen Asylverfahren manipuliert wurden. Das, so das Gericht, sei nicht der Fall.

Die Bremer Bamf-Außenstelle war im Frühjahr in die Kritik geraten, weil dort möglicherweise unrechtmäßig Asylbescheide positiv entschieden wurden. Die Rede war von rund 1200 Fällen. Nach inoffiziellen Angaben aus der Behörde gab es auch zahlreiche Fälle, in denen die Verfahren so lange verschleppt wurden, bis eine Rücküberstellung der Asylbewerber in ein anderes EU-Land, in dem sie zuvor bereits registriert worden waren, wegen der Überschreitung der dafür vorgesehenen Frist unmöglich geworden war.

Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums bestätigte am Sonntag, das Bamf habe die Überprüfung von Fällen in der Außenstelle Bremen abgeschlossen. Die finale Auswertung durch die Behörde sei aber noch nicht beendet. Sie sagte: „Unabhängig davon können auch die Ergebnisse der Überprüfung nur ein Teilaspekt für die abschließende Bewertung der Vorfälle in Bremen sein.“ Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen die frühere Amtsleiterin Ulrike B. laufen noch. Auch der Bundesrechnungshof prüft die Abläufe im Bamf noch. Obwohl die Ermittlungen gegen fünf Beschuldigte in Bremen noch andauern, hatte Innenminister Horst Seehofer (CSU) eine tiefgreifende Reform des Bamf angekündigt und Behördenchefin Jutta Cordt abberufen. Die Mitarbeiter der Bremer Außenstelle dürfen aktuell keine Asylfälle mehr bearbeiten, sie kümmern sich stattdessen um Integrationsprojekte. Im Gespräch mit unserer Redaktion beklagen Mitarbeiter der Bremer Außenstelle, dass sie unter Generalverdacht gestellt worden seien.