Washington. In letzter Minute wollen mehr als 20 Bundesstaaten die Regierung auf dem Gerichtsweg stoppen

    Wo und wann ein Todesschütze seine Waffe(n) inklusive Munition gekauft hat, ist nach jedem Massenmord in Amerika fester Bestandteil der Berichterstattung. Konsternierte Besitzer von einschlägigen „gun stores“ beteuern dann regelmäßig, sie hätte nichts Auffälliges bemerkt und sich im Übrigen an die Gesetze gehalten. Ab diesem Mittwoch wird das bizarre Ritual möglicherweise überflüssig. Mit Genehmigung der Regierung von US-Präsident Donald Trump kann sich jeder Amerikaner im Internet legal Bausätze für todbringende Waffen herunterladen, die mithilfe eines 3D-Druckers im Heimwerker-Keller aus Hartplastik gebastelt werden können. Ohne Registrierung bei den Behörden. Ohne Hintergrund-Check. Ohne Rücksicht auf Alter oder kriminelle Vergangenheit. Und ohne Serien-Nummer. In einem Land, in dem jährlich rund 40.000 Menschen an Schusswaffen-Gewalt sterben. In letzter Minute wollen über 20 Bundesstaaten Trump auf dem Gerichtsweg stoppen. Der bekommt plötzlich kalte Füße und zieht sein Projekt in Zweifel: „Scheint nicht sehr sinnvoll zu sein“, teilte er am Dienstag auf Twitter mit. „Ich werde es überprüfen.“

    Hinter allem steckt ein junger Texaner, der in radikal-libertärer Tradition seit Jahren mit dem Staat im Clinch liegt. Cody Wilson aus Austin hatte 2013 zum ersten Mal den Bausatz für eine 3D-Drucker fähige Waffe, den „Liberator“, ins Netz gestellt. Binnen Tagen wurde die digitale Blaupause 100.000-mal heruntergeladen. Die Waffen-Lobby der „National Rifle Association“ (NRA), die sich herkömmlichen Waffenschmieden verpflichtet fühlt, tat das Spektakel als Kinderei ab. Die Demokraten im Kongress dagegen witterten Gefahr. Schließlich schob die Obama-Regierung dem Unterfangen einen Riegel vor.

    Der frühere Jura-Student beugte sich murrend, startete aber sofort die Gegenattacke. Mithilfe der Organisation „Defense Distributed“ überzog er die Regierung mit einem Rechtsstreit. Überraschendes Resultat: Washington, seit 2017 von Trump dirigiert, knickte ein, gab Wilson grünes Licht für die Fortsetzung seines Treibens und beglich sogar dessen Auslagen für die Rechtsanwälte: 40.000 Dollar. „Jetzt beginnt das Zeitalter von Waffen zum Herunterladen“, sagte Wilson und versprach auch die Bau-Skizze für das bei Amokläufen beliebte Schnellfeuergewehr AR-15 zur Verfügung zu stellen.

    Das Standard-Argument der Gegner der 3D-Waffen: Schon heute habe die Polizei Probleme beim Zurückverfolgen von Pistolen und Gewehren. Plastik-Waffen aus der 3D-Schmiede, die mühelos jeden Metall-Detektor an Flughäfen und anderen sicherheitssensiblen Orten unerkannt passieren können, „haben keine Serien-Nummern und keine zertifizierten Werkstätten“. Jeder, auch Drogen-Kartelle, Straßengangs, Vorbestrafte, psychisch Kranke und andere, denen der legale Zugang zu Schießprügeln versperrt ist, könne sich mithilfe der technisch immer besser und erschwinglicher gewordenen 3D-Drucker seine tödliche Waffe bauen lassen.