Tel Aviv. 50.000 Menschen gehen gegen das Nationalstaatsgesetzin Tel Aviv auf die Straße

    Wenn es um Solidaritätsbekundungen geht, ist das Rathaus von Tel Aviv in Israel das, was in Deutschland das Brandenburger Tor ist: eine Projektionsfläche für Landesflaggen, etwa bei schweren Terroranschlägen. Oder, wie am Sonnabendabend: für die Farben einer Volksgruppe, die am davorliegenden Rabin-Platz gegen Diskriminierung protestierte.

    50.000 Menschen waren gekommen, um gegen das sogenannte Nationalstaatsgesetz zu demonstrieren. Unter ihnen viele Drusen, Mitglieder einer religiösen Minderheit. Die Drusen sprechen Arabisch, siedeln in mehreren Staaten des Nahen Ostens, doch die rund 130.000 israelischen Drusen zeigen sich solidarisch mit dem jüdischen Staat. 80 Prozent der drusischen Männer dienen in der Armee und den anderen Sicherheitskräften. Dieser besondere Bund ist jetzt in Gefahr, denn seit der Verabschiedung des Nationalstaatsgesetzes in der Knesset vor zwei Wochen fühlen sich die Drusen diskriminiert.

    Das hat mehrere Gründe: An keiner Stelle steht im Gesetz etwas von einer Gleichheit der verschiedenen Volksgruppen, wie es noch in der Unabhängigkeitserklärung von 1948 der Fall war. Auch der demokratische Charakter des Staates wird nicht betont. Dazu kommt, dass die von Premier Benjamin Netanjahu vorangetriebene Novelle Arabisch von einer offiziellen Sprache zu einer Sprache „mit besonderem Status“ abgewertet hat und allein jüdische Siedlungstätigkeit „fordern und fördern“ soll. Intellektuelle hatten sich nach der Verabschiedung des Gesetzes in teils harschen Worten dagegen ausgesprochen. So schrieb Dirigent Daniel Barenboim: „Dieses rassistische neue Gesetz beschämt mich, Israeli zu sein.“ Auch Staatspräsident Reuven Rivlin hatte es kritisiert und angeblich angekündigt, aus Protest auf Arabisch zu unterschreiben.

    Am Ende des Abends stimmten die Organisatoren HaTikva, die israelische Nationalhymne, an – als Zeichen dafür, dass auch die nicht-jüdischen Minderheiten sich mit Israel als jüdischem Staat verbunden fühlen können. Um das zu betonen, leuchtete auf der Fassade des Rathauses abwechselnd mit dem fünffarbigen Banner der Drusen auch Israels Nationalflagge mit dem Davidstern.