Brüssel.

Im Streit über die Aufnahme von Bootsflüchtlingen aus dem Mittelmeer zeichnet sich eine Lösung ab: Die EU-Kommission will die Flüchtlinge künftig in „kontrollierten Zentren“ unterbringen lassen – in diesen Lagern auf europäischem Boden würde mit Personal der EU und komplett aus EU-Geldern finanziert innerhalb von wenigen Tagen über den Flüchtlingsstatus der Migranten entschieden und dann die Weiterverteilung organisiert. Der Plan würde vor allem Italien entlasten, das bislang beklagt, es würde von Europa mit der Bewältigung des Flüchtlingsproblems alleingelassen, und deshalb privaten Rettungsschiffen die Einfahrt in seine Häfen untersagt.

Allerdings blieb auch nach der Präsentation der Pläne unklar, wo die „kontrollierten Zentren“ entstehen sollen: Die EU-Kommission setzt auf freiwillige Bewerbungen von Mitgliedsländern, doch bislang hat sich keine Regierung gemeldet. Die neue Strategie soll bereits an diesem Mittwoch von den Botschaftern der EU-Staaten beraten werden. Kern: Für jedes Land, das ein solches Zentrum aufbaut, wird die Union aus ihrem Haushalt alle Kosten übernehmen, etwa für Infrastruktur oder Personal. Die EU will dazu Grenzschutzbeamte, Asylexperten und Sicherheitsfachleute stellen – und Beamte für die Rückführung solcher Flüchtlinge, die kein Aufenthaltsrecht bekommen. EU-Staaten, die Flüchtlinge mit Bleibeper­spektive aus diesen Zentren aufnehmen, sollen 6000 Euro pro Kopf erhalten.

Auf die Strategie haben sich in Grundzügen die EU-Regierungschefs beim Gipfeltreffen Ende Juni verständigt. Die Kommission macht jetzt Tempo, weil die italienische Regierung den Streit zuletzt mit einer Blockade der EU-Antischleusermission „Sophia“ eskaliert hat. In einer ersten Reaktion machte die Regierung in Rom allerdings klar, dass sie selbst keine solchen „kontrollierten Zentren“ einrichten will. Italien brauche keine „Almosen“, sondern wolle die Zahl der ankommenden Migranten reduzieren, sagte Innenminister Matteo Salvini. Weniger weit fortgeschritten sind die Pläne für Flüchtlingslager außerhalb der EU, vor allem in Nordafrika. Weil sich die EU-Staaten über das Konzept nicht einig sind, haben noch gar keine offiziellen Gespräche mit potenziellen Standort-Ländern stattgefunden.