Washington.

Als Richard Grenell im Mai in Berlin antrat, stand die Personalie Jakiw Palij weit oben auf der Aufgabenliste des neuen US-Botschafters. Präsident Donald Trump hatte seinem Diplomaten aufgegeben, möglichst zügig zu erreichen, was dessen Vorgänger nicht vermochten: die Aufnahme des ehemaligen Nazilager-Aufsehers in Deutschland. Die US-Justiz wirft Palij Beihilfe zum Mord von rund 6000 jüdischen Kindern, Frauen und Männern im Zwangsarbeiterlager Trawniki (Südosten Polens) im November 1943 vor. Am Dienstag konnte Grenell Vollzug melden. Beamte der Einwanderungsbehörde ICE holten den verwirrt wirkenden 95-Jährigen in seiner Wohnung in New York ab und setzten ihn am Dienstag in ein Charter-Flugzeug Richtung Düsseldorf.

Der Abschiebung des greisen Mannes, der laut Diplomaten in einem Altenheim in Ahlen im Münsterland untergebracht werden soll, ging jahrelanger Streit voraus. Palij hatte Jahrzehnte unbehelligt in den USA gelebt, in die er 1949 geflohen war. 2003 entzog man ihm die Staatsbürgerschaft, weil er bei der Einreise seine Nazi-Vergangenheit unterschlagen hatte. Seit 14 Jahren arbeiteten die USA, die seit den 70er-Jahren rund 70 Alt-Nazis abgeschoben haben, an der Abschiebung von Palij. Ohne Erfolg. Polen und die Ukraine, wo heute sein Geburtsort liegt, sowie Deutschland widersetzten sich. Die Zentralstelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg sah keinen Hebel, um Palij anzuklagen. Die Würzburger Staatsanwaltschaft hatte 2015 ein Ermittlungsverfahren eingestellt. Palij bestreitet, an Gräueltaten beteiligt gewesen zu sein. Dass er in Deutschland vor Gericht gestellt und verurteilt wird, schließen Justiz-Experten in Washington „nahezu aus“. Sie werten die Deutschland abgetrotzte Aufnahme von Palij als „Machtdemonstration“ Trumps an die Adresse der jüdischen Lobby in den USA. Dort hatten Parlamentarier zuletzt den Druck auf Justizminister Sessions und den damaligen Außenminister Tillerson erhöht. Vor Palijs Wohnung im Stadtteil Queens kam es regelmäßig zur Demonstrationen jüdischer Organisationen, die seine Ausweisung forderten. Dass sie nun glückte, geht laut Botschafter Grenell vor allem auf das Engagement von Außenminister Heiko Maas und Innenminister Horst Seehofer zurück. Maas sprach von einem „klaren Zeichen der moralischen Verantwortung Deutschlands“.