Washington.

Dieser Donnerstag geht in die amerikanische Pressegeschichte ein. Rund 100 Zeitungen vom „Miami Herald“ über den „Houston Chronicle“ bis zur „Denver Post“ wollen ihren exklusivsten Kommentar-Platz, das „editorial“, nutzen, um die Hetze von Präsident Donald Trump gegen die Vierte Gewalt anzuprangern und ein Plädoyer für die Pressefreiheit zu halten. Die konzertierte Aktion hat der „Boston Globe“ angestoßen. „Der schmutzige Krieg gegen die freie Presse muss ein Ende haben“, sagt Marjorie Pritchard, Vize-Chefin der Meinungsseite des Blattes.

Trumps Attacken auf das Gros der Medien waren zuletzt immer unbeherrschter geworden. Vom pauschalen Vorwurf, dass die „unpatriotischen“ Mainstream-Medien fast nur „erfundene Geschichten“ und „hässliche Lügen“ über das tägliche Regierungshandeln transportierten, war meist nur der TV-Sender Fox News ausgenommen. Trumps Breitseiten gipfelten in der Anklage, Medien, die regelmäßig kritisch über das Weiße Haus berichten, seien „krank“ und „gefährlich“ und könnten einen „Krieg verursachen“.

Indem er über die „Lügenpresse“ aufkläre, sagte Trump in Pennsylvania, erweise er den Amerikanern einen „großen Dienst“. Er rief dazu auf, der Berichterstattung zu misstrauen: Was man in den Medien (über ihn) lesen und sehen könne, habe nichts mit dem zu tun, was tatsächlich passiere. Ein Satz, den man aus George Orwells Buch „1984“ kennt.

Das Einprügeln des Präsidenten auf die ihm unliebsame Berichterstattung bleibt nicht ohne Wirkung. Nach einer Umfrage des Ipsos-Instituts würden 43 Prozent der republikanischen Wähler es befürworten, wenn Trump die Prokura bekäme, Medien schließen zu lassen, die er als „Fake News“-Produzenten identifiziert hat. Die Quinnipiac University hat herausgefunden, dass 51 Prozent der Republikaner Trumps bei Nazis und Sowjet-Kommunisten entliehenen Spruch goutieren, wonach „die Medien die Feinde des Volkes sind“. 80 Prozent der Republikaner-Sympathisanten glauben Trump, dem die „Washington Post“ seit Amtsantritt mehr als 4500 Tatsachenverdrehungen und falsche Behauptungen nachgewiesen hat, eher als Familienangehörigen.

Diese Trump-Hörigkeit bringt Kritiker wie den linken TV-Moderator Bill Maher dazu, die republikanische Partei und ihr Umfeld als „Trump-Kult“ zu bezeichnen, der früher oder später vor Repressalien gegenüber Reportern nicht zurückschrecken werde. Dass die Einschläge näherkommen, zeigte sich vor wenigen Tagen, als Trump-Anhänger den vom Präsidenten mehrfach persönlich kujonierten CNN-Reporter Jim Acosta niedergrölten. Journalistenverbände und Verleger, allen voran Arthur Gregg Sulzberger von der „New York Times“, warnen davor, dass die „aufhetzerische Sprache“ Trumps „zunehmend gefährlich“ wird.

Weil Trump schon im Wahlkampf 2015 kritische Journalisten der Manipulation und der Lüge bezichtigte, ist nach Beobachtung von Medienwissenschaftlern der Columbia University in New York ein „alarmierender Gewöhnungseffekt“ eingetreten. „Die Hemmschwelle gegenüber Journalisten sinkt.“ Resultat: Einige Zeitungen haben Personenschützer eingestellt. Brett Stephens, Kolumnist der „New York Times“, geht in seinem Befund noch weiter. Nach Empfang einer anonymen Morddrohung schrieb er: „Wir nähern uns dem Tag, an dem Blut auf dem Boden einer Redaktion Blut an den Händen des Präsidenten sein wird.“ Trump ficht das nicht an. Mit Genugtuung übt sich der Präsident als Zensor. Zuletzt wurde die CNN-Reporterin Kaitlan Collins von einer Veranstaltung im Weißen Haus ausgeschlossen. Sie hatte Trump Fragen gestellt, die er als unbotmäßig empfand.

Geradezu liebevoll ist das Verhältnis des Präsidenten mit Fox News, dem Fernsehsender seines milliardenschweren Freundes Rupert Murdoch. Sean Hannity, einer der Fox-Moderatoren mit der größten Einschaltquote, gehört zu Trumps Stichwortgebern und Beratern. Fox News und das auch Murdoch gehörende „Wall Street Journal“ haben sich abfällig über die heutige Kommentar-Aktion geäußert.