Rom. Frachter setzt gerettete Migranten in unsicherem Hafen ab: Verstoß gegen das Seerecht

    Die harte Linie Roms im Umgang mit Bootsflüchtlingen hat offenbar dazu geführt, dass erstmals ein italienisches Schiff im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge zurück nach Libyen brachte. Während die Opposition darin eine Verletzung des Völkerrechts sieht, lobt Innenminister Matteo Salvini die libysche Küstenwache. Seit dem Amtsantritt der Regierung aus Salvinis rechtsnationaler Lega und der Anti-Establishment-Partei Fünf Sterne dürfen Hilfsorganisationen mit geretteten Bootsflüchtlingen nicht mehr in Italien an Land. Italienische Frachter und Marineschiffe, die an Rettungsaktionen beteiligt waren, durften bislang aber italienische Häfen anlaufen.

    Die „Asso Ventotto“ aus Neapel rettete nun im südlichen Mittelmeer bei einer von der libyschen Küstenwache koordinierten Aktion 108 Flüchtlinge von einem in Seenot geratenen Schlauchboot. Mit dem unter italienischer Flagge fahrenden Frachter, der im Dienst einer Ölbohrplattform im südlichen Mittelmeer steht, hatten diese bereits europäischen Boden betreten. Ohne Überprüfung etwaiger Asylansprüche hätten sie nicht nach Libyen zurückgebracht werden dürfen. Denn Gerettete müssen laut Seerecht in einen sicheren Hafen transportiert werden. Die EU erkennt Libyen jedoch nicht als solchen an, da es in den dortigen völlig überfüllten Flüchtlingslagern regelmäßig zu Menschenrechtsverletzungen kommt. Libysche Schleuser halten Migranten auf dem Weg nach Europa überdies in Gefängnissen unter unmenschlichen Bedingungen fest. Zudem verstößt die kollektive Abschiebung auf See gegen das sogenannte Refoulement-Verbot. Dieses Verbot untersagt laut Genfer Flüchtlingskonvention Massenabschiebungen ohne vorherige Prüfung von Asylansprüchen in Länder, in denen Folter oder unmenschliche Behandlung droht.

    Um sich vor dem Vorwurf zu schützen, sie habe einer Verletzung des Völkerrechts Vorschub geleistet, betonte die italienische Küstenwache, sie sei nicht an der Rettungsaktion beteiligt gewesen. Diese sei von Libyen aus koordiniert gewesen. Libyen habe innerhalb weniger Stunden rund 600 Migranten gerettet, schrieb der italienische Innenminister. Laut Internationaler Organisation für Migration (IOM) stieg die Zahl der Todesopfer bei den gefährlichen Überfahrten über das Mittelmeer allein im Juli im Vergleich zum Vorjahresmonat mit 157 auf mehr als das Doppelte an.